Dienstag, 21. Dezember 2010


Politologe Mark Balsiger analysiert Girods Geschick der Selbstinszenierung


Girods Vorstoss für ein Fallgatter-Obligatorium bei Schweizer Trams macht wenig Sinn, bringt ihn aber ins Schweinwerferlicht. Es ist nicht das erste Mal, dass er vorprescht – und damit gewinnt. 

Bastien Girod verstand es immer wieder sich zu inszenieren.
Bild: KEYSTONE/AP
   



Politologe Mark Balsiger: Girod macht alles richtig 

(Bild: border-crossing.ch)

Ich zitiere TAGI:


Ende November kam in Oerlikon eine Studentin bei einem Tramunfall ums Leben. «Solche schrecklichen Unfälle könnten verhindert werden», liess der grüne Nationalrat Bastien Girod sofort verlauten. Es war der Startschuss für eine Kampagne zu seinem Vorstoss im Nationalrat. Zusammen mit Pro Velo Schweiz will er ein Fallgatter-Obligatorium bei allen Schweizer Niederflurtrams erwirken – obwohl sämtliche Verkehrsbetriebe, Tramhersteller und sogar das Bundesamt für Verkehr der Meinung sind, dass dies keinerlei Nutzen bringt.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der 30-Jährige provokativ in der Öffentlichkeit exponiert. Im Herbst 2009 veröffentlichte er mit einer Parteikollegin ein Migrationspapier, das seine eigene Partei, die Grünen, in Aufruhr versetzte: Wohnungsnot, Verkehrsengpässe und Umweltbelastung würden unter anderem durch die Zuwanderung aus dem Ausland verstärkt, war da zu lesen. Der Tabubruch brachte mitunter seine Parteikollegen zum Kochen.


GÖS statt Auns


Zur seiner unorthodoxen Marketingmethode in eigener Sache zählen auch grosse Ankündigungen in der Sonntagspresse. Im Sommer 2008 sagte der diplomierte Umweltnaturwissenschaftler dem «Sonntag», er wolle ein grünes Pendant zur Auns (Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz) gründen. Arbeitstitel: Gruppe für eine ökologische Schweiz. Girod prognostizierte 40'000 Mitglieder, um innerhalb kurzer Zeit Referenden und Initiativen mit ökologischem Hintergrund auf die Beine stellen zu können. Bis heute blieb es bei der medienwirksamen Ankündigung.
Für mittelgrosses Aufsehen sorgte auch Girods Idee für «velofreundliche Tramgleise» in Zürich. Der passionierte Radler – zu seiner ersten Session in Bern fuhr er mit dem Velo – verlangte von der Stadt ein neues Gleissystem, in das keine schmalen Pneus mehr passen. Obwohl der Stadtrat antwortete, dass es so etwas nicht gibt, konnte Girod die rot-grüne Mehrheit im Parlament zu einer Überweisung des Vorstosses überzeugen.


«Girod macht alles richtig»


Der Politologe Mark Balsiger beobachtet Girod seit Anfang 2007. In dieser Zeit habe sich dieser öfters auf einem schmalen Grat befunden. «Ich hatte mehrmals das Gefühl, er sei etwas gar sendungsbewusst. Insgesamt funktioniere das aber bei ihm», sagt Balsiger. Er habe bei Girod bisher nur einen einzigen Fauxpas feststellen können, einen klassischen: «Bei einer Bundesratsvakanz sagten er und der Parteipräsidenten der Grünen, Ueli Leuenberger, man könne sich überlegen, einen zweiten richtigen SVP-Bundesrat zu wählen, wenn im Gegenzug die SVP einen Vertreter der Grünen wählt.» Die SVP lachte, die SP fühlte sich hintergangen. Geschadet hat es Girod aber offenbar nicht.
Sonst macht Girod in Balsigers Augen alles richtig.


Er sei ein gutes Beispiel für medienbewusstes Arbeiten: «Girod hat das sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen. Bei Greenpeace hat er gelernt, wie man mit wenig Geld die Medienöffentlichkeit erreicht.» Das beste Beispiel sei die Aktion mit den vermeintlichen Nacktbildern vor der Polizeiwache in Zürich gewesen. Mit wenig Aufwand habe man viel Aufmerksamkeit erregt und gleichzeitig auf einen Missstand bei der Polizei hingewiesen. «Wie aus dem Lehrbuch für politische Kommunikation», sagt Balsiger. Alles sei kalkuliert, Girod sei sich bewusst, was am Ende der Dominosteine passiere, die er anstösst.


Kommentar:
Das Image einer Persönlichkeit dominiert die Fakten. Girod weiss dass nicht nur bei politischen Kommunikationsprozessen der Botschafter die Botschaft sein muss. Bei Girod ist dies der Fall. Ich hatte einmal mit ihm auf einem Podium einen Auftritt. Dort hatte ich von ihm erfahren, dass er schon  als junger Politiker gelernt habe, nur schon äusserlich das Publikum nicht vor den Kopf zu stossen.  Aus meiner Sicht ist Girod ein Politiker, der seine Botschaft mediengerecht zu vermitteln versteht.

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