Montag, 25. Juni 2018

Wenn Politiker nerven, weil sie die Fragen nicht beantworten


Er will doch nur eine Antwort!

Stell dir vor, du stellst jemandem eine simple Frage, die er oder sie mit Ja oder Nein beantworten kann. Und ständig weicht dir dein Gegenüber aus, redet drüber hinweg, kommt zu keiner Antwort. Das nervt. Gewaltig.
Auch Journalisten schlagen sich damit herum – oft mit Politikern, die Meister darin sein können, eine Frage mit inhaltsleeren Phrasen zu "beantworten".
Richard Madeley, Moderator des britischen Frühstückfernsehens, hat beim Verteidigungsminister Großbritanniens die Geduld verloren. Zigmal hat er ihm dieselbe Frage gestellt, und jedes Mal sagt Gavin Williamson mit einer stoischen Ruhe – NICHTS.

Nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und dessen Tochter Julia hatte Williamson in Richtung Russland gesagt: "Halt's Maul und geh weg."

Moderator Madeley wollte nur eines wissen: Bereuen Sie das, Herr Verteidigungsminister?

War das vielleicht die falsche Sprache im Umgang mit einem anderen Staat?


Anstatt einfach "Ja, das bereue ich im Nachhinein" oder "Nein, ist stehe dazu" zu antworten, redet der Politiker der Conservative Party drumherum. Er bedankt sich beim Krankenhauspersonal, dass die beiden so gut versorgt wurden.
Der Moderator unterbricht ihn: "Nein, nein, nein. Ich habe ihnen eine direkte Frage gestellt. Könnten Sie diese bitte beantworten." Wieder weicht der Verteidigungsminister aus.
Erneuter Versuch: "Bitte, Herr Williamson, beantworten Sie die Frage. Ich stelle nicht meinetwegen diese Frage, ich stelle sie für die Zuschauer."
Die Frage wird wiederholt. Und wieder: keine Antwort.
Da reicht es dem Moderator. Er beendet das Interview, der Minister verschwindet von der Bildfläche. Madeley lässt den Stift auf den Tisch fallen und nimmt einen Schluck aus seinem Kaffeebecher. Seine Co-Moderatorin übernimmt. Doch Madeley ist sichtlich aufgewühlt, unterbricht sie und fragt:


Wie sind diese Politiker bloß drauf?

Das Interview fand am Dienstag statt. Am Mittwoch schrieb Richard Madeley im Guardian, dass er viele positive Rückmeldungen für sein Interview bekommen habe. Madeley sagt: "Ich glaube, das ist die beliebteste Aktion, die ich je im Fernsehen gebracht habe."
Er habe jetzt eine neue Regel:
Er werde auch in Zukunft nur drei Mal dieselbe Frage stellen. Wenn beim dritten Mal aber nichts dabei rumkomme, sei das Interview vorbei.
Er jedenfalls bereut nichts.

Der gefallene Held

Boris Becker  

"Es ist ein Fakt, dass ich heute Diplomat von Zentralafrika bin"

"Ich als weißer, blauäugiger Deutscher genieße größten Respekt in Afrika": In einem Interview bezeichnet sich Boris Becker als Diplomat der Zentralafrikanischen Republik. Der Außenminister des Landes sieht das anders. (Quelle SPIEGEL)
Boris Becker (Archivfoto)
REUTERS
Boris Becker (Archivfoto)
Die Stimmung zwischen manchen Vertretern der Zentralafrikanischen Republik und ihres bekanntesten deutschen Repräsentanten ist getrübt. Das Hin und Her zur Frage, ob Boris Beckers Diplomatenpass echt ist und
ob der frühere Tennisstar dadurch diplomatische Immunität genießt, trägt die Züge einer Farce.
Becker hat sich nun selbst dazu geäußert. "Es ist aber nun eine Realität, es ist ein Fakt, dass ich heute Diplomat von Zentralafrika bin", sagte er in einem per Video veröffentlichten Interview des "Top Magazin Frankfurt". Becker selbst hatte Ende April seine Ernennung zum Attaché für Sport, Kultur und humanitäre Angelegenheiten via Twitter durch Staatspräsident Faustin Archange Touadéra öffentlich gemacht.
Er habe den Pass im April von Daniel Emery Dede bekommen, dem Botschafter des Landes in Brüssel. Mehr könne er dazu nicht sagen. Tatsächlich hatte Dede bestätigt, die Tennis-Legende habe einen Diplomatenpass und könne sich in einem Insolvenzverfahren auf diplomatische Immunität berufen.
Diese Aussage steht in Widerspruch zu der Position des Außenministers der Zentralafrikanischen Republik. Charles-Armel Doubane bestreitet, dass Becker diplomatische Immunität genießt. Der Diplomatenpass sei eine Fälschung, die Seriennummer passe zu Dokumenten, die gestohlen worden seien. Auch die Unterschrift auf dem Pass habe er nicht geleistet. Man werde eine Untersuchung starten, wer den gefälschten Pass an Becker ausgestellt habe.
Die Frage, ob Becker diplomatische Immunität genießt, ist für ein Insolvenzverfahren gegen den 50-Jährigen in London wichtig. Der dreimalige Wimbledonsieger war im Juni 2017 von einem Konkursgericht in London wegen unbeglichener Schulden für zahlungsunfähig erklärt worden. Becker bestreitet, pleite zu sein und bezeichnet das Verfahren als "Farce".
In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass er die Position als Attaché nutzen will, um sein Insolvenzverfahren zu beenden. Seine Anwälte verwiesen in diesem Zusammenhang auch auf seine angebliche diplomatische Immunität.
Becker hat sich nun selbst dazu geäußert. "Es ist aber nun eine Realität, es ist ein Fakt, dass ich heute Diplomat von Zentralafrika bin", sagte er in einem per Video veröffentlichten Interview des "Top Magazin Frankfurt". Becker selbst hatte Ende April seine Ernennung zum Attaché für Sport, Kultur und humanitäre Angelegenheiten via Twitter durch Staatspräsident Faustin Archange Touadéra öffentlich gemacht.
Er habe den Pass im April von Daniel Emery Dede bekommen, dem Botschafter des Landes in Brüssel. Mehr könne er dazu nicht sagen. Tatsächlich hatte Dede bestätigt, die Tennis-Legende habe einen Diplomatenpass und könne sich in einem Insolvenzverfahren auf diplomatische Immunität berufen.
Boris Becker: Up and down, up and down Nach Bekanntwerden des juristischen Manövers war Beckers deutscher Anwalt dem Verdacht entgegengetreten, Becker habe diesen Status angestrebt, um sich dem Verfahren zu entziehen. Das bekräftigte Becker nun in dem Interview. Der Posten habe nichts mit dem Verfahren in der britischen Hauptstadt zu tun. "Es ist richtig, dass mein Diplomatenstatus einige Privilegien beinhaltet. Zum Beispiel Immunität bei den besonderen Fällen, das muss man prüfen, aber das ist für mich nicht vordergründig wichtig."
Das britische Insolvenzrecht sieht vor, dass ein Insolvenzverwalter das Vermögen des Betroffenen sichert und irgendwann zu Geld macht. Das Verfahren endet in der Regel bereits nach einem Jahr. Demnach wäre Becker am 21. Juni schuldenfrei gewesen.
Becker sagte nun, das Insolvenzjahr, das eigentlich diese Woche habe enden sollen, sei bis Ende Juli verlängert worden. Dann werde entschieden, ob sein Insolvenzjahr abgelaufen sei oder nicht.
"Mein normales Leben sollte weitergehen"
Diese Aussage passt jedoch nicht so recht zu Berichten britischer Medien. Demnach hat das Gericht angekündigt, die Frage der diplomatischen Immunität Beckers zu prüfen. Bis das abgeschlossen ist, ruht demnach das Insolvenzverfahren. Für den 5. Oktober ist ein Gerichtstermin angesetzt - dann soll beraten werden, wie es weitergeht.
Er habe seine Schulden beim Insolvenzverwalter bezahlt, sagte Becker. "Mein normales Leben sollte weitergehen." Der Hauptgläubiger, eine englische Privatbank, meine aber, er schulde mehr als doppelt so viel aufgrund von 25 Prozent Zinsen. Dies sei aber "weder rechtskräftig, noch rechtswirksam". Das sei der Grund, warum man sich vor Gericht noch nicht einig geworden sei.
Vage blieb Becker bei der Frage, wie sein Engagement für das bitterarme Zentralafrika konkret aussehen wird. Er habe in Afrika ein sehr gutes Netzwerk, sagte er - und kündigte an, bald nach Bangui zu fliegen, um sich mit den Verantwortlichen zu besprechen - gemeint ist offenbar die Regierung.
Er habe auch aufgrund seiner familiären Situation Rassismus und Vorurteile erlebt. Er werde sein Bestes tun, um diese Vorurteile zu verändern. "Ich als weißer, blauäugiger Deutscher genieße größten Respekt in Afrika und in Asien", sagte Becker.
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SPIEGEL TV