Mittwoch, 8. Oktober 2008

Das Duell: Obama hat gewonnnen

Auch 20 Min-online bestätigt es:

Wer hat gewonnen?

John McCain hat es in der zweiten Fernsehdebatte nicht geschafft, einen Sieg gegen Barack Obama zu erringen. Vielmehr sorgte er mit einer als abschätzig empfundenen Bemerkung für viel Gesprächsstoff.

John McCain bezeichnet Barack Obama als «that one» («der da»).

Es geschah ungefähr in der Mitte des 90-minütigen Rededuells. John McCain erwähnte eine Energievorlage, die im Senat zur Abstimmung kam, beladen mit Milliarden für die Ölindustrie und unterstützt von Bush und Cheney.

«Wissen Sie, wer dafür gestimmt hat?» fragte McCain das Publikum in Nashville. «Sie werden es nie erraten. Der da», sagte er und zeigte mit dem Finger auf Barack Obama. «Wissen Sie, wer dagegen war? Ich», fügte er an.

Obamas Sprecher Bill Burton reagierte postwendend und schickte ein E-Mail mit der als abschätzig empfundenen Bemerkung an die Medien. Auch in den ersten Kommentaren war sie ein Thema. Es sei offensichtlich, dass John McCain «eine gewisse Abneigung» gegenüber Barack Obama empfinde, sagte Wolf Blitzer von CNN.

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Obamas Wahlkampfleiter David Plouffe verwies darauf, dass McCain in der ersten Debatte seinem Kontrahenten nicht ins Gesicht habe sehen können. «Dieses Mal konnte er seinen Namen nicht nennen.»

Enttäuschende Debatte

Die Bemerkung mag verdeutlichen, dass das Verhältnis zwischen den beiden Männern auf dem Gefrierpunkt angelangt ist. Sie war aber auch eines von wenigen «Highlights» einer enttäuschenden Debatte. Die beiden Kandidaten hätten nur «alte Rezepte» aufgetischt, kritisierte die «Washington Post». Auch das «Town Hall»-Format hielt nicht, was es versprach. Es war nicht wie erhofft eine lebendige Diskussion. Das lag auch an Moderator Tom Brokaw, der auf die Einhaltung der «Regeln» auch dann bestand, wenn es nicht nötig war, und dafür in Weblogs heftig kritisiert wurde.

Für John McCain bedeutet dieses Fazit nichts gutes. Er hätte dringend einen Sieg gebraucht. Das ist ihm nach Ansicht der meisten Politbeobachter in den USA gründlich misslungen.

«McCain verliert, indem er nicht gewinnt», titelte der Kommentator von «Politico». Selbst Bill Bennett, ehemaliger Bildungsminister unter Ronald Reagan und wichtiger Meinungsführer der Republikaner, erklärte auf CNN, McCain sei etwas besser gewesen als in der ersten Debatte, «aber nicht gut genug».

Obama «sympathischer und intelligenter»

Dies unterstreichen auch diverse Instant-Umfragen, die unmittelbar nach der Debatte durchgeführt wurden. Fast alle ergaben einen deutlichen Sieg für Obama. Selbst jene des rechtslastigen Senders «Fox News», in der McCain vorne lag, enthielt eine gute Nachricht für den Demokraten: bei den unentschlossenen Wählern schnitt er besser ab. Die umfassendste Erhebung stammte von CNN. Befragt wurden 675 Zuschauer, 38 Prozent davon Demokraten, 31 Prozent Republikaner, der Rest parteilos. Dies entspricht gemäss CNN ziemlich genau dem nationalen Durchschnitt.

54 Prozent sahen Obama als Sieger und nur 30 Prozent McCain. Noch deutlicher war der Vorsprung des Demokraten bei den Fragen, wer sympathischer und intelligenter wirkte und sich besser ausdrücken konnte. Der Republikaner hingegen «gewann» in jenen Kategorien, in denen man lieber nicht vorne liegt. 63 Prozent der Befragten erklärten, John McCain sei negativer aufgetreten als sein Gegner, nur 17 Prozent sagten das gleiche über Barack Obama. Auf eine Mehrheit der Befragten wirkte McCain wie ein «typischer Politiker».

McCain «mürrisch und griesgrämig»

Dies dürfte die Befürchtungen einiger seiner Berater nicht vermindern, dass John McCain zunehmend als «mürrisch» und «griesgrämig» wahrgenommen wird. «Die Leute wollen so etwas nicht», sagte eine Vertreter des Wahlkampfteams gegenüber «Politico». Immer öfter tauchen Vergleiche mit dem knorrigen Bob Dole auf, der 1996 gegen Bill Clinton chancenlos war. Eine Chance bleibt McCain, um diesen Eindruck zu korrigieren. Am nächsten Mittwoch findet in Hempstead (New York) die dritte TV-Debatte statt.

Ich verweise auf meine Analyse in rhetorik.ch.

TV Debatten der Präsidentschaftkandidaten in den USA - Ein Rückblick

Schon ist die zweite Debatte zwischen Obama und McCaon Geschichte. Eindeutiger Sieger: Obama.

blick-online publiziert einen interessanten Rückblick aus älteren Debatten:

Die Amerikaner sind sich von den Wortgefechten der Präsidentschaftskandidaten einiges gewohnt: Mal gaben die Politiker unglaubliche Dummheiten von sich, mal waren sie überraschend witzig, mal überschätzten sie sich grossartig. Überzeugen Sie sich selbst!

Die TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten Gerald Ford und Jimmy Carter 1976. Sie bleibt dank der Aussage des Republikaners Ford in Erinnerung. Dieser behauptet nämlich: «Es gibt keine sowjetische Dominanz über Osteuropa». Moderator Max Frankel von der «New York Times» kann nur ungläubig nachfragen, ob Ford dies wirklich ernst gemeint habe. Doch der beharrt darauf: Polen, Rumänien und Jugoslawien werden von den Sowjets nicht unterdrückt. Diese Falsch-Behauptung kostete Ford schliesslich den Wahlkampf.

Ronald Reagan und Walter Mondale, Wahlkampf 1984. Danach gefragt, ob er mit 73 Jahren nicht zu alt für das Präsidentenamt sei, antwortete Reagan: «Ich werde die Jugendlichkeit und Unerfahrenheit meines Gegners nicht aus politischen Gründen ausnützen». Reagan hatte die Lacher auf seiner Seite – immerhin war Mondale mit seinen 60 Jahren ebenfalls nicht mehr der Jüngste. Humor war eine der Stärken Reagans. Er wurde zum zweiten Mal US-Präsident.

Der Republikaner Dan Quayle in der Debatte der Vize-Präsidenten 1988. Quayle ist so anmassend, sich mit John «Jack» F. Kennedy zu vergleichen. Der Demokratische Konkurrent Lloyd Bentsen daraufhin: «Ich habe mit Jack Kennedy gedient. Ich kannte Jack Kennedy. Jack Kennedy war ein Freund von mir. Senator, Sie sind nicht Jack Kennedy». Quayle konnte wegen des lauten Gelächters im Saal nicht weitersprechen. Doch trotz dieser Blamage und weiterer Schnitzer von Vize Dan Qualye gewann George H. Bush das Rennen ums Weisse Haus.

VOR DEM DUELL MC CAIN-OBAMA

Spiegel-onlines Vorinformationen:

Nashville - Die Sonne scheint warm auf den grünen Campus der Belmont-Universität in Nashville, und die Debatte ist schon voll im Gange. Barack Obama und John McCain werden erst am Dienstagabend hier streiten, im zweiten TV-Duell. Aber jetzt hat der Gouverneur von Tennessee zur Diskussion geladen. Es geht, ausgerechnet, um "civility", um höflichen Umgang. Prominente Republikaner und Demokraten sitzen nebeneinander, sie schreien nicht, sie reden nicht übereinander, sie sprechen miteinander. Die Beiträge kreisen darum, wie der Wahlkampf so hässlich werden konnte, und wo denn eigentlich die politischen Inhalte geblieben seien. Sie klingen ein wenig ratlos.

Wahlkämpfer McCain, Obama (bei der ersten Debatte in Oxford, Mississippi): "Sie sollen bloß nicht wieder aufeinander losgehen"
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AFP

Wahlkämpfer McCain, Obama (bei der ersten Debatte in Oxford, Mississippi): "Sie sollen bloß nicht wieder aufeinander losgehen"

Es ist nur ein Beiprogramm, diese Nachmittagsdiskussion, eine Etappe im Countdown zum Kandidaten-Schlagabtausch. Doch sie wirkt wie eine Aufforderung zur Mäßigung an die beiden Bewerber. Genau wie die staatstragende Ausstellung aller US-Präsidenten in der Nähe des Debattensaals, mit umfassender Würdigung der Verdienste von Vertretern beider Parteien. Davor stehen ein paar Belmont-Studenten, sie reden natürlich über das TV-Duell, sie wünschen sich, dass Obama und McCain möglichst konkrete Antworten geben auf die Fragen der Bürger. "Sie sollen bloß nicht wieder aufeinander losgehen", sagt einer.

Ein Ruf nach mehr Harmonie. Nur: Die beiden Adressaten können ihn gar nicht hören. Sie sind noch viele Meilen entfernt, und so beherrscht stattdessen ihr Zank Schlagzeilen und Nachrichtensendungen. "Wer ist der wahre Barack Obama?", ruft McCain in Albuquerque. Er nennt seinen Rivalen einen "Politiker aus Chicago", in der Geheimsprache der US-Politik ein Synonym für korrupte Polit-Verhältnisse. Und der Republikaner erinnert die Wähler grimmig: "Ich bin nicht einfach aus dem Nichts aufgetaucht. Amerika kennt mich."

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Foto: REUTERS
Soll heißen: Obama ist eine riskante Wahl. McCain-Vize Sarah Palin, die schon am Wochenende den Demokraten in die Nähe von Terroristen gerückt hatte, schlägt in dieselbe Kerbe: "Barack Obama sieht Amerika als unperfekt genug an, um mit ehemaligen Terroristen zusammenzuarbeiten, die unser eigenes Land angegriffen haben", ruft sie. Palin spielt darauf an, dass der ehemalige Vietnam-Protestler und Bombenwerfer Will Ayers einst mit Obama im Vorstand einer Stiftung in Chicago gedient hat. Auf McCain-Wahlkampfveranstaltungen sprechen Redner mittlerweile den vollen Namen Obamas genüsslich aus: "Barack Hussein Obama."

US-PRÄSIDENTSCHAFT: OBAMA UND MCCAIN IM DAUERWAHLKAMPF

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Doch auch die Demokraten lassen sich nicht lange bitten. Ein neuer TV-Spot des Obama-Teams erinnert daran, wie McCain einst in einen Skandal um Hilfe für einen umstrittenen Finanzhai verwickelt war - vor rund zwanzig Jahren. Ein anderer Streifen nennt McCains Verhalten in der Finanzkrise "erratisch" - und vermittelt bewusst den Eindruck, der 72 Jahre alte Senator sei vielleicht schon ein bisschen senil.

Sechs Millionen Zusendungen für sechs oder sieben Fragen

Im "Curb Event Center", wo die Kandidaten debattieren werden, wirkt das Getöse weit weg. Vor blauer Wand prangt die Aufschrift "Die Union und die Verfassung auf ewig", weicher roter Teppich schluckt den Hall der Schritte.

Es ist ein großer Saal, doch eigentlich dreht sich alles um einen kleinen Halbkreis im Scheinwerferlicht. In dem stehen zwei Stühle mit grauer Polsterlehne. Auf denen dürfen die beiden Kandidaten Platz nehmen, sie dürfen auch aufstehen, aber sie müssen im zugewiesenen Teil der Bühne bleiben. Drumherum stehen rund 80 graue Sessel für Bürger, aus deren Kreis die Fragen kommen werden.

Wer wann und wie Fragen stellen darf, haben beide Lager haarklein ausgehandelt, in einem 31 Seiten langen Abkommen. "Gallup" wählte in wochenlanger Telefonrecherche "unentschlossene" Wähler aus, für Ideologen soll kein Raum sein. Diese sorgfältig vorsortierten Bürger dürfen ihre Frage verlesen, egal zu welchem Thema, nur Nachfragen sind nicht gestattet. Die Kandidaten haben je zwei Minuten Zeit für Antworten, dann soll es eine Minute lang hin und her gehen. Moderator ist TV-Urgestein Tom Brokaw, der zudem ein Drittel der Fragen aus Online-Vorschlägen auswählen wird. Laut "New York Times" hat Brokaw dafür rund sechs Millionen Zusendungen erhalten. Doch die Zeit dürfte wohl nur für sechs bis sieben reichen.

Trotz solcher strengen Regeln steht also eine Art Bürgersprechstunde an - die einzige der drei Fernseh-Debatten. McCain liebt solche Runden. Sie haben ihm die Kandidatur der Republikaner gesichert. McCain, hinterm Rednerpult oft steif und ungelenk, wirkte im Vorwahlkampf im direkten Austausch mit Wählern locker und entspannt. Er scherzte über sein Alter, er sprach bewegend von Verantwortung und Vaterlandsliebe. So wohl fühlte sich McCain in solchen Runden, dass er Obama über den Sommer antrug, ein Dutzend Mal gemeinsam vor die Bürger zu treten - was der Demokrat aber ablehnte. Obamas Team hat übrigens bereits versucht, die Erwartungen für das zweite TV-Duell herunterzuschrauben. "Diese Art Veranstaltung ist ein Heimspiel für John McCain", lassen Obama-Strategen verlauten.

McCain trainierte tagelang auf der Ranch

Der Republikaner hat sich entsprechend sorgfältig vorbereitet. Tagelang trainierte McCain auf der Ranch in Sedona für den Fernseh-Auftritt. Für ihn steht viel auf dem Spiel. Seit Beginn der US-Finanzmisere ist er in den Umfragen deutlich zurückgefallen. McCain muss unbedingt das Thema wechseln.

Die Attacken der vergangenen Tage auf Obamas Charakter sollen dabei helfen, doch sie könnten heute Abend auch zum Dilemma für den Republikaner werden. Denn in der TV-Bürgersprechstunde, die bis zu 70 Millionen Zuschauer sehen könnten, erwarten die Zuschauer Antworten auf konkrete Fragen - und eine überzeugende Vision, wie beide Bewerber das Land aus der Wirtschaftskrise führen wollen. Attacken auf den Rivalen, wie McCains Lager sie in den letzten Tagen begann, dürften nach hinten losgehen.

Chuck Todd, politischer Direktor des Fernsehsenders NBC, steht am Abend vor der Belmont Universität. Todd ist der Zahlenguru dieses Wahlkampfes, er hat auch jetzt die neuesten Umfragen parat, er verkündet sie atemlos in die Kamera, und fast wirkt es, als könne Todd die selbst nicht glauben: Nur noch zwölf Prozent der Amerikaner glauben, dass das Land in die richtige Richtung marschiert. Wenn man Hardcore-Republikaner herausrechnet, sind nur noch zehn Prozent der US-Bürger mit Bushs Amtsführung zufrieden.

Wie soll McCain angesichts so negativer Vorzeichen eigentlich noch eine Chance haben, grübelt Todd laut. Mit Verweisen auf Obamas Mittelnamen oder seine angeblichen Terroristenverbindungen? Todd ist skeptisch. "Die Wähler scheinen so fixiert auf die Wirtschaftslage", sagt er, "dass sie sich vielleicht diesen ganzen anderen Müll gar nicht beachten werden."

TV-DUELLE - HIGHLIGHTS IM US-PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLKAMPF

1960 - Wie Kennedy den unrasierten Nixon besiegte

AP
Die Debatte zwischen dem damaligen Vize-Präsidenten Richard Nixon (rechts im Bild) und seinem demokratischen Herausforderer John F. Kennedy am 26. September 1960 gilt als Geburtsstunde des Fernsehens als wahlentscheidendem Medium und brachte den Durchbruch für Kennedy. Der sportliche Senator aus Massachusetts wandte sich mit jungenhaftem Charme direkt an die Zuschauer. Der schlecht rasierte und nach einer Erkrankung sichtlich abgemagerte Nixon verlor entscheidende Prozentpunkte, wie Umfragen belegten. Nach den schlechten Erfahrungen Nixons gab es eine 16-jährige Pause. Nixon gewann 1968 und 1972 die Wahlen und ging weiteren Debatten aus dem Weg.

1976 - Gerald Fords verhängnisvoller Fehler

1980 und 1984 - Reagan und der Humor

2000 - Die Erfolgstaktik des George W. Bush