Montag, 27. Dezember 2010

Calmy Reys Fotoverbot: Sturheit oder Angst vor unvorteilhaften Bildern?


Das hat es angeblich in der Schweiz noch nicht gegeben, dass Fotografen bei der Aufzeichnung der Neujahrsansprache der Zutritt verweigert wurde. Von Angela Merkel weiss ich, dass sie die Fotos vor der Veröffentlichung begutachten will. Doch in der Schweiz ist das Fotoverbot neu.  Die umstrittene Bundespräsidentin begründet das Verbot mit formalen Fehlern.



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Ich zitiere TAGI und 20 Min:




Formale Fehler


Micheline Calmy-Rey verbietet Fotos

Von der traditionellen Neujahrsansprache der künftigen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey wird es keine Pressebilder geben. Das EDA schickte die Fotografen wieder nach Hause.

storybild Das wollte Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey dieses Jahr nicht sehen: Bilder, die die Aufzeichnung der Neujahrsansprache zeigen. Im Bild die diesjährige Bundespräsidentin Doris Leuthard am 28. Dezember 2009 in ihrem Büro. (Bild: Keystone)

Was die Fotografen der Fotoagenturen Reuters, EQ-Images und Keystone am Mittwoch in Bern erlebt haben, erschien ihnen wie ein schlechter Scherz. Sie wollten wie üblich Bilder von der Bundespräsidentin bei der Neujahrsansprache machen, die in Bern im Voraus aufgezeichnet wurde. Doch von der diesjährigen Ausgabe mit Micheline Calmy-Rey, Vorsteherin des Aussendepartements EDA, wird es keine Fotos geben. «EDA-Mediensprecher Lars Knuchel hat uns keine Erlaubnis erteilt», sagt Lukas Lehmann, Fotograf von Keystone.
Das Vorgehen der Fotoagenturen war dem EDA nicht genehm. Offenbar fühlte sich der Mediensprecher von den Fotografen übergangen, obwohl diese ihn zwei Tage vorher informiert hatten. «Wir haben unsere Anfrage ans Schweizer Fernsehen gerichtet und das EDA lediglich über unsere Anwesenheit in Kenntnis gesetzt», so Lehmann. Den Fotografen teilte Knuchel mit, dass man auch ans EDA eine Anfrage hätte richten müssen. So kurzfristig war Micheline Calmy-Rey offenbar nicht bereit, sich nebst Filmaufnahmen auch auf Bildkameras einzustellen. «Die EDA-Chefin wollte sich auf die Aufnahme dieser wichtigen Botschaft an die Schweizer Bevölkerung konzentrieren», heisst die offizielle Stellungnahme aus dem EDA.


Das kleinliche Geplänkel über korrektes formales Vorgehen irritiert – zumal es die Fotografen bisher immer so gehalten haben und bei den anderen Bundesräten damit keinerlei Probleme hatten. «Es geht um Bilder, die die ganze Nation auch am Fernsehen sehen kann», sagt Lukas Lehmann.
Bei Keystone kann man sich nicht erinnern, dass es jemals zuvor ein solches Bildverbot gegeben hätte. «In den letzten Jahren war es selbstverständlich, dass wir von der Neujahrsansprache Aufnahmen machen.»

Kommentar:

Das sonderbare Verhalten kann ich mir nur damit erklären, dass Calmy-Rey Angst hat, nach der Denkzettelwahl unvorteilhaft abgebildet zu werden. Dass der vordergründige Charme der früher so beliebten Magistratin verloren ging, muss sie verletzt haben, obschon sie nach der Schmach der Wahl die Schlappe völlig ignoriert hatte. Ich beanstandete damals die mangelnde SELBSTKRITIKFAEHIGKEIT der Bundesrätin. Journalisten, Politiker und die Oeffentlichkeit haben erkannt, dass es hinter der Fassade auch die Schattenseite der Politikerin immer mehr zum Vorschein kommt. Ich zitiere die NZZ (Hier ist auch von Misstrauen die Rede):

Wer ist Micheline Calmy-Rey? Beginnen wir mit dem Altbekannten, Vielzitierten, das dieser Tage hüben und drüber wieder aufgewärmt wird. Die Schweizer Aussenministerin trägt seit ihrer Zeit als Genfer Finanzdirektorin den Namen Cruella, in Anlehnung an eine grausame Comic-Figur. Auf dem diplomatischen Parkett wickelt sie von Kofi Annan bis Mahmud Ahmadinejad alle um den Finger, aber im Bundeshaus regiert sie unkollegial, misstrauisch und einsam. Die Sozialdemokratin tyrannisiert ihre Mitarbeiter, liebt den Auftritt, gönnt nur sich den Erfolg, kann schlecht verlieren und hat keinen Humor. Sie nimmt voreilig zu allen möglichen Dingen Stellung und lanciert eine Initiative nach der anderen, die sie dann gleich wieder vergisst.

Das Volk im Rücken

Die veröffentlichte Meinung über Calmy-Rey steht in Widerspruch zu den nichtöffentlichen Einschätzungen der künftigen Bundespräsidentin. Gemeint ist nicht ihre Beliebtheit in der Bevölkerung – am beliebtesten ist Calmy-Rey immer dann, wenn sie Politiker und Medienschaffende am meisten nervt. Die Rede ist vielmehr von Meinungsäusserungen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und deshalb ehrlicher sind. Kurz, wer im Zeitalter von Wikileaks eine Aussenministerin charakterisieren will, zitiert am besten den in ihrem Land akkreditierten amerikanischen Botschafter.
«Sie reitet auf einer Welle von aussenpolitischen Erfolgen», kabelte Donald S. Beyer am 8. Oktober 2009 vom Berner Kirchenfeld nach Washington. Die mit «Scenesetter» und «geheim» überschriebene Depesche diente der Vorbereitung eines Gesprächs, das Hillary Clinton und Calmy-Rey zwei Tage später in Zürich führten, am Rande der Unterzeichnung der türkisch-armenischen Protokolle. Aussenministerin Clinton erhielt, wie immer bei solchen Treffen, eine Kurzbeschreibung der Gesprächspartner. Beyers Personenbeschreibung ist präzis und zeugt von profunden Ortskenntnissen. Er verbittet sich dumme Sprüche, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Peter Coneway, der in der Schweiz und Liechtenstein zwei «frustrating alpine countries» sah.
Calmy-Rey könne mit ihrem «aussenpolitischen Aktivismus» innenpolitisch immer dann punkten, wenn er an die schweizerische Tradition der Guten Dienste anschliesse, schreibt Beyer. Er erwähnt in diesem Zusammenhang die Vermittlung zwischen Armenien und der Türkei.
Ihr «Aktivismus» im Bereich der «hard security» komme hingegen schlecht an, berichtet der Botschafter, vor allem wenn damit auch die Parteinahme in einem internationalen Konflikt verbunden ist. Als Beispiel nennt er ihren «lautstarken» («vociferous») Einsatz für die Unabhängigkeit Kosovos sowie den erfolglosen Versuch, das Parlament zu einer militärischen Beteiligung an der Anti-Piraten-Mission Atalanta zu bewegen.


NACHTRAG

Sogar Livio Zanolari lässt durchblicken, dass etwas schlecht gelaufen ist
(aus TAGI):

Von Micheline Calmy-Reys Neujahrsansprache wird es keine Pressebilder geben. Wie «20 Minuten Online» berichtet, erlaubte das EDA den Fotoagenturen nicht, während der TV-Aufzeichnung der Rede zu fotografieren, weil sie sich beim Schweizer Fernsehen und nicht beim EDA angemeldet hatten. Was sagen Sie dazu?
Ich kenne die Details der Geschichte nicht, kann mich also zu den Hintergründen nicht äussern. Es ist allerdings im Interesse eines Bundesrates, der eine solche Rede hält, dass gute Fotos gemacht werden. In der Rede werden Botschaften platziert. Die Botschaft wird dann zusammen mit Bildern übermittelt. Das Fernsehen überträgt das bewegte Bild, die Printmedien die Botschaft mit Pressebildern, die gut sein müssen. Das Bild hat deshalb auch eine sehr grosse Bedeutung.
Mit ihrem Foto-Verbot ist Frau Calmy-Rey in die Kritik geraten, bevor sie ihre Neujahresbotschaft überhaupt übermitteln konnte. Wie schädlich ist dieser erste Eindruck für eine Bundespräsidentin?
Das Jahr ist lang und bei der Geschichte handelt es sich um eine Episode, die ich nicht beurteilen will. Aber es überrascht mich, denn das Foto ist bei solchen Auftritten zusammen mit der Botschaft sehr wichtig. Bei einem Auftritt, und das ist einer, sind zudem die Kameraleute, egal ob Fotografen oder für das Fernsehen, gleich zu behandeln.
Das EDA bekundet Mühe mit der Kommunikation. Beim Anschlag auf die Schweizer Botschaft in Rom hatte etwa der italienische Aussenminister Frattini längst sein Bedauern ausgedrückt, während man noch auf eine Stellungnahme des EDA wartete.
Es kommt auf die Instruktionen an, die Pressesprecher haben. Als ich beispielsweise im EJPD unter Herrn Blocher Informationschef war, gab er mir freie Hand, auch im Zweifelsfall handeln zu dürfen. Das heisst, ich trug die Verantwortung und konnte in einer akuten Situation eine Stellungnahme abgeben, auch wenn der Bundesrat nicht erreichbar war. Wenn eine Bundesrätin sagt, ohne meinen Stempel geht keine Stellungnahme raus, dann müssen sich die Pressesprecher daran halten. Ich sage dabei nicht, dass diese Instruktion falsch ist.


Man wird das Gefühl nicht los, dass der Gesamt-Bundesrat sehr eigenwillig kommuniziert, vor allem in Krisensituationen. Gibt es Direktiven, wie zu kommunizieren ist?
Ja, das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG). Es verlangt ausdrücklich eine einheitliche Information. Das ist nur mit der systematischen Koordination möglich. Oft kommt vor, dass Regierungsmitglieder nicht mit einer Stimme sprechen. Das bedeutet, dass eine übergeordnete Koordinations- und Kommunikationsstrategie fehlt oder sie ist nicht effizient genug.
Ein Paradebeispiel dafür wäre wohl die Kommunikation während der Libyen-Krise.
Es gibt verschiedene Beispiele, in denen die Koordination gefehlt hat. Der Bundesrat geriet in schwierige Situationen, auf Kosten der Glaubwürdigkeit.
Wäre für die Koordination nicht die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident verantwortlich?
Ja. Aber die Bundeskanzlei koordiniert, gemäss RVOG, die Information zwischen dem Bundesrat und den Departementen. Wenn diese Aufgabe konsequent ausgeführt wird, kann der Bundesrat mit einer Stimme sprechen und die Beziehungen zur Öffentlichkeit gut und glaubwürdig pflegen.
Wenn Sie den Bundesrat in der Kommunikation beraten müssten, wo würden Sie anfangen?
Ich würde mich in erster Linie für eine einheitliche, frühzeitige, kontinuierliche und ausführliche Information einsetzen. Die Gleichbehandlung aller Medien ist von grosser Bedeutung. Ich denke diesbezüglich auch an die lokalen Medien. Wenn die Bundesräte in den Regionen auftreten, sollen vor allem die lokalen Medien berücksichtigt und ernst genommen werden. Zweitens, wenn es um ein Dossier geht und es ein Problem gibt, soll man in der Regel sehr offen kommunizieren. Wenn man sich abschottet, ist die Akzeptanz der Bevölkerung nicht gegeben. Aber es ist ebenfalls notwendig, dass die Medien Geduld haben, bis die Information ausführlich bearbeitet wurde.

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