Samstag, 30. Mai 2009

Nicht alle Karrieretipps für Frauen sind empfehlenswert

Wenn Frauen beigebracht wird, sie müssten sich im Job mit Kratzbürstigkeit und Härte durchsetzen, damit sie weiterkommen, bin ich nicht einverstanden. In unseren Coachings verzichten wir bewusst auf Kampf- oder Schlagrhetorik. Ziel bei allen Dialogen ist es, andere zu überzeugen, nicht zu schlagen. Wenn sich Frauen schon einstellungsmässig Männern gegenüber unterlegen fühlen, werden sie zwangsläufig auch die Nummer ZWEI auf dem Rücken tragen. Sie verhalten sich gemäss ihrer Einstellung defensiv oder glauben, sie müssten sich mit harten Kampfwerkzeugen durchsetzen. Es gibt Berater, die bringen den Frauen bei, das Weibliche zu verleugnen und finden mit Matschos müssen sie als Matcha kommunizieren. Anstatt den Frauen beibringen, sich ernst zu nehmen und sich erst einmal Ihrer Stärken und Mängel bewusst zu werden.

In einigen Frauenpowervideos (ZEIT- online) sah ich mir gewisse Karrieretipps einer Unternehmerberaterin an und fand darunter durchaus wertvolle Hinweise für angehende Managerinnen. Doch werden in den Sequenzen auch fragwürdige Tipps propagiert.

Positiv beurteile ich den Rat:

Vertrauen Sie auf Ihre Stärken!

In einer Sequenz wird den Frauen bewusst gemacht, dass sie an Meetings verunsichert werden können, wenn die Männer maskenhaft dasitzen mit reglosem Pokerface (Tatsächlich stellen wir im Geschäftleben bei Männern dieses Abgrenzungsritual in der Mimik immer wieder fest). Doch bin überzeugt, dass ich die Masken nicht aufweichen kann, indem ich mich gedanklich mit diesen Masken beschäftige. Wer das Gegenüber persönlich anspricht, das Gegenüber ernst nimmt und sich voll und ganz auf den Inhalt konzentriert, der die Adressaten anspricht, gelingt es rasch, die angeblich kalte Front aufweichen. Es wäre unklug, in einer Männerrunde nur noch Frauen anzuschauen, die im Publikum sitzen. Dies wurde empfohlen, weil Frauen schneller positive Reaktionen zeigen mit Zurücklächeln oder Nicken.

Ein weiterer Tipp:

Mischen Sie im Rangordungsspiel der Männer mit!

Dies finde dies ein wertvoller Hinweis. Denn Männer denken hierarchisch und Frauen eher vernetzt. Deshalb bringt es nicht viel, wenn sich FRAU in die Ecke drängen lässt und sie sich aus dem Rangordnungsspiel raushält. Es lohnt sich, in der Sache mitzureden und sich im Rangordnungsspiel als Frau mutig einzuordnen. Denn als Frau hat sie den Vorteil, dass sie hinsichtlich Geschlacht keine Konkurrenten hat. Doch muss es ihr gelingen, aus dieser Position sich in der Sache ins Rangordnungsspiel selbstverständlich einzuordnen.

Wie schnell schafft es eine Frau, sich in der Rangordnung mitzuspielen?

Wenn eine Frau sich im informellen Rahmen ausklinkt und bei Gesprächen beim Bier oder an der Bar nicht mehr mit dabei ist, entgehen ihr wichtige Informationen. Vor allem lernt sie die Männer an der Bar persönlich kennen und sie wird schneller die gewünschte Rangordnung besetzen. Eine Managerin darf sich auch nicht stören, wenn zu später Stunde manchmal fragwürdige Witze erzählt werden. Sie muss aber dazu nicht lachen. Wer sich an der Bar vertreten lässt oder sich die Zeit für solche Treffen nicht mit einbezieht, hat es viel schwieriger, im Beruf weiterzukommen. Man wird zur Aussenseiterin.

Fragwürdig fand ich folgenden Tipp:

Egal, was Sie sagen, reden Sie an Meetings mit.

Es trifft zwar zu: Wer nicht gesehen wird, wer sich nicht einbringt und sich ständig zurücknimmt, wird nicht wahrgenommen. Die Männerrunde glaubt dann , die Person habe gar nichts zu sagen. Doch würde ich nicht einfach nur reden, damit man redet und gehört wird. Viel besser ist es, sich einzumischen, indem man auch etwas Sinnvolles beiträgt.

Es ist nicht egal, was Sie sagen!! Jede Aussage muss bedacht sein.

Weshalb nicht Klärungsfragen stellen oder einen Votant zu bitten, sein Argument mit einem Beispiel zu begründen? Es geht darum, MIT zu reden, wenn man einen eigenen sinnvollen Gedanken oder ein Frage zu einem Votum hat. Dann darf aber nicht geschwiegen werden. Es lohnt sich, beispielsweise einen guten Beitrag zusätzlich zu unterstützen und mit einem eigenen praktischen Erlebnis zu veranschaulichen, weshalb dieser Vorschlag unterstützungswürdig ist. Folgenden Tipp - der empfohlen wurde - würde ich nicht copieren. Es ist nach meinem Dafürhalten ein fragwürdigen Trick:

"Betrachten Sie den Chef. Wenn er bei einem Beitrag nickt, wiederholen Sie diesen Gedanken mit Ihren Worten.Sie werden sehen: Dann werden Sie mit Zustimmung rechnen können".

Auch der Hinweis, man solle beim Reden nur zum Chef sprechen ist fragwürdig. Der Tipp wurde wie folgt begründet: Wenn Sie den Chef fixieren, würden die anwesenden, chefhörigen Männer besser zuhören und damit das Votum der Frau viel ernster nehmen. Diesen Tipp würde ich nicht copieren. Wer solche fragwürdige Tricks anwenden muss, zeigt, dass er an sich zweifelt und eine künstliche Stütze braucht.

Wertvoll fand ich dafür folgende Hinweise zum nonverbalen Verhalten:

Im Umgang mit gleichrangigen Mitarbeitern, darf ein Frau bei Uebergriffen (Beispielsweise, wenn Sie bei der Begrüssung während dem Handschlag mit der anderen Hand Oberarm oder Körper begrüsst wird, diesen Uebergriff retournieren und das Gegenüber auch berühren. Retourniert eine Frau diese kleinen Uebegriffe nicht, könnte dies als Unterordnung ausgelegt werden. Werde eine Frau mit beiden Händen Ihre Hand gefasst ("Schön Sie zu sehen"), darf Sie die beiden Hände des Gegenübers auch mit der zweiten Hand fassen und nachdoppeln: ("Ebenfalls!") Bei solchen Kommunikationsfallen ist zu beachten, dass das Retournieren bei einer ranghöheren Person natürlich nicht geht.

Rang kommt vor Inhalt

Diese Erkenntnis ist hilfreich. Immer wieder kommt es vor, dass eine gute Idee , die von einer neuem Mitglied im Team vorgetragen wird, die Anwesenden ignorieren oder überhören. Später, wenn dann die gleiche Idee von einer Person höherer Rangordnung eingebracht wird, akazeptiert die Runde den "geerbten" Vorschlag. In diesem Fall darf auf keinen Fall geschwiegen werden.

Die erste Votantin, die vorher ignoriert wurde, müsste sofort reagieren und sagen:

"Vielen Dank Herr X, dass Sie meinen Vorschlag unterstützen, den ich vor einer Stunde eingebracht habe..."

Ellbogen weg vom Körper

Dieser Tipp kann hilfreich sein, weil Rednerinnen bei Präsentationen oft steif, zu eng, ohne stabil zu erden da stehen. Wer sitzend oder stehend die Ellbogen weg vom Körper hat, wirkt zwangsläufig lockerer, breiterer, entspannter.

Diese Gedanken basieren auf folgendem Beitrag mit Videos in ZEIT- online:

KARRIERETIPPS FÜR FRAUEN:

von der Management-Trainerin Marion Knaths

LINKS:

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