Montag, 3. September 2012

Umgang mit Medien muss in den Schulen thematisiert werden

Aus 20 Min:

Cybermobbing-Prävention in der Schule gefordert

Das Mobbing von Kindern im Internet nimmt zu. Pro Juventute erhält deswegen pro Woche zwei bis drei Anfragen. Die Organisation fordert, an den Schulen Medienkompetenz zu lehren.

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Häufig sind Kinder und Jugendliche Opfer von Mobbing über das Internet - Prävention in der Schule könnte helfen. (Bild: Thinkstockphotos)

Immer wieder erregen spektakuläre Einzelfälle von Cybermobbing international Aufsehen. In den Niederlanden wird derzeit der Auftragsmord an einer 15-Jährigen verhandelt. Grund für die Tat: Das Opfer hatte auf Facebook verbreitet, ihre Freundin habe mit mehreren Jungs Sex gehabt. Für dieses Cybermobbing wollte sich die Freundin rächen.
Dass Cybermobbing ein grosses Problem ist, warnen Fachleute schon länger. Bereits im März sagte der Leiter der Stadtzürcher Fachstelle für Gewaltprävention, Roland Zurkirchen, dass in ihrer Statistik Cybermobbing «der eindeutige Spitzenreiter bei Konflikten zwischen Jugendlichen» sei. Die «Zentralschweiz am Sonntag» hat nun Zahlen von Pro Juventute veröffentlicht, welche die Notrufnummer 147 betreibt. Demnach wendeten sich im ersten Halbjahr 2012 pro Woche zwei bis drei Kinder und Jugendliche wegen Mobbing über das Internet an die Organisation. Auf Anfrage von 20 Minuten Online sagt Kommunikationsleiterin Marianne Affolter, dass bereits Kinder ab 10 Jahren betroffen sein können. Die meisten Anfragen kommen von zwischen 13- und 16-Jährigen.

Suizid sei Frage der Zeit


Bei Pro Juventute nehmen nicht nur die Cybermobbing-Beratungen allgemein zu, sondern auch die Zahl der schweren Fälle, wie Affolter sagt. Die Organisation hat mehrmals im Jahr Anrufe von Kindern und Jugendlichen, die sagen kurz davorzustehen, sich das Leben zu nehmen. «In so einem Fall informieren wir die Polizei oder den Notruf», sagt Affolter. Der Selbstmord eines Kindes wegen Cybermobbing in der Schweiz sei nur eine Frage der Zeit, sagt Pro-Juventute-Direktor Stephan Oetiker in der «Zentralschweiz am Sonntag». Im Ausland kam es bereits zu Suiziden aufgrund von Internet-Mobbing - in der Schweiz ist bislang kein solcher Fall bekannt.
Üblicherweise hilft es bereits, wenn Betroffene mit jemandem sprechen können. Sich über das Mobbing mit Freunden oder Familie auszutauschen, getrauen sich laut Affolter viele nicht. Die Berater von Pro Juventute vermitteln auch lokale Ansprechpersonen und gehen das Gespräch vorgängig intensiv durch. Für einen späteren Zeitpunkt wird eine Nachbesprechung vereinbart, um zu schauen, wie es gelaufen ist. Die Mobbing-Opfer müssen jedoch selbst Kontakt aufnehmen zu den Fachpersonen. «Wir geben die Nummer der Kinder und Jugendlichen nicht weiter», sagt Affolter. Pro Juventute würde den Betroffenen auch helfen, Beweismittel in Form von Printscreens zu sichern oder präventiv beispielsweise den Zugang zum Facebook-Profil für Dritte sperren.

Auch Eltern sensibilisieren


Bei der Bekämpfung von Cybermobbing sieht Pro Juventute hauptsächlich die Schulen in der Pflicht. Dort soll Medienkompetenz in den Lehrplan aufgenommen werden - und zwar nicht nur als Empfehlung, sondern möglichst verbindlich. Die Lehrer brauchen dabei laut Affolter Unterstützung, zum Beispiel mit externen Workshops, wie sie auch Pro Juventute anbieten. Doch nicht nur Kinder und Jugendliche müssen sensibilisiert werden, wie Affolter betont, auch die Eltern: «Sie sind nicht mit solchen Problemen aufgewachsen.»

Ausgewählte Leser-Kommentare
Die meisten Eltern verstehen wenig von den "Internet-Welten", in denen sich ihre Kinder aufhalten. Es erstaunt also nicht, dass die Kinder sich allein gelassen fühlen oder ihre Probleme nicht ernst genommen werden. "Das bisschen Computer" kann man doch nicht als "Mobbing" bezeichnet werden, ist immer noch die landläufige Meinung. So lange also die Erwachsenenwelt die neuen Medien weiterhin ignoriert und runterspielt, werden sich die Betroffenen auch nicht melden können und die Probleme mit den Eltern besprechen wollen.

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