Jacqueline Fehr will nicht mehr
Jacqueline Fehr: Angeschlagen nach den Niederlagen
Wie man sich selbst im Wege stehen kann
Jacqueline Fehr hat unbestrittenermassen eine hohe Fachkompetenz. Dennoch scheiterte die begabte Politikerin immer wieder. Ihr Problem: Sie bekundete stets Mühe im Umgang mit Menschen. Sie steht sich eigentlich selbst im Weg.
In ihrer 2jährigen Laufbahn brachte sie es immer wieder fertig, Leute gegen sich aufzubringen. Von Parteikollegen wurde ihr immer wieder vorgeworfen, dass sie einen berechnenden Umgang mit ihnen gepflegt habe und man der Politikerin aus irgend einem Grund nicht über den Weg trauen könne. Fehr findet selbstkritisch, sie sei zu distanziert. Das Umfeld spricht jedoch von "besserwisserisch". Generell kommunizierte sie leider zu verbissen.
Man nahm ihr übel, dass sie die damalige SP Präsidentin Ursula Koch zum Rücktritt aufgefordert hatte. Immer wieder ist der Vorwurf zu hören, Jacqueline Fehr habe aus alten Fehlern nichts gelernt.
Bei der Mutterschaftsversicherung feierte die umstrittene Politikerin noch einen Grosserfolg.
Als Ständeratskandidatin (99), auch als Bundesratskandidatin (2010) schnitt sie hingegen schlecht ab und scheiterte.
Immer wieder stand sich Fehr selbst im Wege. Für mich ist sie zu ehrgeizig, polarisiert gerne und brüskiert im Umgang mit Menschen. Sie sah sich zwar selbst als Brückenbauerin. Doch lehnte sie sich zu stark an die radikalen Jusos. Fehr und Wermuth wirkten wie ein Herz und eine Seele.
Nach der Schlappe bei der Wahl des Fraktionspräsidenten (2012) gab sich Fehr zuerst recht kämpferisch, dann nachdenklich, wirkte bei den Auftritten recht angeschlagen und kündigte nun in einem Interview NZZ am Sonntag den Rücktritt als Nationalrätin an.
Die Frage, ob sie sich als Stadtpräsidentin von Winterthur oder als Zürcher Regierungsrätin zur Verfügung stellen würde, lässt Jacqueline Fehr offen.
Angenommen sie würde diese Herausforderung annehmen, dann würde nach meinem Dafürhalten die Gefahr bestehen, dass sie auch bei dieser Wahl erneut eine herbe Enttäuschung auf sich nehmen müsste.
Wer sich so oft selbst im Wege steht, schleppt diese Hypothek mit sich herum, so wie einem der eigene Schatten ständig begleitet, selbst wenn man die Position wechselt.
Was wir lernen aus dem Verhalten dieser bekannten Politikerin können: Zurückhaltung nach Niederlagen ist oft besser, als sich in allen Medien nach dem Frust für Interviews zur Verfügung zu stellen. Die jüngsten zahlreichen Auftritte haben das Image der bekannten Politikerin eher verschlechtert als verbessert. Jacqueline Fehr verpasste es, die Chance von Medienauftritten zu bedenken, vorzubereiten und vor allem NEIN zu sagen! Wirklich schade!
Hat Jacqueline Fehr die Orientierung verloren?
Nachtrag NZZ:
Jacqueline Fehr hat vor zehn Tagen verloren. Die SP-Bundeshausfraktion kürte die streitbare Zürcher Nationalrätin nicht zu ihrer Chefin. In der Ausmarchung schwang der moderatere Schwyzer Genosse Andy Tschümperlin obenaus. Sofort schossen die Spekulationen ins Kraut. Die als haushohe Favoritin gehandelte Jacqueline Fehr sei über ihr eigenes Ego gestolpert, habe eine unterdurchschnittlich entwickelte Sozialkompetenz, sei allzu berechnend. Gegenüber der «Tagesschau» sagte die Gescholtene am Tag nach der Niederlage: «Eine Wahl ist immer eine offene Wahl, Andy Tschümperlin hatte mehr Stimmen als ich, das ist okay so.»
Das war die passende Antwort auf das Getöse, fanden wir – und sahen deshalb davon ab, weiteres Salz in die Wunden zu streuen. Man darf in der Politik verlieren dürfen, auch mehrmals wie Jacqueline Fehr. Schwamm drüber.
Dummerweise bekundet die
Unterlegene selber etwelche Mühe, einen Punkt zu setzen. Am Wochenende
hat sie einen politischen Seelenstriptease hingelegt. In der
«Sonntagszeitung» sagte sie, sie aspiriere nach einem allfälligen
Rücktritt von Christian Levrat sicher nicht auf das SP-Präsidium. «Das
machoide Balzen um Wählerstimmen ist nicht mein Ding.» Noch vor
Wochenfrist hatte sie die Frage nach dem SP-Präsidium offengelassen. Was
sie bei einem Rücktritt Christian Levrats machen würde, könne sie heute
«überhaupt nicht sagen».
Weiss die 48-jährige
Jacqueline Fehr überhaupt noch, was sie will? Vor Wochenfrist erklärte
sie via Fernsehbildschirm kämpferisch: «Ich werde im Nationalrat
bleiben, denn Politik ist meine Leidenschaft.» Eine Woche später tönt es
nicht mehr gar so leidenschaftlich. Jacqueline Fehr will aus dem
Nationalrat zurücktreten. Der «NZZ am Sonntag» vertraute sie an: «Nach
dieser Legislatur ist Schluss, das war für mich schon vor den
Nationalratswahlen vom letzten Herbst klar».
In der Politik gilt das geflügelte Wort: Wer seinen Rücktritt ankündigt, mutiert zur lahmen Ente. Wer wie Fehr einen vierjährigen Sinklug annonciert, begibt sich in der aviatischen Lame-duck-Kategorie auf eine rekordverdächtige Weitenjagd. Bleibt zu hoffen, dass während des langen Anflugs die Seitenruder nicht allzu heftig klappern.
Und happy landing dannzumal.
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