Mittwoch, 30. April 2008

Blick analysiert Körpersprache der Politiker

Blick online:

Mag sie Merkel nicht?
Die Schweizer Staatschefs Couchepin, Leuenberger und Merz plaudern angeregt mit der deutschen Staatschefin Angela Merkel. Höflichkeiten werden ausgetauscht, hübsch posiert man für die Fotografen.

Alle scheinen sich ganz gut zu verstehen. Alle bis auf Micheline Calmy Rey. Die steht etwas gar verschupft in der Gegend herum.

Bei der Begrüssung mit der deutschen Kanzlerin hält es Calmy-Rey nicht einmal für nötig, ihren vor der Brust verschränkten Arm zu lösen. Richtig verkniffen sieht unsere Aussenministerin auf einigen Bildern aus.

Welche Laus ist Calmy-Rey wohl über die Leber gekrochen? Einfach ein schlechter Tag – oder steckt da mehr dahinter? Mag sie Angela Merkel etwa nicht? Ist hier vielleicht sogar ein Zickenkrieg auf hoher politischer Ebene im Gange?

So deutet die Psychologin Ulrike Zöllner die Körperhaltung von Micheline Calmy Rey:

«Die verschränkten Arme signalisieren eine Abwehrhaltung nach Aussen und eine Schutzhaltung der eigenen Person».

Micheline Calmy-Rey hat denn also Angst vor Angela Merkel? «Nein», winkt die Psychologin ab. «Das kann man sicher nicht sagen. Darauf deutet bereits die Diskrepanz zwischen dem Gesichtsausdruck und der Körperhaltung hin. Bei der Begrüssung mit Merkel streckt Frau Calmy-Rey zwar wirklich nur eine Hand aus, die andere presst sie an den Körper. Eine verschlossene Haltung. Das Gesicht aber strahlt, sie lächelt, wirkt offen, kommunikativ und freundlich. Der Kopf und der Blick sind Frau Merkel zugewandt, und das ist das Entscheidende».

Aber wie denn ist die merkwürdige Haltung Calmy-Reys gerade bei der Begrüssung der deutschen Staatsfrau zu erklären? Zöllner hat hierfür ein einleuchtendes Argument aus der Welt der Frau parat:

«Frau Calmy-Rey trägt meist grosse Handtaschen mit sich. Vielleicht hat sie sich deswegen diese Haltung angewöhnt, um so ein Herunterrutschen der Tasche mit dem einen Arm zu verhindern».

Tasche hin, Tasche her:

Micheline Calmy-Rey macht keine gute Figur bei der Begrüssung von Angela Merkel. «Eine zugewandtere, offenere Körperhaltung wäre sicherlich zu begrüssen, vor allem bei so einem offiziellen Anlass», meint auch Zöllner.

Also Frau Calmy-Rey: Beim nächsten Mal bitte Brust raus und Kopf hoch!

Wir möchten Sie so selbstbewusst und unverhüllt strahlend erleben wie damals bei Ihrem Staatsbesuch beim iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad!

Kommentar:

Die Aufforderung des Blickjournalisten, Bundesrätin Calmy-Rey sollte künftig so selbstbewusst stahlen, wei beim fragwürdigen Kopftuchauftritt zusammen mit dem Iranischen Diktator, der Israel von der Landkarte eliminieren möchte, wirkt für mich fast zynisch.

Ich bin übrigens immer vorsichtig bei Interpretationen der Körpersprache. Nach meinen Erkenntissen ist es gefährlich - aufgrund einer Momentanaufnahme - einer Person Stimmungen zuzuschreiben. Massgebend ist letztlich die Wirkung bei den Adressaten. Wie bei die Kopftuchgeschichte, so glaube ich, dass beim Treffen mit der Bundeskanzlerin die Kritik Merkels am Gasdeal das Klima zwischen den beiden Kontrahenten Aussenministerin und Bundeskanzlerin sicherlich nicht besonders herzlich gewesen sein muss.

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Kommentar:

Die Aufforderung des Blickjournalisten, Bundesrätin Calmy-Rey sollte künftig so selbstbewusst stahlen, wei beim fragwürdigen Kopftuchauftritt zusammen mit dem Iranischen Diktator, der Israel von der Landkarte eliminieren möchte, wirkt für mich fast zynisch.

Ich bin übrigens immer vorsichtig bei Interpretationen der Körpersprache. Nach meinen Erkenntissen ist es gefährlich - aufgrund einer Momentanaufnahme - einer Person Stimmungen zuzuschreiben. Massgebend ist letztlich die Wirkung bei den Adressaten. Wie bei die Kopftuchgeschichte, so glaube ich, dass beim Treffen mit der Bundeskanzlerin die Kritik Merkels am Gasdeal das Klima zwischen den beiden Kontrahenten Aussenministerin und Bundeskanzlerin sicherlich nicht besonders herzlich gewesen sein muss.

29.4.08

Viele offene Fragen

In Tagesanzeiger-online gelesen:

28. April 2008, 23:13 – Von Norbert Mappes-Niediek

Inzestdrama: Vater gesteht die grausamen Taten

Josef F. hat sein Verbrechen gestanden. Noch sind aber viele Fragen offen, auch an die Behörden in Niederösterreich.

Der Zugang zum Verlies (l.) war hinter einem Regal versteckt. Das «Gefängnis» war eingerichtet wie eine Wohnung, hier Dusche und Toilette (r.) und ein Raum mit Betten (Mitte), zugänglich durch ein Schlupfloch.

Straff zurückgekämmtes Grauhaar, sauber gestutzter, kräftiger Schnurrbart, auf den Lippen ein Schwerenöterlächeln: Erste Bilder zeigen einen ansehnlichen Herrn, wie man ihm im gemütlichen Mostviertel häufig antrifft. «Vital und umtriebig» nennt ihn das Landeskriminalamt. Ein Freak jedenfalls ist Josef F., 73, nicht. Der Mann, der seine Tochter 24 Jahre lang einsperrte hielt, mit ihr sieben Kinder zeugte und drei davon mit der Mutter im Keller hielt, ist gelernter Elektrotechniker und war selbstständig. Die drei Kinder, denen er die Gnade des Tageslichts schenkte, seien «bestens erzogen», verriet ein Polizeisprecher.

Am Tag nach der Befreiung aus dem Keller eines schmucklosen Stadthauses ist der mutmassliche Täter im Wesentlichen geständig, wie ein Chefinspektor der Polizei sagte. In Details schwäche der Mann seine Taten dann allerdings ab. Josef F. hatte seine Tochter Elisabeth, eines von sieben Kindern, von ihrem elften Lebensjahr an missbraucht, wie sie den Ermittlern erzählte. Mit 16 sei sie zum ersten Mal davongelaufen. Achtzehn war sie, als der Vater sie an einem Sommertag betäubte, fesselte und in den Keller sperrte.

Angeblich nichts mitbekommen

Seine Frau und Mutter seiner Kinder soll von alledem nie etwas mitbekommen haben. Der Keller sei allerdings «tabu» gewesen. Bei der Darstellung bleibe eine «breite Palette an offenen Fragen», sagte der Leiter des Landeskriminalamts von Niederösterreich, Franz Polzer.

So wisse man nicht, wie der Täter die umfangreiche Versorgung habe bewerkstelligen können, besonders bei den Babys und Kleinkindern. Unklar sei auch, wie alles das sogar vor der Ehefrau und den übrigen Kindern hätte geheim gehalten werden können und wie der Täter die damit verbundene Belastung habe aushalten können.

Fragen:

Wie ist es möglich, dass eine Person jahrelang Nahrungsmittel usw. unbemerkt in das "Gefängnis" bringen konnte?

Vor allem ist es kaum vorstellbar, dass sich die Ehefrau 24 Jahre lang an die Tabuzone halten konnte.

Wie war es möglich, dass der Täter längere Zeit in die Ferien gehen konnte, ohne dass jemand die Opfer versorgt hatte.

Hat die Behörde nicht gesehen, dass der Täter schon früher wegen Vergewaltigung verurteilt war?

Nachtrag:

Soeben habe ich den Pressewald durchforstet. Ich stellte fest: Es wird in den Berichten und sogenannten Analysen viel zu wenig deutlich zwischen GUT und BOESE unterschieden. Das Monster wird überall als lieber Opa und freundlicher Nachbar skizziert. Es wird suggeriert, dass im Grunde genommen jeder brave Nachbar zu so einer Tat fähig wäre.

Dann gibt es die grosse Suche nach Schuldigen, die nichts bemerkt und nichts unternommen haben. Immer wieder die selben Fragen:

Warum hat dies niemand gemerkt?

Gibt es noch Verbündete?

Warum wurden die Briefe nicht analysiert?

Weshalb wurde kein Leumundszeugnis eingeholt? (Der Täter hatte schon früher eine Strafe abgesessen wegen Vergewaltigung).

Warum hat die Frau und die Nachbarn nichts gemeldet, als sie den Mann nachts mit Säcken nach Hause kam?

Wer hatte die Opfer betreut, als der Täter sich tagelang in den Ferien vergnügte ?

Selbsternannte Experten und Psychoexperten lassen durchblicken, dass alle Menschen zu so etwas fähig wären und alle Menschen in sich schreckliche dunkle Seite haben.

Wer die Beiträge durchkämmt, müsste zum Schluss kommen: Zu so einer grauenhaften Tat ist letztlich jeder Mensch fähig.

Dass Menschen keine Engel sind, ist unumstritten und Menschen kämpfen ständig auch mit ihren Schattenseiten. Menschen können nach ethischen Grundsätzen handeln und dies ist auch lernbar. Selbstverständlich hat man nicht erst seit den Naziverbrechen gesehen, zu was angeblich gut bürgerliche Menschen fähig sind, wenn sie die Gelegenheit haben, Mitmenschen zu foltern und dafür belohnt werden.

Das freundliche Verhalten in der Oeffetnlichkeit - als lieber Familienvater usw.- darf jedoch nie als Entschuldigung ins Feld geführt werden.

Grausamkeit bleibt Grausamkeit – auch wenn der Täter die Steuern bezahlt und sich als braver Opa ausgibt.

Es geht im Leben ständig darum, sich für das Gute und das Menschliche stark zu machen. Das Schlechte, das Böse dürfen wir nicht verwässern, weil Gewaltverbrecher sich freundlich und angeblich “normal” (der Norm entsprechend) verhalten.

Es ist wichtig, dass auch Journalisten und Psychiater die Grenze zwischen GUT und BOESE klarer ziehen. Es gibt unmissverstädnliche ethische Masssäbe, die nicht verwischt werden dürfen. Die dunklen Seiten im Menschen bleiben dunkel, auch wenn der Täter ein Otto Normalverbraucher ist.

Durch die klare Trennung zwischen GUT und BOESE wird uns bewusst: Die Unmenschlichkeit hat nichts zu tun mit den Strukturen in denen ein Mensch lebt. Unmenschlichkeit dürfen wir uner keinen Umständen als “normal” deklarieren.

Nazischergen wie auch das "Monster von Amstetten" haben kein Anrecht auf Verständnis, nur weil keine auffälligen psychopathologischen Störungen aufgefallen sind. Die äussere Normalität hat nichts - aber gar nichts - zu tun mit den grauenhaften, unmenschlichen Taten.

Grausamkeit sollten Experten und Psychologen nie mehr einen Anstrich von Normalität verpassen. Unmenschlichkeit ist konsequent und unmissverständlich als Böses zu deklarieren. Gräueltaten sind nicht ent-schuld bar. Diese klare Haltung vermisste ich leider in den meisten Berichten der Medien.

Die Medien und die Horrorgeschichte

Nachtrag aus der ZEIT-online:

Hyänen am Horrorhaus

Gewaltiges Medieninteresse: eine Fernsehreporterin vor dem Haus in Amstetten, in dem Josef F. seine Tochter 24 Jahre lang gefangen hielt und mit ihr sieben Kinder zeugte

Gewaltiges Medieninteresse: eine Fernsehreporterin vor dem Haus in Amstetten, in dem Josef F. seine Tochter 24 Jahre lang gefangen hielt und mit ihr sieben Kinder zeugte

Er ist der „Teufel, der Gott sein wollte“, ein „Herr über Leben und Tod“ im „Horrorhaus“ oder auch einfach nur ein „Monster“: Seit vergangenem Sonntag bekannt wurde, dass ein 73-jähriger Österreicher in der Kleinstadt Amstetten seine Tochter 24 Jahre lang in ein Kellerverlies sperrte, sie vergewaltigte und insgesamt sieben Kinder mit ihr zeugte, überschlägt sich die österreichische Boulevardpresse in Superlativen.

Wer hätte auch "erhoffen" können, dass zwei Jahre nach dem Fall Natascha Kampusch nochmals ein derart spektakulärer Kriminalfall die Auflagenzahlen nach oben schießen lässt?

Wie im Fall Kampusch, die im Alter von zehn Jahren auf dem Weg zur Schule entführt worden war und sich erst acht Jahre später selbst befreien konnte,

zeigen die Billigblätter auch diesmal wenig Rücksicht auf diejenigen, die unter dem Skandal am meisten leiden.

Immerhin soll der verdächtige Josef F. nicht nur seine Tochter seit ihrem elften Lebensjahr missbraucht und im Jahr 1984, nach einem gescheiterten Versuch auszureißen, in ein von ihm errichtetes Verlies im Keller seines Hauses gesperrt haben. Auch drei seiner Kinder, die er mit der eigenen Tochter zeugte, wurden im Kellerversteck geboren und nun erst im Alter von 19, 17 und fünf Jahren von der Polizei befreit. Ein Baby war kurz nach der Geburt verstorben, die Leiche verbrannte F. im Heizungsofen.

Drei weitere Kinder wuchsen im selben Haus bei Oma und "Opa" auf, der in Wirklichkeit ihr Vater war. Josef F. legte sie jeweils als Babys vor das Haus, mit einem fingierten Brief der Mutter, in dem sie die Großeltern bat, sich um die Kinder zu kümmern, weil sie dies nicht könnte.

Und es gibt eine Ehefrau von Josef F., die beteuert, nichts von den Machenschaften ihres Mannes geahnt zu haben und die sich nun ebenfalls in psychiatrischer Behandlung befindet.

„Will nichts bemerkt haben“, steht neben dem Bild von Frau F., dass die Kronen Zeitung, mit 42 Prozent Reichweite Platzhirsch unter Österreichs Tageszeitungen, am Tag nach der Befreiung ihrer Tochter veröffentlichte.

Ohne einen schwarzen Balken vorm Gesicht!

Auch der Name der Frau wurde nicht abgekürzt.

Gleich daneben noch zwei Passfotos: Bilder zweier Kinder, zwölf und 14 Jahre alt, unter vollständiger Namensnennung, ungepixelt. Der Bub und das Mädchen sind zwei der drei Kinder, die F. bei sich aufnahm. Sie wuchsen in Amstetten auf, gingen zur Schule, waren in der Gemeinde integriert, und mussten jetzt nicht nur erfahren, dass ihr "Großvater" ihr Vater ist, die verschwunden geglaubte Mutter im Keller leben musste und sie noch drei Geschwister haben.

Sie müssen nun auch damit klarkommen, dass ganz Österreich ihr Gesicht kennt.

„Das ist ein klarer Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte dieser Kinder und das wissen die Medien, die so etwas tun, ganz genau“, sagt die Rechtsanwältin und Medienrechtsexpertin Maria Windhager.

Solche Grenzüberschreitungen würden absichtlich in Kauf genommen, „und es gibt auch ein Publikum, dass diese Zeitungen kauft.“

Um dieses Publikum kämpfen in Österreich gleich drei Tageszeitungen: Die Kronen Zeitung aus dem Hause Hans Dichand, Heute, dessen Herausgeberin Eva Dichand, die Schwiegertochter von Hans und die Ehefrau von Krone-Chefredakteur Christoph Dichand, ist. Und Österreich, ein erst vor zwei Jahren vom langjährigen Magazinmacher Wolfgang Fellner gegründetes Blatt. „Fellnerismus“ lautet in Österreichs Medienwelt ein geflügeltes Wort, mit dem die Tendenz beschrieben wird, zuzuspitzen, zu skandalisieren und in der Berichterstattung immer tiefer in die persönliche Sphäre von Menschen vorzudringen, seien es Prominente oder eben auch Opfer.

Kommentar: Boulevardisierung ist im heutigen Konkurrenzkampf überall im Kommen. Es geht um Geschichten - um Personalisierung - um den Primeur - um Emotionen. Letztlich jedoch immer um den Absatz. Solange das Publikum Produkte kauft, die eindeutig Persönlichkeitsrechte missachten, solange hält dieser Trend an.