Der fromme SP Nationalrat
Er tritt für die Minderbemittelten ein, lehnt den Darwinismus ab und die Homo-Adoption ab. Er ist auch gegen die Drogen Liberalisierung und die Abtreibung.
Er tritt für die Minderbemittelten ein, lehnt den Darwinismus ab und die Homo-Adoption ab. Er ist auch gegen die Drogen Liberalisierung und die Abtreibung.
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SP-Nationalrat und Gewerkschafter Philipp Hadorn trägt seine fromme Gesinnung mit dem roten Fischli-Pin zur Schau.
Der Fisch als christliches Symbol
Der Fisch ist ein altes christliches Symbol. Die Buchstaben, die das griechische Wort für Fisch – Ichthys – bilden, lassen sich auch als Anfangsbuchstaben eines Glaubensbekenntnisses lesen: «Jesus Christus, Gottes Sohn und Erlöser». Möglicherweise haben die verfolgten Christen den Fisch als Erkennungszeichen benutzt: Ein Gläubiger zeichnete einen Bogen in den Sand – wenn der Gesprächspartner einen zweiten Bogen ergänzte und dadurch ein Fisch entstand, wussten sich beide einem Glaubensbruder gegenüber. Seit den 1970er-Jahren hat der Fisch als christliches Symbol ein Revival erlebt: Viele fromme Christen klebten ihn etwa auf ihr Auto. In letzter Zeit geriet der Fisch wieder etwas aus der Mode, weil der Volksmund von der «Fischli-Sekte» zu reden begann. Wer wie Philipp Hadorn als Methodist ein Fischli zur Schau trägt, bekenne sich klar dazu, dem Evangelikalismus nahe zu stehen, erklärt Georg Otto Schmid von der evangelischen Informationsstelle Relinfo. Hadorn stellt sich damit auf die Seite der Kreationisten. Diese bekämpfen vor allem in den USA eifrig die darwinistische Evolutionstheorie. Denn Darwins Erkenntnis, dass die Menschen das Produkt einer langen Fortentwicklung der Arten sind, steht im fundamentalen Widerspruch zu einer wörtlichen Auslegung der Bibel. Dort steht, Gott habe den Menschen als sein eigenes Abbild geschaffen.
Für ihn sei klar, dass Gott der Schöpfer allen Lebens auf dieser Welt sei, sagt Hadorn. Wie er das genau gemacht habe, in welcher Form und in welchem Zeitablauf, spiele für seinen Glauben, seine Politik und sein Leben zwar keine zentrale Rolle. «Ich finde es aber schade, dass wissenschaftliche Kreise die Idee des Intelligent Design als Gift betrachten.» Intelligent Design ist eine Spielart des Kreationismus: Ein intelligenter Urheber – also Gott – habe Tiere und Pflanzen geformt, nicht die natürliche Selektion.
Kopfschütteln bei der SP
Dass ein Genosse solches evangelikales Gedankengut gerne in den Lehrplänen integriert sähe, löst bei anderen Sozialdemokraten Kopfschütteln aus. Zumal die Partei in ihrem Programm schreibt, sie setze «Irrationalismus und religiösem Fundamentalismus das Modell einer pluralistischen Gesellschaft im laizistischen Staat entgegen (…)». «Es ist völlig abwegig, dem Kreationismus einen Platz in unseren öffentlichen Schulen einzuräumen», sagt der Schaffhauser Nationalrat Hans-Jürg Fehr. Wer daran glauben wolle, solle das im Privaten machen.
Noch deutlicher äussert sich der Präsident der Jungsozialisten (Juso), David Roth. «Wenn Hadorn will, dass der Kreationismus an den Schulen gelehrt wird, dann sind wir nicht nur irritiert – dann haben wir Krach.» Der Staat betreibe schliesslich weder Kloster- noch Koranschulen. Die Schule diene der Vorbereitung der Kinder auf das Leben, das solle auf einer wissenschaftlichen Basis geschehen, erklärt Roth. Wissenschaft habe immer Empirie zur Grundlage und basiere auf nachvollzieh- und nachprüfbaren Aussagen. «Beides ist beim Kreationismus nicht gegeben.»
Auch gegen die Homo-Adoption
In gesellschaftspolitischen Fragen tickt Hadorn nicht nur in Bezug auf die Abtreibung wertkonservativ. Das zeigt ein Blick auf sein Smartvote-Profil. Er sagt «eher Nein» zur Drogenlegalisierung, zur Sterbehilfe und zur Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare. Er werde bei Bedarf auch mal anders stimmen als die Mehrheit der Fraktion, so der dreifache Familienvater.
Die ethische Richtschnur sei für ihn die Bibel. Gegen Abtreibungen wehrt er sich auf der Grundlage der Schrift, weil die Gesellschaft ihre schwächsten Glieder schützen müsse – also die ungeborenen Kinder. Eine Welt ohne Drogen wäre für Hadorn eine bessere Welt. Und dass Homosexuelle Kinder adoptieren können sollen, entspricht für ihn nicht dem «natürlichen Zustand der Familie».
Hadorn bemüht sich jedoch um eine differenzierte Haltung. Wir lebten nun mal in einer Welt, in der nicht alles so sei, wie es wünschenswert wäre. Auch als gläubiger Christ könne man nicht alles schwarz oder weiss sehen. «Ich will nicht in eine fundamentalistische Ecke gedrängt werden.» Respekt und Anerkennung gegenüber Gleich- und Andersdenkenden sei ebenfalls eine zutiefst christliche Tugend.
Mehr ein Problem für Hadorn als für die Partei
Mit seinen «exotischen» gesellschaftspolitischen Haltungen isoliert sich Hadorn jedoch in seiner Fraktion. Das sei weniger ein Problem für die Partei als für Hadorn selbst, sagt Hans-Jürg Fehr. «Er muss damit zurechtkommen, ganz am Rand der Fraktion zu stehen.» Falls Hadorn beginnen würde, bei den Genossen zu missionieren, würde er auf massivsten Widerstand stossen, ist sich Fehr sicher. Auch die Solothurner Nationalrätin Bea Heim macht klar: «Ein Abtreibungsverbot ist für uns sicher kein Thema.»
Harschere Töne kommen wiederum von Juso-Chef Roth. Er wirft Hadorn eine «extrem reaktionäre Haltung» vor. «Es ist nicht akzeptabel, wenn ein Nationalrat in der Abtreibungs-Frage von der Parteilinie, die seit Jahrzehnten ganz klar ist, abweicht.» Roth fordert, dass die SP nicht zur «Mandatelieferantin für Evangelikale und Vertreter anderer radikaler Glaubensrichtungen» werden dürfe. Er lehne es auch ab, dass ein Sozialdemokrat religiöse Symbole wie das Fischli (siehe Box) verwendeten. «Das hat in der Politik nichts verloren.»
Doch für Hadorn beruht seine politische Karriere auf dem Glauben. Sein Einzug in den Nationalrat sei Gottes Wille, sagt das Mitglied der Evangelisch-Methodistischen Kirche Gerlafingen, einer gemässigten evangelikalen Freikirche. «Ich wusste eine ganze Schar von Betern hinter mir», erklärte er nach der Wahl auf der Website jesus.ch. Diese spirituelle Unterstützung war in seinen Augen ausschlaggebend, dass er seine härtesten parteiinternen Konkurrenten hauchdünn – mit 22 respektive 28 Stimmen Vorsprung – schlug.
«Ich bin in der richtigen Partei»
Angesichts seines frommen Weltbildes stellt sich die Frage, warum Philipp Hadorn überhaupt bei der SP gelandet ist. Das wollten auch Leute aus dem religiösen Lager immer wieder von ihm wissen, erklärt Hadorn. Doch für ihn sei es eben genau die SP, die seinem sozialen Gedankengut am besten entspreche. «Jesus hat uns vorgelebt, jenen Menschen zu helfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen.» Was die Fürsorge für die Mitmenschen anbelangt, sei er deshalb in der völlig richtigen Partei.
«Sozialpolitische Fragen sind doch für die Politik viel entscheidender als etwa die Frage, wer mit wem ins Bett geht», findet Hadorn. Auch in der Bibel gehe es viel häufiger um das Verhältnis zwischen Arm und Reich als um Sexualmoral, betont der Sekretär der ÖV-Gewerkschaft SEV. Und verteilt noch einen Seitenhieb an jene Glaubensbrüder, die bei der SVP oder der EDU gelandet sind: «Ich finde es vielmehr irritierend, wenn bekennende Christen bei Parteien sind, die eine Politik fürs Grosskapital machen statt für die ‹kleinen Leuteۛ›».
Kommentar: Ich gehe davon aus, dass die Partei ihren frommen Nationalrat gewähren lässt (solange er nicht missioniert). Doch könnte Philipp Hadorn für die SP langfristig zum Problem werden.
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