Donnerstag, 3. Juni 2010

MEDIENAUFTRITTE IN KRISENSITUATIONEN

«Müssen Manager auch gute Schauspieler sein?»

BP übt sich mit Krisenkommunikation in Schadensbegrenzung

Echt oder gespielt? BP-Chef Tony Hayward wirkt an  Medienorientierungen oft deprimiert.
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Echt oder gespielt?

BP-Chef Tony Hayward wirkt an Medienorientierungen oft deprimiert. (Bild: Reuters)

Aus NZZ:

Die britische Mineralölfirma BP dürfte wegen der gewaltigen Ölpest am Golf von Mexiko noch über Monate, wenn nicht Jahre in den Schlagzeilen bleiben. Wie negativ die Presse über den Konzern schreibt, und welche Auswirkungen dies auf die Kunden hat, hängt nicht zuletzt damit zusammen, wie sich BP in der Schuldfrage und in der Bewältigung der Katastrophe nach aussen gibt. Dafür haben die Briten eine wirksame PR-Strategie eingeschlagen.

Unverblümt und ohne Filter

Beim Blick auf die Website des Konzern wird schnell klar:

Vertuschen oder das Ereignis am Golf von Mexiko klein reden, geht nicht. Volle Transparenz heisst die Losung betreffend der Ölpest.

Die sich abwechselnden Fotografien zeigen BP-Hilfskräfte beim Säubern von ölverschmutzten Stränden, ein Krisenstab in einer Einsatzzentrale sowie Unterwasseraufnahmen von den ferngesteuerten Robotern an der leckenden Quelle. Kurz: Bei BP will man die Katastrophe zeigen. Unverblümt und ohne Filter.

Auch der Konzernchef Tony Hayward setzt sich wirkungsvoll in Szene, wenn ein weiterer Versuch, die leckende Quelle zu versiegen, misslingt. «I am very sorry», sagt er dann mit trister Mine. Dabei kauft man ihm seine Stimmung ab, auch wenn dahinter schärfstes Kalkül steckt.

Keine idealen Voraussetzungen

Anders geht die Besitzergesellschaft der untergegangenen Plattform in Sachen Kommunikation um. Die ursprünglich amerikanische Bohrgesellschaft Transocean, die 2008 ihren Hauptsitz nach Zug verlegt hat, verweigert in der Angelegenheit kategorisch jegliche Art von Auskunft. Warum man sich dermassen bedeckt gibt, ist unverständlich.

Kommentar: Das Problem bei Medienauftritten in Krisensituationen ist das Finden der Balance zwischen Betroffenheit und sachlicher Information von Fakten. Wer nicht sagt, was vorgesehen ist, um die Situation zu verbessern, hat die Chance eines Medienauftrittes verpasst.

Die meisten Firmen lassen sich seit Jahren bereits in ruhigen Zeiten fachgerecht coachen und es werden mögliche Szenarien durchgespielt.

Dass weder gelogen noch beschönigt werden darf, müsste eigentlich allen Kommunikationsverantwortlichen bekannt sein.

Manager kommen mir oft sie Schauspieler vor. Ich stelle erfreulicherweise fest, dass die neue Generation von Führungskräften wahre Betroffenheit bei traurigen Art Ereignissen zeigen kann. In unseren Seminaren wollen wir keine Schauspielerei. Ein guter Auftritt zeichnet sich durch "unbedingte Echtheit" aus. Die Bevölkerung hat ein Gespür für diese Echtheit. Deshalb geht es uns in allen Trainings um Glaubwürdigkeit. Das oberstes Gebot der Krisenkommunikation heisst immer GLAUBWUERDIGKEIT.

Es gab einen Kritiker, der beanstandete in einem Blog meine Kritik am BP Chef. Er habe die Sache gut gemacht und man müsse in Krisensituationen Gutes tun und darüber reden. Die Medien würden nur über das Schlechte berichten. Der Kritiker müsste mir sagen, welche guten Taten BP beim Verschliessen des Borloches hätte betonen können.

Leider nichts!

Die Fortsetzungsgeschichte gab meiner Analyse recht:

Hony Hayward wurde abgesetzt!

Kaum war er weg. tappte er ins nächste Fettnäpfchen:

Ich zitiere 20 Min 20. Juni:

BP-Chef Tony Hayward mausert sich zur Reizfigur. Jüngster Stein des Anstosses: Während die Ölkatastrophe ihren Lauf nimmt, hängt er auf seiner Luxusjacht ab.

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Tony Hayward (sitzend, Mitte links) nimmt mit seiner Yacht «Bob» an der Regatta «JP Morgan Asset Management Round the Island Race» um die Isle of Wight teil (19. Juni 2010). (Bild: Keystone)

Schon wieder Ärger mit BP-Chef Tony Hayward. Der wegen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko kritisierte Hayward hat mit einem Besuch einer Yacht-Regatta für Empörung gesorgt. Er wurde am Samstag auf seinem luxuriösen Segelschiff vor der Isle of Wight im Ärmelkanal fotografiert - einen Tag, nachdem BP ihn vom Krisenmanagement abgezogen hatte.

Das Weisse Haus in Washington kritisierte Haywards Verhalten scharf. «Das ist Teil einer langen Liste von Ausrutschern und PR- Fehlern», sagte der Stabschef von US-Präsident Barack Obama, Rahm Emanuel. «Ich glaube, wir kommen alle zu dem Schluss, das Tony Hayward nicht vor einer Zweitkarriere als PR-Berater steht», spottete er in einem Interview des US-Fernsehsenders ABC.

«Nun, um Tony Hayward zu zitieren - er hat sein Leben wieder, wie er sagen würde.» Emanuel spielt damit auf eine Äusserung des BP- Chefs an, der inmitten der Umweltkatastrophe erklärt hatte, er wolle «sein Leben wiederhaben». Später entschuldigte er sich dafür.

Der Senator aus Alabama Richard Shelby, dessen Bundesstaat mit den Folgen der Ölpest zu kämpfen hat, nannte Haywards Teilnahme an der Regatta im TV-Sender Fox News «den Gipfel der Arroganz». Die Umweltschutzorganisation Greenpeace prangerte das «verletztende» Verhalten des BP-Chefs an. «Das streut Salz in die Wunden», sagte Sprecher Charlie Kronick.

Als Kommentator habe ich bei meiner Analyse hautnah erfahren, was es heisst, von Interesenvertretern angeschossen zu werden. Ich kann leider nicht feststellen, wer hinter der persönlichen Attacke steckt. Jedenfalls muss es um handfeste Interessen gehen und recht viel Geld.

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