Samstag, 18. Februar 2012

Angela Merkel profitierte vom angeschlagenen Wulff


Erstaunlich: Die Werte der Kanzlerin stiegen und stiegen, während das Image des Bundeskanzlers in den Keller fiel.

Auf internationalem Parkett konnte sich Merkel profilieren. Als Machtfrau wusste sie immer ganz genau, wer ihr gefährlich werden könnte. Konkurrenten verstand sie weg- oder hinauf zu befördern.

Der Rücktritt Wulffs könnte nun aber Merkels Beliebtheitsgrad ankratzen.


Wie steht jetzt als Kanzlerin da, nachdem sie bereits bei der Personalpolitik verschiedentlich eine unglückliche Hand hatte?


Die deutsche Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel befindet sich derzeit in einer heiklen Lage.


Mit Horst Köhler und Christian Wulff hat sie nun bereits zwei Bundespräsidenten «verschlissen», die von ihr persönlich ausgewählt worden waren. Beide traten mehr oder weniger freiwillig von ihrem Amt zurück.


Das hatte es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben: Der Bundespräsident ist mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Als Grund nannte Horst Köhler die Kritik an seinen Äusserungen zum Afghanistan-Einsatz - er vermisse den Respekt vor seinem Amt.




 Einen weiteren Fehlgriff kann sich Merkel nun wohl kaum mehr leisten. Sie hat deshalb Gespräche mit SPD und Grünen angekündigt, um einen «gemeinsamen Kandidaten» für die Nachfolge zu suchen.



















Auch bei der Wahl Theodor von Guttenbergs glänzte Angela Merkel nicht.
Man kann bei der Machtfrau Merkel nachweisen, dass sie eine geschickte Hand hat, wenn es darum geht Politiker auszuschalten. Sie weiss genau, wer ihr als Konkurrenten gefährlich werden könnte und wegbefördert werden muss (Merz...) 


Nachtrag (Ich zitiere STERN):


Der Politologe Gerd Langguth sieht nur einen Weg, der Merkel aus der politischen Misere herausbringt, in die sie sich hineinmanövriert hat. Langguth zu stern.de: "Es wird ein schwieriger Testlauf für Frau Merkel, ob es ihr jetzt gelingt, endlich einmal einen überzeugenden Kandidaten fürs Amt des Präsidenten zu finden." Aus Sicht Langguths muss die Kanzlerin einen Kandidaten präsentieren, der breite politische Zustimmung findet. "Wenn sie eine überzeugende Lösung bietet, dann wird sehr schnell bei den Bürgern vergessen sein, wer die Hauptverantwortung für den gescheiterten Präsidenten trägt."
Das mag sein. Zumindest draußen in der Republik, bei den Bundesbürgern. Ihre eigene Partei sieht die Lage skeptischer. Seit Wochen schon werden dort sorgenvoll, teils sogar verächtlich die Köpfe geschüttelt über die Kanzlerin. Eine weithin verbreitete These in der Union lautet: Nur weil Merkel Wulff als potenziellen Konkurrenten aus dem Weg räumen wollte, habe sie ihn ins Präsidialamt abgeschoben. Die Präsidentenaffäre sei ein Resultat ihrer Machtpolitik. Nach Friedrich Merz, Roland Koch habe sie auch Christian Wulff entsorgen wollen. Mit anderen Worten: Merkel habe ihren Kandidaten missbraucht aus egozentrischen Gründen.
Bislang hat die Wulff-Affäre Merkel nicht geschadet, im Gegenteil: Je größer die Vorwürfe an Wulff, desto lupenreiner sah die äußerliche Tugendhaftigkeit der Kanzlerin aus. Aber so muss es nicht bleiben. Im Saarland und in Schleswig-Holstein stehen wichtige Landtagswahlen an. Dort könnte Wulffs Exit eine Art politisches Nachbeben erzeugen.

Doppelte Blamage

Immerhin ist die präsidiale Blamage, die CDU-Abgeordnete zuweilen mit dem Fluch kommentieren "es ist zum Kotzen", nicht die erste. Im Frühjahr 2010 warf ihr Bundespräsident Horst Köhler über Nacht gefrustet das Amt hin, nun trat ihr Präsident Wulff zurück. Sie hat lange gezögert, Wulff diese Konsequenz nahezulegen, viel zu lange, wie die führenden Staatsrechtler der Republik schon seit Wochen kritisieren.
In deren Augen hat Merkel den Verdacht der Vorteilsnahme viel zu nachlässig behandelt. Der Verfassungsrechtler Joachim Wieland von der Verwaltungshochschule Speyer sagte: "Vermutlich hätte man bei jedem anderen diesen Anfangsverdacht längst bejaht." Die Hannoveraner Staatsanwaltschaft konnte jetzt nicht mehr zögern, sie hätte sich sonst dem Vorwurf ausgesetzt, den Rechtsstaat nicht ernst zu nehmen und mit zweierlei Maß zu messen.
Immer wieder ist in der CDU/CSU anklagend zu hören, dass der ganze Schlamassel nicht entstanden wäre, hätte Merkel nicht schon im Jahr 2004, als es um die Nachfolge von Johannes Rau ging, ihr Machtspiel gespielt. Damals fragte sie den heutigen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, ob er bereit stünde, als Bundespräsident zu kandidieren. Sehr ernst war diese Frage vermutlich nie gewesen, denn gegen Schäuble gab es Widerstand in der FDP. Er hat sie trotzdem bejaht.

Aus SPIEGEL:

Foto: dapd
Christian Wulffs Rücktritt trifft auch die Kanzlerin. Angela Merkel hat den peinlichsten Bundespräsidenten in der Geschichte des Landes zu verantworten. Jetzt ist sie in derselben Lage wie nach dem AKW-Gau in Fukushima: Sie kann einen zentralen politischen Fehler korrigieren.
Angela Merkel hat vor fast zwei Jahren einen großen Fehler gemacht, der ihr jetzt zugute kommt: Sie setzte Christian Wulff gegen heftige Widerstände als Bundespräsidenten durch, wider alle Vernunft, nur von Parteiräson und Machtkalkül geleitet. Im Amt hat sich Wulff zweimal als der falsche Bundespräsident erwiesen: Erst zeigte er sich der Aufgabe intellektuell nicht gewachsen, dann holte ihn sein Faible für Mitnahmeeffekte aus seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident ein. Beides zusammen führte unweigerlich zum vorzeitigen Ende. Daher, klipp und klar: Angela Merkel hat den peinlichsten Bundespräsidenten in der Geschichte dieses Landes zu verantworten.

Dennoch kann die Kanzlerin froh sein, Wulff in das höchste Staatsamt gehievt zu haben. Man stelle sich nur einmal vor, Wulff wäre zum Zeitpunkt der Enthüllungen über Bonuskredite, Bobbycars und Urlaubseinladungen immer noch Ministerpräsident gewesen. Die CDU stünde in Flammen und unter Feuer. Weder die Kanzlerparteichefin noch ihre Partei hätte sich dagegen wehren können, mittendrin im Skandal des CDU-Spitzenmannes zu sein. Weil der vormalige CDU-Ministerpräsident aber ins überparteiliche Amt entschwebte, greifen die Flammen jetzt nicht auf die CDU über. Mehr noch: Merkel steht wie die Gegenfigur zum notorischen Nehmer Wulff da, wie eine, der die reine Macht alles ist - der das Gepränge der Macht, deren Glamour und halbseidene Begleiterscheinungen, aber "nüscht" bedeuten. Eher stellt man sich Merkel in ihrem alten Golf auf der Autobahn von Berlin Richtung Datsche vor als im heißen Bemühen, den neuesten Q-Irgendwas von VW oder Audi direkt ab Werk vor die Tür gestellt zu bekommen.



NACHTRAG BILD:


Keine halbe Stunde nach Wulffs Rücktritts-Erklärung geht Kanzlerin Angela Merkel ihren schweren Gang des Tages. Steinerne Miene, fest gefaltete Hände, ein halb volles Glas Wasser auf dem Pult im Kanzleramt.
Vor vier Wochen beim Neujahrsempfang in Schloss Bellevue

Vor vier Wochen beim Neujahrsempfang in Schloss Bellevue hielt die Kanzlerin noch demonstrativ zu den Wulffs
Foto: dapd
Sie zollt Wulff „größten Respekt“ für seine Arbeit, bedauert „ganz persönlich“ seinen Rücktritt.
Knapp drei Minuten dauert das – die Kanzlerin entspannt keine Sekunde davon. Christian Wulff war IHR Mann, IHRE Wahl. Sein Rücktritt ist also auch IHR Problem.


Wie sehr wird Angela Merkel vom Sturz des Bundespräsidenten beschädigt?


Fakt ist: Die Kanzlerin hatte 2010 das Angebot der SPD für einen gemeinsamen Kandidaten ausgeschlagen. Sie lehnte den hoch respektierten Joachim Gauck ab, entschied sich für ihren CDU-Parteifreund, den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff.


Merkel damals: „Ich halte ihn für einen wunderbaren künftigen Bundespräsidenten.“


Wie man spätestens jetzt weiß: eine krasse Fehlentscheidung. Und untypisch für Merkel. Ganz offenkundig wurde nicht ausreichend geprüft, in welchen privaten oder politischen Vorgängen aus seiner niedersächsischen Amtszeit (2003–2010) Sprengstoff stecken könnte.
Als Wulff in den Affären-Strudel geriet, saß Merkel mit in der Falle: Sie stützte den Präsidenten, sprach ihm mehrfach öffentlich ihr „vollstes Vertrauen“ aus. 


Das glaubte sie ihrer CDU-Solidarität schuldig zu sein, an der nicht selten gezweifelt wird. Intern jedoch zeigte sie sich fassungslos darüber, wie Wulff die Affäre behandelte, wie er sich in immer neue Widersprüche verwickelte – und was er sich an kleinen und großen Fehltritten in seiner niedersächsischen Vergangenheit geleistet hatte.
Folgerichtig versuchte die Opposition, aus dem „Skandal Wulff“ ein „Problem Merkel“ zu machen. Die Umfragewerte der Kanzlerin (und der CDU) stiegen trotzdem auf Rekordwerte.
Gestern betrieb die Kanzlerin notgedrungen Schadensbegrenzung: Sie will SPD und Grüne einbinden, um ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Merkel: „Wir wollen Gespräche führen mit dem Ziel, in dieser Situation einen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des nächsten Bundespräsidenten vorschlagen zu können.“


Damit appelliert sie an die politische Verantwortung von SPD und Grünen – die sich kaum verweigern können.

Merkel über Wulff „Größter Respekt, tiefes Bedauern“

  

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