Herr Professorin - ein sprachlicher Unsinn
Ein Professor für Germanistik (Karl Heinz Göttert) bringt es auf den Punkt - Kommentar überflüssig.
Ich zitiere aus DIE WELT:
Herr Professorin, was denken Sie sich dabei?
An der Uni Leipzig werden männliche Dozenten jetzt als
"Herr Professorin" bezeichnet. Problematisch ist daran nicht die falsche
Grammatik, sondern das Sprach-Opfer im Namen des Feminismus.
Von Karl-Heinz Göttert
Von Karl-Heinz Göttert
Was hat es doch die englische Sprache gut mit ihrem herrlichen Artikel, den es nur in einer einzigen Form gibt – als the. Also nichts mit unseren anstrengenden der, die, das,
wovon zuletzt unsere Familienministerin so verwirrt war, dass sie
Kindern die Gestalt Gottes mit neutralem Artikel vermitteln wollte.
Was vielleicht
nicht so schlimm gewesen wäre, wenn der neutrale Artikel wirklich
neutral wäre und nicht, wie man in der Grundschule auch sagt, sächlich –
also das heißt. Das Gott klingt aber weder neutral
noch sächlich, sondern so furchtbar, dass neben gläubigen Christen auch
eingefleischte Atheisten protestierten und am Niveau ihrer
Volksvertreterin zweifeln ließen.
Und nun Herr Professorin.
Doch singen wir
zunächst noch einmal das Lob der englischen Sprache, die im Allgemeinen
(wegen der Anglizismen) eher verteufelt wird. Sie hat ja nicht nur
diesen wunderbar friedensstiftenden einfachen Artikel, sie hat auch
Substantive ohne eindeutiges Geschlecht. Wer in England (oder in vielen
anderen englischsprachigen Ländern dieser Welt, klar) seiner Frau sagt,
er habe sich mit seiner Nachbarin getroffen, kann dies perfekt in einem neighbour verbergen, bei dem der Ehepartner an einen Nachbarn denken soll.
Die Franzosen und "die" Mond
Sehr praktisch,
auch wenn man nun umgekehrt Klage führen könnte, dass der Bestseller von
Bernhard Schlink, "Der Vorleser", nur umständlich ins Englische zu
übersetzen ist, jedenfalls bei einem reader das Geschlecht offen bleibt. Aber die Vorteile der Deutschsprecher halten sich in Grenzen, wenn man an die armen Deutschlerner denkt, die sich nicht nur die Substantive, sondern auch noch diese Artikel merken müssen.
Wobei die
Engländer mit ihrem Einwegartikel nicht einmal den größten Nachteil
haben. Was machen erst die Spanier, die eine männliche Brücke kennten (le puente) und im Deutschen nur weibliche überqueren können? Oder die Franzosen mit einem weiblichen Mond (la lune),
dessen Geschlechtsumwandlung im Deutschen sie nicht nur gequält zur
Kenntnis nehmen, sondern auch an unseren romantischen Fähigkeiten
zweifeln lassen.
Und nun Herr Professorin.
Man kann die
Aufregung in Deutschland über die falsche Grammatik verstehen, aber die
falsche Grammatik ist natürlich nicht das wirkliche Problem. An falsche
Grammatik kann man sich leider gewöhnen – falls man sie denn überhaupt
bemerkt. Wer vom letzten Tag diesen Jahres spricht, verletzt grammatische Spielregeln meist ganz ungerügt, obwohl dieser kein Adjektiv ist, sondern ein Demonstrativpronomen, das im Genitiv korrekt dieses heißt. Was diesen Jahres recht ist, müsste also Herr Professorin billig sein.
Ist es aber
nicht. Denn da ist etwas anderes in uns berührt als die Frage der
grammatischen Korrektheit. Die Empörung sitzt einfach tiefer, nicht im
Verstand, sondern mehr in der Seele, jedenfalls in dem Organ, das es mit
Emotionen zu tun hat. Und nun muss ich es sehr vorsichtig ausdrücken,
weil es sehr missverständlich sein könnte. Es geht natürlich um den
Feminismus. Ist der gut oder schlecht? Quatsch! Aber es gibt Felder,
auf denen der Feminismus gut oder schlecht war. Und nun lasse ich
jedenfalls meinen Emotionen freien Lauf und sage: Auf dem Feld der
Sprache war er manchmal komisch.
Aber wehe, wenn es zwickt
Die meisten werden sich noch gut daran erinnern, wie die ersten Beamtinnen und Beamten auftauchten. Gut so. Dann kamen die Bürgerinnen und Bürger,
die die heutigen Politikerreden noch länger machen als ohnehin schon.
Befriedigend so. Und dann hörten wir von einem Vorschlag, den gewohnten
Werbespruch von der Frage an den Arzt oder Apotheker umzuformulieren in
die nach der Ärztin oder dem Arzt oder der Apothekerin oder dem Apotheker.
Das reicht. Die
deutsche Sprache ist eine schöne Sprache, auch mit ihren Artikeln und
Substantiven, die das Geschlecht verraten. Wir (ich spreche jetzt für
die meisten, hoffentlich auch für Feministinnen und Feministen) sind
bereit, dem Feminismus zu geben, was des Feminismus ist. Aber nicht die
deutsche Sprache, wie wir sie mögen. Und wir mögen sie möglichst
korrekt, möglichst so, wie die meisten anderen sie auch schön finden.
Mit einem Herrn Professor und einer Frau Professorin, die wir – Chapeau! – den Feministinnen verdanken.
Am Anfang soll
übrigens ein bloßer Scherz gestanden haben. Woran man wieder einmal
sehen kann, dass man gut über Dinge scherzen kann, die niemandem weh
tun. Aber wehe, wenn da etwas zwickt oder zwackt.
Karl-Heinz Göttert ist Professor für Germanistik an der Universität Köln
LINK:
eine
Provokation. Die ersten zum Teil recht militant geführten Diskussionen
waren gewiss notwendig. Ohne die penetranten Vorstösse wäre
wahrscheinlich ...
www.rhetorik.ch/Feministisch/Feministisch.html
Notiert von marcus knill um 08:41
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