Jacqueline Fehr sucht nach Erklärungen und Fehlern, die sie mit Kollegen beging.
Sie sucht eine Antwort auf die Frage, weshalb Frauen - wie sie - als verbissen gelten.
(Interview in 20 Min)
«Ich bereue, dass ich gegenüber den neuen Fraktionsmitgliedern nicht aufmerksamer gewesen bin», sagt SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr drei Tage nach Ihrer Niederlage. (Bild: Keystone)
Wie fühlen Sie sich drei Tage nach Ihrer Niederlage gegen Andy Tschümperlin?
Jaqueline Fehr:
Es ist wie ein Muskelkater an Geist und Seele, der langsam versurrt.
Sie haben die Kritik von Parteikollegen, die Sie als berechnend und sozial nicht kompetent bezeichnet haben, als «haltlos» abgewiesen. Sind Sie eine schlechte Verliererin?
Nein, das bin ich nicht. Aber ich wehre mich dagegen, dass aufgrund anonymer Aussagen von Fraktionskollegen ein Psychogramm von mir erstellt wird. Das ist einfach nicht seriös.
Gegenüber Radio DRS haben Sie nach Ihrer Nichtwahl aber auch von einer «Intrige» gesprochen. So leicht haben Sie Ihre Abwahl offenbar doch nicht verdaut.
Für das Wort «Intrige» entschuldige ich mich. Ich habe im Trubel das richtige Wort nicht gefunden.
Nochmals zurück zur Kritik an Ihrer Person: Sie sind also nicht berechnend?
Nein, das bin ich nicht. Wenn ich tatsächlich so berechend und taktiererisch wäre, hätte ich die Wahl wohl gewonnen. Dass ich meine teilweise sperrige Art behalten habe und nicht plötzlich zu allen nett gewesen bin, beweist, dass ich mich für ein Amt nicht verbiege. Wenn ich so ein Mensch wäre, wie es mir Kritiker vorwerfen, wäre ich auch politisch nie so weit gekommen. Es gibt offenbar zwei verschiedene Bilder von mir.
Und wie sieht das andere aus?
Ich habe nach der Nicht-Wahl Hunderte von Mails erhalten. Darin beschreiben mich die Menschen als integer, als jemanden der Transparenz schafft, Leute zu Lösungen zusammenbringt, über die Parteigrenzen hinweg politisiert und Vertrauen aufbaut.
Sie haben also keinerlei Schwächen?
Oh doch, sehr viele sogar! Und ich kenne sie sehr gut. Ich weiss, dass ich gewissen Leuten auf die Nerven gehe. Schwächen von mir sind unter anderem, dass ich gegenüber Eitelkeiten bockig werde, zu wenig Souplesse habe, oft etwas überengagiert bin und mich in viele Angelegenheiten einmische. Manchmal bin ich einfach zu leidenschaftlich.
Rückblickend: Haben Sie im Umgang mit Ihren Fraktionskollegen Fehler gemacht?
Ich bereue, dass ich gegenüber den neuen Fraktionsmitgliedern nicht aufmerksamer gewesen bin. Ich habe mich vor den Fraktionspräsidiums-Wahlen zu wenig mit ihnen unterhalten. Ich wollte sie nicht plump bedrängen. Das war ein Fehler. Viele Neugewählte haben wohl gedacht, sie seien mir zu wenig wichtig. Genau das Gegenteil ist der Fall. Ich glaube, dass wenn jemand stark führt und den bisherigen Alphatieren die Stirn bieten kann, es für die Neuen viel einfacher ist, einen Platz zu finden.
Dann haben Ihnen die Stimmen der Neuen gefehlt, um die Wahl zu gewinnen?
Das könnte tatsächlich sein. Dabei wäre ich genau für die Neuen gerne Fraktionspräsidentin geworden.
Die SP Frauen sprechen auch von der Geschlechterfrage, die Ihnen den Sieg gekostet hat. Hätten Sie die Wahl als Mann gewonnen?
Das ist schwierig einzuschätzen. Ich denke aber, dass es immer noch einen Unterschied macht, ob eine Frau einen Führungsanspruch stellt oder ein Mann. Bei der Frau heisst es schnell, sie sei verbissen, der Mann hingegen wird als hartnäckig gelobt.
Die Juso hat am Sonntag in einem Brief dem neuen Fraktionschef Andy Tschümperlin vorgeworfen, dass ihm genau dieser Führungsanspruch fehlt. Was sagen Sie dazu?
Andy Tschümperlin hat sich als Moderator angepriesen. Das birgt Gefahren. Wenn die Fraktionsspitze nicht klar führt, sichern sich einfach die Frechsten und Lautestens den grössten Platz. Dies ist dann nicht immer im Sinne der gemeinsamen Sache.
Das wäre unter Ihrer Führung nicht passiert?
Ich hatte in den letzten Jahren oft das Gefühl, dass wir uns viel zu wichtig nehmen unter der Bundeshauskuppel. Es geht eben nicht um unsere Selbstverwirklichung, sondern um die gemeinsame politische Idee. Wir wollen die Schweiz vorwärts bringen. Dabei müssen wir nüchtern überlegen, wer die jeweilige Botschaft am besten gegen aussen vertritt, wie wir unsere Arbeit untereinander aufteilen, wo wie die Schwerpunkte setzen. Das klingt nicht wahnsinnig gemütlich, doch es ist der einzige Weg, um politisch Ziele zu erreichen.
Dennoch sind Sie mit Ihren Positionen bereits zwei Mal gescheitert - vor ihrer Nichtwahl ins Fraktionspräsidium erlitten sie bei den Bundesratswahlen 2010 ebenfalls eine Niederlage. Was machen Sie künftig anders?
Nicht viel. Ich will mich selber bleiben. Wenn der Preis dafür ist, dass ich in keine höheren Ämter gewählt werde, dann kann ich damit leben.
Werden Sie antreten, falls Christian Levrat nach einer allfälligen Wahl in den Ständerat sein Amt abgibt?
Ich bin sicher, dass Herr Levrat sein Amt nicht abgibt. Und ich würde auch nicht kandidieren.
Beim Auftritt Fehrs im TALK TAEGLICH im Tele Züri (heute am 22. Februar) verrät ihr Auftritt, dass die Niederlage bei der Politikerin hinsichtlich Körpersprache deutliche Spuren hinterliess:
Gesichts - Ausdruck: Als verstehe sie die Welt nicht mehr?
Jaqueline Fehr:
Es ist wie ein Muskelkater an Geist und Seele, der langsam versurrt.
Sie haben die Kritik von Parteikollegen, die Sie als berechnend und sozial nicht kompetent bezeichnet haben, als «haltlos» abgewiesen. Sind Sie eine schlechte Verliererin?
Nein, das bin ich nicht. Aber ich wehre mich dagegen, dass aufgrund anonymer Aussagen von Fraktionskollegen ein Psychogramm von mir erstellt wird. Das ist einfach nicht seriös.
Gegenüber Radio DRS haben Sie nach Ihrer Nichtwahl aber auch von einer «Intrige» gesprochen. So leicht haben Sie Ihre Abwahl offenbar doch nicht verdaut.
Für das Wort «Intrige» entschuldige ich mich. Ich habe im Trubel das richtige Wort nicht gefunden.
Nochmals zurück zur Kritik an Ihrer Person: Sie sind also nicht berechnend?
Nein, das bin ich nicht. Wenn ich tatsächlich so berechend und taktiererisch wäre, hätte ich die Wahl wohl gewonnen. Dass ich meine teilweise sperrige Art behalten habe und nicht plötzlich zu allen nett gewesen bin, beweist, dass ich mich für ein Amt nicht verbiege. Wenn ich so ein Mensch wäre, wie es mir Kritiker vorwerfen, wäre ich auch politisch nie so weit gekommen. Es gibt offenbar zwei verschiedene Bilder von mir.
Und wie sieht das andere aus?
Ich habe nach der Nicht-Wahl Hunderte von Mails erhalten. Darin beschreiben mich die Menschen als integer, als jemanden der Transparenz schafft, Leute zu Lösungen zusammenbringt, über die Parteigrenzen hinweg politisiert und Vertrauen aufbaut.
Sie haben also keinerlei Schwächen?
Oh doch, sehr viele sogar! Und ich kenne sie sehr gut. Ich weiss, dass ich gewissen Leuten auf die Nerven gehe. Schwächen von mir sind unter anderem, dass ich gegenüber Eitelkeiten bockig werde, zu wenig Souplesse habe, oft etwas überengagiert bin und mich in viele Angelegenheiten einmische. Manchmal bin ich einfach zu leidenschaftlich.
Rückblickend: Haben Sie im Umgang mit Ihren Fraktionskollegen Fehler gemacht?
Ich bereue, dass ich gegenüber den neuen Fraktionsmitgliedern nicht aufmerksamer gewesen bin. Ich habe mich vor den Fraktionspräsidiums-Wahlen zu wenig mit ihnen unterhalten. Ich wollte sie nicht plump bedrängen. Das war ein Fehler. Viele Neugewählte haben wohl gedacht, sie seien mir zu wenig wichtig. Genau das Gegenteil ist der Fall. Ich glaube, dass wenn jemand stark führt und den bisherigen Alphatieren die Stirn bieten kann, es für die Neuen viel einfacher ist, einen Platz zu finden.
Dann haben Ihnen die Stimmen der Neuen gefehlt, um die Wahl zu gewinnen?
Das könnte tatsächlich sein. Dabei wäre ich genau für die Neuen gerne Fraktionspräsidentin geworden.
Die SP Frauen sprechen auch von der Geschlechterfrage, die Ihnen den Sieg gekostet hat. Hätten Sie die Wahl als Mann gewonnen?
Das ist schwierig einzuschätzen. Ich denke aber, dass es immer noch einen Unterschied macht, ob eine Frau einen Führungsanspruch stellt oder ein Mann. Bei der Frau heisst es schnell, sie sei verbissen, der Mann hingegen wird als hartnäckig gelobt.
Die Juso hat am Sonntag in einem Brief dem neuen Fraktionschef Andy Tschümperlin vorgeworfen, dass ihm genau dieser Führungsanspruch fehlt. Was sagen Sie dazu?
Andy Tschümperlin hat sich als Moderator angepriesen. Das birgt Gefahren. Wenn die Fraktionsspitze nicht klar führt, sichern sich einfach die Frechsten und Lautestens den grössten Platz. Dies ist dann nicht immer im Sinne der gemeinsamen Sache.
Das wäre unter Ihrer Führung nicht passiert?
Ich hatte in den letzten Jahren oft das Gefühl, dass wir uns viel zu wichtig nehmen unter der Bundeshauskuppel. Es geht eben nicht um unsere Selbstverwirklichung, sondern um die gemeinsame politische Idee. Wir wollen die Schweiz vorwärts bringen. Dabei müssen wir nüchtern überlegen, wer die jeweilige Botschaft am besten gegen aussen vertritt, wie wir unsere Arbeit untereinander aufteilen, wo wie die Schwerpunkte setzen. Das klingt nicht wahnsinnig gemütlich, doch es ist der einzige Weg, um politisch Ziele zu erreichen.
Dennoch sind Sie mit Ihren Positionen bereits zwei Mal gescheitert - vor ihrer Nichtwahl ins Fraktionspräsidium erlitten sie bei den Bundesratswahlen 2010 ebenfalls eine Niederlage. Was machen Sie künftig anders?
Nicht viel. Ich will mich selber bleiben. Wenn der Preis dafür ist, dass ich in keine höheren Ämter gewählt werde, dann kann ich damit leben.
Werden Sie antreten, falls Christian Levrat nach einer allfälligen Wahl in den Ständerat sein Amt abgibt?
Ich bin sicher, dass Herr Levrat sein Amt nicht abgibt. Und ich würde auch nicht kandidieren.
ANALYSE: Jacqueline Fehr versteht es gut, Vorwürfe nicht zu wiederholen. Mit dem eindeutigen NEIN stoppt sie die meisten Anschuldigungen. Mit dem unbedachten Wort INTRIGE macht sie uns bewusst, dass sie überreagiert. Dies ist ein grober Fehler. Sie entschuldigt sich dafür. Wenn sie diesen Fehler schon kennt, weshalb arbeitet sie nicht daran? Immerhin sieht Fehr ihre Fehler ein: Beziehungsebene vernachlässigt - Aufmerksamkeit vernachlässigt .
Was mich stört: Fehr wertet ihre sperrige Art positiv. Das bockig werden und die mangelnde Souplesse sieht sie als Gradlinigkeit und als positive Führungsqualität. Der moderaten Art Tschümperlins kann sie nicht viel Gutes abgewinnen. Sie stört sich an seinem moderaten Verhalten. Für mich ist jedoch MODERIEREN wichtiger, als ein verbissenes Führen.
Wenn Jacqueline Fehr nicht bereit ist, aus den Niederlagen zu lernen (Ich werde mich selber bleiben!), sehe ich schwarz. Man kann sich verbessern, ohne sich verleugnen zu müssen.
Beim Auftritt Fehrs im TALK TAEGLICH im Tele Züri (heute am 22. Februar) verrät ihr Auftritt, dass die Niederlage bei der Politikerin hinsichtlich Körpersprache deutliche Spuren hinterliess:
Jacqueline Fehr gibt zu Beginn des Gesprächs dem Journalisten Hugo Bigi unverständlicherweise selbst einen Steilpass mit Begriffen, wie KRATZBUERSTIG, EKELZWERG, ARROGANTE SEITE, sodass sich ein grosser Teil des Gespräches nur noch um diese Vorwürfe dreht.
Es fällt auf: Die Politikerin sitzt verspannt da (Finger, Mimik, Augen, Lippen). Sie weicht mit dem Blick oft, zu oft, ungewöhnlich dem Gesprächspartner aus. Dieses Verhalten schwächt nicht nur alle Antworten ab. Die Aussagen wirken durch das Ausweichen des Blickkontaktes recht unglaubwürdig. Die Betrachter fragen sich: "Was ist mit dieser Frau los? Hat Sie etwas zu verbergen? Sagt Sie nicht die Wahrheit?"
Verbal habe ich übrigens selten so viele Weichspülerformulierungen registriert:
Dutzende Mal: "E bitzeli"
oder dutzende Mal: "E chli" .
Ich frage mich, weshalb sich die Nationalrätin nach ihren Niederlagen überhaupt allen Medien zur Verfügung stellt, obschon sie angeblich keine privaten Termine für die Medien zu verschieben bereit ist.
Dieser Auftritt im TELE ZUERI war sehr schwach. Schade. Angeblich war die Nichtwahl ein viel grösserer Frust, als es die Politikerin einzugestehen bereit ist.
Die Niederlage muss mehr als nur ein "seelischer Muskelkater" hinterlassen haben.
Ich wäre jedenfalls in dieser Verfassung zurückhaltender gewesen mit Medienauftritten und Interviews.
Gesichts - Ausdruck: Als verstehe sie die Welt nicht mehr?
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