Dienstag, 14. Dezember 2010

Auch ein Spital muss lernen, mit aggressiven Medien umzugehen


Geschichten von Promis sind wertvoll, so wertvoll, dass gewisse Journalisten mit Hunden verglichen werden können, die einer Beute nachjagen. 

Meine Frau hatte schon früher im Spital Brig erlebt, wie Boulevardfotografen nach einem gravierenden Lawinenunfall illegal in den Bereich der Intensivstation Aufnahmen von Verletzten machen wollten. Der Vorfall liegt zwar schon einige Jahre zurück. Doch schon damals war der Chefarzt genötigt, einzugreifen. Er beförderte die  Bildjäger mit physischer Gewalt aus dem Raum. Heute wissen die Spitäler, dass man den Aufenthalt von Prominenten auch hinsichtlich Medienarbeit vorbereiten muss -  mit aggressiven Journalisten ist zu rechnen.  Medien stehen bekanntlich unter Druck. Jede Agentur will Exklusivbilder. Und aussergewöhnliche Geschichten bringen Einschaltquoten und damit auch Geld. 

Das zeigte sich auch beim "Wetten-dass...?" Opfer Samuel Koch nach der Verlegung in die Schweizer Spezialklinik in Nottwil.



Ich zitiere 20 Min:


Dass deutsche Medien deutlich aggressiver sind als Schweizer, ist bekannt. Wie weit sie aber im Fall Koch gehen, schildert der Klinik-CEO.

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«Es wurden sogar Mitarbeiter bedroht»: Beat Villiger vom Paraplegiker-Zentrums in Nottwil musste nach der Verlegung von Samuel Koch in die Schweiz sogar einen Sicherheitsdienst aufbieten. (Bild: Keystone)

Seit Samuel Koch in der Spezialklinik in Nottwil betreut wird, herrscht dort Ausnahmezustand. Und obwohl dort schon öfter Prominente behandelt wurden - so etwa bekannte Spitzensportler - übersteigt der aktuelle Rummel «alles, was ich bisher erlebt habe», wie CEO Beat Villiger gegenüber 20 Minuten Online sagt.

«Die Intensivstation muss bewacht werden»


Nachdem bekannt wurde, dass Koch nach Nottwil verlegt wird, seien nur wenige Stunden vergangen, bis das erste deutsche TV-Team vor der Klinik aufgefahren sei. «Seither werden es immer mehr», so Villiger. Die Medienarbeit sei sehr anspruchsvoll. Nicht nur klingle das Telefon permanent, es sei die Art und Weise, die für Schweizer Verhältnisse ungewöhnlich sei: «Die deutschen Medien sind aggressiver als die Einheimischen», sagt Villiger. Es seien gar Mitarbeiter bedroht worden.
Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum musste einen Sicherheitsdienst aufbieten. Weil man habe annehmen müssen, dass sich bereits Journalisten in der Klinik aufgehalten hatten, habe man als Erstes Sicherheitsleute rund um die Intensivstation postiert, so Villiger. «Es müssen Mitarbeiter aus dem Haus sein, die die Angestellten kennen. Dies, weil die Gefahr besteht, dass sonst verkleidete Journalisten in die Intensivstation gelangen könnten.»



Drei Mal umgesiedelt

Weiter müsse die Familie von Koch, die zur Zeit ebenfalls in der Schweiz weilt, geschützt werden. «Wir mussten sie bereits dreimal umplatzieren», sagt Villiger. Zum Schluss betont er, dass er der Schweizer Presse ein Kompliment machen müsse: In seiner langen Karriere sei es ganz selten vorgekommen, dass sie ethische Grenzen überschritten hätte.



Ich zitiere Beat Villiger (Dieses Zitat sollten sich alle Mediensprecher von Spitälern hinter die Ohren schreiben):


"Wir kommunizieren nur, was der Patient will"





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