Samstag, 5. Dezember 2009

Dicke Post!

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Wie bei TV/Radio will Post-Chef Michel Kunz eine Briefkasten-Gebühr einführen.

Michel Kunz wünscht, dass künftig nicht nur diejenigen, die Briefe abschicken, bezahlen sollen, sondern auch alle, die Briefe erhalten: Diese Idee stellt Post-Chef Michel Kunz zwar erst zur Diskussion.

Er lehnt sich an eine Idee, welche in den Köpfen verschiedener Postchefs in Europa auftaucht, da alle mit rückläufigen Briefmengen zu kämpfen hätten. Wir stellen immer mehr fest, dass wir uns als eigenständiges Land erneut nach der Politik der EU tanzen. Kunz begründet seinen Vorschlag mit der Tatsache, dass die stärkere Verlagerung in Richtung E-Mail dazu geführt habe, dass die Kosten pro Brief entsprechend steigen. Deshalb will er ein neues Modell der Preisbildung einführen. Man könne analog der Lösung für TV und Radio dem Empfänger eine Gebühr für die Nutzung der postalischen Grundversorgung abverlangen. Diese soll laut Kunz fix und Mengen unabhängig sein und müsste einmal pro Jahr entrichtet werden.

Kommentar: Soweit so gut. Doch wenn wir zurückblicken hat die heutige Post mit der viel gepriesenen Kundenfreudlichkeit, verbunden mit dem Bild der Post als Dienstleistungsbetrieb nichts mehr zu tun: Früher kam der Postbote in jedes Haus und verteilte die Post am Briefkasten. Die Rationalisierung führte dazu, dass die Post nur noch an Briefkästen an der Strasse oder ohne grosse Zufahrt bedient wurden. Das schluckt die Bevölkerung noch.

Originelle Briefkästen werden nicht mehr bedient

Dann kam das Sterben der Poststellen. Dort um Dorf verlor ihre Post. Man richtete als Ersatz eine angebliche Poststelle in Dorfläden ein. Die Dorfbewohnter erkannten, dass es der Post nur darum geht, mehr Rendite zu machen. Das Wort Service Public wurde zur Farce. Einzahlungen sind bei den Stellen in Dorfläden nicht mehr möglich. Auch bei uns in Uhwiesen. Viele mussten mit dem Auto oder dem Bus in die Stadt um die Einzahlungen zu tätigen. Erstaunlich, dass die Post diesen Abbau des Kundenservices in Raten Schritt für Schritt durchsetzte und die Bevölkerung nur noch die Faust im Sack machen kann.

Der kalte Abbau ist im Grunde genommen "Dicke Post"

Es bleibt zu hoffen, dass dem Post Chef der jüngster Streich mit den Briefkastengebühren von den zuständigen Instanzen nicht mehr so leicht geschluckt wird.

Nachtrag: Immerhin winkte Bunderat Leuenberger recht schnell (jedenfalls nach Presseverlautbarungen) den geplanten Streich des Postchefs ab. Es besteht somit die Hoffnung, dass die Post vorläufig länger zuwarten muss mit ihren weiteren kundenfeindlichen Aktionen.

Mein Kommentar: Wenn ich dieser Aktion eine bewusste Aktion unterstelle, liege ich möglicherweise richtig: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass diese kopfrissige Geschichte (die beim Publikum nur Kopfschütteln auslöste) - von Kommunikationsberatern (für strategische Kommunikation) bewusst inszeniert worden war. Möglicherweise von Strategen, die bei der Post eine weitere Kürzung oder weitere unangenehme Schritte bei den Rationalisierungsmassnahmen widerstandslos durchbringen möchten. Es fällt nämlich - nach diesem Schuss aus der Hüfte mit dem darauffolgenden Rückzug leichter, in einem zweiten Schritt, das eigentliche unangenehme Konzept durchzusetzen. Nur wer sich mit strategischer Kommunikation auseinandersetzt, weiss, dass solche Taktiken nichts Aussergewöhnliches sind.

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