Dienstag, 30. Januar 2007

Doris Schröders Klage - ein Flop?

Hier das ausführliche Protokoll aus Spiegel online:

Der Vizekanzler ist als Zeuge im Fall "Schröder-Köpf gegen Gruner + Jahr" geladen, Aktenzeichen 7U 70/06. Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Am 23. Juni 2005 hatte der "Stern" in einem Artikel mit der Überschrift "Der Doris-Faktor" berichtet, die Idee zur Vertrauensfrage und den Neuwahlen stamme eigentlich von Gerhard Schröders Frau. Doris Schröder-Köpf habe die Idee eines Abends im März 2005 einfach so in den dichten Rauch geworfen, den ihr Mann und Müntefering im Schröderschen Reihenendhaus in der Plathnerstrasse in Hannover verbreiteten. Und "wie immer, wenn Gerhard Schröder sich etwas von Doris in den Kopf hatte setzen lassen, wurzelte das und wuchs und gedieh", dichtete die Autorin.

Der Artikel missfiel der Kanzlergattin derart, dass sie den "Stern" verklagte und eine Richtigstellung forderte. Sie gewann die erste Runde vor dem Hamburger Landgericht, doch der Verlag Gruner und Jahr ging in Berufung.

Und deshalb sitzt der SPD-Minister Müntefering an diesem Januarnachmittag am Zeugentisch mitten in dem schmucklosen Saal 145a. Breitbeinig, den Blick nach vorn auf das leere Holzregal hinter der Richterbank gerichtet. Er soll sagen, ob tatsächlich ein Dreiergespräch stattgefunden hat - mit Rauchwolken oder ohne. Knapp zwei Jahre nach der Neuwahlentscheidung wird also vor Gericht die Frage verhandelt, ob Schröders Geschichtsdeutung korrekt ist, dass er allein mit "dem Franz" damals den Neuwahl-Plan ersann. Die Richterin des Hamburger Oberlandesgerichts ist mitsamt Beisitzern extra aus der Hansestadt angereist, denn Minister müssen an ihrem Dienstsitz vernommen werden.

Der Anwalt des "Stern", ein Herr Jipp, zeigt von Anfang an, dass mit ihm nicht zu spaßen ist. Es sei "unerträglich", dass "zwei bewaffnete Personen" im Gerichtssaal säßen, beschwert er sich. Entsetzt schauen sich die Zuschauer, allesamt Journalisten, im Raum um. Der Anwalt präzisiert, er meine die Bodyguards des Vizekanzlers. Zeuge Müntefering hat nichts dagegen, dass er während seiner Aussage ungeschützt bleibt. Die Richterin versichert, es gebe auch keine Seiteneingänge, und die Bodyguards stünden ja direkt vor der Tür.

Dann wird es ernst. "Sie heißen mit Vornamen Franz", beginnt die Richterin. "Sie sind 67 Jahre alt. Sie sind von Beruf Bundesminister." Müntefering nickt zustimmend. Ob er mit einer der Parteien verwandt oder verschwägert sei, will die Richterin wissen. "Nein." Zufrieden fährt die Richterin fort, man wolle am heutigen Tage die Frage klären, ob Müntefering an einem "nicht näher definierten Tag" im März 2005 im Privathaus Schröders gewesen sei.

Müntefering hat eine ziemlich geradlinige Verteidigung aufgebaut. Nein, er könne sich nicht daran erinnern, jemals in Gegenwart von Schröder-Köpf über die Neuwahlen geredet zu haben. Zudem stehe in seinem Terminkalender für März 2005 kein Besuch bei Schröders in Hannover, also könne er auch nicht da gewesen sein. Der Terminkalender sei aus seiner Sicht "eine verlässliche Grundlage". Damit wäre die Sache für den wortkargen Müntefering eigentlich erledigt.

Nicht jedoch für Anwalt Jipp. Der hat noch Fragen, sehr viele Fragen.

Ob Müntefering vielleicht noch einen privaten Terminkalender nebenbei führe, will er wissen. Nein, sagt Müntefering, er wolle schließlich kein Buch schreiben. Jipp bohrt weiter: Was würde passieren, wenn Müntefering heute Morgen spontan entschieden hätte, nach Hannover zu fahren? Müntefering erklärt, dann würde der Terminplan aktualisiert. Und wenn das eine Privatreise wäre, fragt Jipp. Müntefering: "Ich fahre nicht privat nach Hannover". Er habe schließlich kein Auto. "Ich fahre nur nach Hannover, wenn ich es dienstlich tue, und dann wird das eingetragen."

Jipp fasst nach: Es müsse doch irgendwelche Reisen geben, die nicht im Terminkalender vermerkt sind. Antwort von Müntefering: "Wenn ich irgendwo hinfahre, dann wissen das alle. Ich fahre nicht privat irgendwohin."

Jipp sagt: "Das verstehe ich nicht." Müntefering: "Dann erkläre ich das noch mal." Wenn er irgendwohin fahre, dann immer mit dem Dienstwagen. Das bedeute, dass vorher immer schon der Fahrer und das Begleitkommando Bescheid wüssten.

Die Zuschauer glucksen während des Wortwechsels entzückt. Sie wissen nun immerhin, dass Müntefering keine Chance hat, seinem Terminkalender zu entwischen, und wahrscheinlich im März 2005 nicht in Hannover war.

Jipp hat jedoch noch eine andere Fährte: Es gebe zwei Quellen, eine im Umfeld von Schröder, eine im Umfeld von Schröder-Köpf, die beide erzählten, dass die Neuwahl-Idee von Schröder-Köpf stamme. Ob Müntefering sicher sei, dass Schröder nicht in der Morgenlage im Kanzleramt mal erwähnt habe, dass die Idee von Doris sei? "Wenn Schröder sich so geäußert hätte, würde ich mich daran erinnern", sagt Müntefering. Schließlich seien sich beide der "hohen Brisanz" der Frage bewusst gewesen und hätten deshalb immer nur unter vier Augen darüber geredet.

Ganz genau will das Gericht auch wissen, wer an so einer Morgenlage in Schröders Kanzleramt denn teilgenommen habe - einer davon soll schließlich der Informant des "Stern" gewesen sein. Müntefering zählt auf. "Steinmeier, Schwanitz, Benneter manchmal, Anda überwiegend, Krampitz nicht." Er selbst sei "ganz überwiegend" dabei gewesen. Die Richterin bleibt ernst, und Herr Jipp fragt unerschütterlich immer weiter. Doch Müntefering ist nicht zu fassen.

Insgesamt dauert die Befragung eine Dreiviertelstunde. Irgendwann fragen sich die Zuschauer, ob das Thema wirklich die Gerichte beschäftigen muss. Müntefering selbst hätte Schröder-Köpf von der Klage wohl abgeraten und das Gerücht einfach ignoriert. "Ich hätte das für nicht so wichtig erachtet", sagt er. "Man liest viel." Er selbst habe den "Stern"-Artikel erst im Dezember 2005 zur Kenntnis genommen, als das Gericht ihn zu einer schriftlichen Stellungnahme aufforderte.

Noch etwas wird klar an diesem Nachmittag: So verlockend die Idee ist, dass die Kanzlergattin die Republik erschüttert haben könnte, so wenig Belege scheinen sich für diese These finden zu lassen. Müntefering bestätigt in Saal 145a das Narrativ, das Gerhard Schröder bereits in seinen Memoiren festhielt: Dass die Vertrauensfrage der Plan zweier Männer war, die niemandem etwas davon erzählten - nicht einmal Joschka Fischer.

Aus unserer Sicht war Doris Schröder wieder einmal schlecht beraten, die Geschichte (Gerücht?) mit einer Klage aufzuwärmen. Ich hätte in diesem Fall die Sache ignoriert. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Doris Schröder den Medien gegenüber ungeschickt verhalten hat (Lesen Sie unsere Analysen in rhetorik.ch Sie müssen nur im Suchfenster oben rechts Doris Schröder eintippen). Etwas vom schlimmsten war, als sie als Kanzelgattin Angela Merkel kritisierte.

Erster Kandidat bricht die Verschwiegenheitsklausel

Trotz Verschwiegenheitsklausel – verrät zum zum 1. Mal ein Kandidat von „Deutschland sucht den Superstar“, was sich hinter der Kulissen tatsächlich abgespielt hat. Kandidat Allan Garnelis schildert, was er beim Casting der RTL-Show erlebte.

Er singt und kämpft als einer von 120 Kandidaten um den Einzug in die nächste Runde. Am Samstag ist er unter den letzten 40 zu sehen.

Pop-Titan Dieter Bohlen -von der Boulevardpresse als markiger Sprücheklopfer gepriesen. Bild bezeichnet seine üble Exekutionsrhetorik als KULT- oder von HAMMERsprüche - überlebte bis anhin jegliche Kritik an seinen menschenverachtenden Urteilen. Vielleicht machen ihm nun die neusten Enthüllungen mehr Bauchschmerzen. Die Vorwürfe sind happig:

In Wirklichkeit war Garnelis bei der „Superstar“-Show, die schon vor Wochen aufgezeichnet wurde, längst rausgeflogen. „Die 20 Finalisten“, so Garnelis gemäss BILD, „stehen seit dieser Aufzeichnung im Dezember längst fest."

Im Internet-Magazin „Fudder“ beschreibt Garnelis (Er studierte Musikwissenschaft, singt im Gospelchor) , wie es bei der RTL-Show wirklich zu und hergeht. Als erster Kandidat packt er aus, wie getrickst, inszeniert und gemauschelt wird.

Schon beim Casting-Start in Stuttgart habe er nicht vor einer Jury, sondern vor Musik-Laien gestanden. Garnelis: „Ich musste vor Toningenieuren singen.“

Die Kandidaten wurden angeblich unter besonderen psychischen Druck gesetzt. Garnelis:

„Morgens mussten wir immer aus dem Hotel auschecken, weil ja jeder wieder rausfliegen könnte.“ So soll RTL Produktionskosten gespart haben.

Als feststand, dass er beim Casting weiterkommt, musste er mit den anderen Teilnehmern die Freude darüber spielen. Garnelis:

„Unsere Freude war zu actionlos für die Fernsehleute, deshalb mussten wir uns auf Kommando wieder freuen. Und noch mal und noch mal - dreimal! Total daneben. Da kommst du dir total blöd vor.“

Andere Szenen sollen auch nachgestellt worden sein: „Im Aufenthaltsraum hat mal einer Gitarre gespielt. Dort hat sich eine Singgruppe gebildet. Prompt kam das Kamerateam an und es hiess:

,Singt das ganze Lied noch mal, aber im Stehen‘.“ Die Kandidaten sollen sogar eingesperrt worden sein. Nachdem Garnelis von seinem Aus bei „Superstars“ erfahren hatte, musste er trotzdem bleiben:

„Eine Security-Firma hat darauf geachtet, dass kein Kontakt zur Aussenwelt zustande kommt.“ Er durfte das Theater nicht verlassen.

Auch seine Tränen blieben nicht unbeobachtet. Garnelis:

„Zum Heulen habe ich mich in eine Garderobe gesetzt, mit einem Riesenvorhang davor. Dann näherte sich ein Licht, die Kameramänner. Im ersten Moment dachte ich: ,Verpisst euch.“

RTL widerspricht: "Alles war echt!"

RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer: „Natürlich können wir verstehen, dass ausgeschiedene Kandidaten enttäuscht sind. Aber wir haben nichts zu verbergen. Bei uns ist alles echt.“

Allan Garnelis muss damit rechnen, dass seine Enthüllungen noch ein juristisches Nachspiel haben. Denn alle „Superstar“-Kandidaten hatten eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben.

Dass bei Produktionen arrangiert und inszeniert wird, ist nichts Neues. Wer bei Aufzeichungen in einem Studio bei einer Aufzeichnung miterleben konnte, wie das Publikum zum Klatschen aufgefordert wird und x Mal in verschiedener Lautstärke auf Befehl klatschen muss (Lob auf Kommando!), wundert sich nicht über die Enthüllungen dieses Kandidaten.