Hugo Löscher vor dem achzigsten Geburtstag gestorben
Kommentar: Für mich war Hugo Loetscher ein Mensch, der Ambiguitäten liebte. Er brachte viele Gegensätze unter einen Hut. So beispielsweise: Die Schweiz und die globale Welt. Oder: Humor und Ernsthaftigkeit. Die Schweiz verliert einen der hervorragendsten Meister des Wortes . Rhetorik.ch behält den grossartigen Schweizer Erzählkünstler in bleibender Erinnerung.
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Hugo Loetscher – Wikipedia
Hugo Loetscher wuchs in Zürich auf. Nach der Matura studierte er an den Universitäten Zürich und Paris Philosophie, Soziologie und Literaturwissenschaft. ... Leben - Künstlerisches Schaffen - Die Dürrenmatt-Affäre de.wikipedia.org/wiki/Hugo_Loetscher - Im Cache - Ähnlich - Hugo Loetscher ist tot (Kultur, Aktuell, NZZ Online)
19. Aug. 2009 ... Laufend aktualisierte Nachrichten, Analysen und Hintergründe zu Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport. www.nzz.ch/.../loetscher_diogenes_1.3367334.html - vor 3 Minuten gefunden - Ähnlich -Diogenes Verlag | Autoren: Loetscher, Hugo
Der Tagi veröffenlicht erstmals das Bewerbungsschreiben Loetschers an die WELTWOCHE:
Lieber Gody Suter,
hier einige Angaben meine Person betreffend:
geboren am 22. Dezember 1929 in Zürich als Sohn eines Handwerkers, der Zeit seines Lebens zwischen selbständig und unselbständig schwankte, bis er am Ende unselbständig wurde
und als Sohn einer deutschen Mutter, die dem Kind von den «Besseren» predigte, womit sie nicht nur an die vom Zürichberg dachte, sondern die «Besseren» begannen schon mit den Primarlehrern. Aufgewachsen in einem Arbeiterviertel zur Zeit der Arbeitslosigkeit, behütet von einer Grossmutter, die unter der Matratze Goldstücklein verbarg, die schönsten selbstgestrickten Pullover des Quartiers tragend als Anfang alles Besseren – politische Zeiten, sodass der Vater der Arbeitermusik beitrat.
Katholisch getauft, unter nicht praktizierenden katholischen Eltern aufgewachsen, war ich aktiver Ministrant, auch wenn ich später an Altären diente, deretwegen man nicht in aller Frühe aufstand, sondern deretwegen man erst spät ins Bett ging – katholische Jugendbewegung mit Höhenfeuer, Fahnenwacht und Kameradschafts-Onanie.
Gymnasium in Zürich – Vollhumanismus. Hätte ich als Student auch in Griechisch Nachhilfestunden geben müssen, könnte ich es vielleicht noch lesen. Aber die Lateiner blieben dank Gymnasiasten, die ich in die gallischen Kriege begleitete und mit denen ich periodenlang gegen Catilina wetterte.
Ein Semester Germanistik, dann ein Semester Geschichte – dann ein Unterbruch: Aufenthalt in Paris. La France devient la maîtresse de ma sensibilité. Las dort die Autoren, über die ich dissertieren sollte: Sartre, Camus, Merleau-Ponty, die Marxisten wie Lefèvre und die Katholiken wie Maritain und Gilson. Entschluss, Philosophie zu studieren – Politische Philosophie. In Zürich gab es keine eigentlichen «Politischen Wissenschaften», man hatte sich für die Juristisch-Volkswirtschaftliche oder die Philosophische Fakultät zu entscheiden. Entschied mich zum Phil-einer, Wirtschaftsgeschichte und Soziologie kamen dazu. Unregelmässiges Studium – war zwei Jahre Präsident des Verbandes Schweizerischer Studentenschaften, wobei die schönste Tat das erste Stipendium der Schweizer Studenten für einen Negerstudenten in Südafrika war. Lernte Sitzungen präsidieren und Kommissionen bilden, stellte Ordnungsanträge und wurde überstimmt, war dafür in Nancy, Paris, Berlin, Kopenhagen, London, Edingburgh - immer in der Studenten-Uno. Genoss die Vorzüge des Funktionärs und litt unter dem Managertum ohne Bühlerhöhe oder ein anderes Sanatorium.
Verschiedene Male gründete ich Europa. Wurde für eine Amtsperiode Mitglied der Schweizerischen Unesco-Kommission. Leitete das Petitionskomitee für die Mitarbeit der Schweiz in Europa. Eines Tages entschloss ich mich dann – viel später – Nomade zu sein, und wählte als Wüste Europa.
Was ich schreib und was ich mit dem Schreiben treib, das wissen Sie – sonst fällt mir nichts mehr ein – doch: ich bin glücklich, dass es nur zwei Geschlechter gibt.
Aus diesen Angaben ist ein Briefhock geworden.
Noch einmal meinen Dank.
Ich werde Ihnen aus Griechenland eine oder zwei Sachen schicken für die Literaturseite – nichts Kritisches, aber hoffentlich Drucktüchtiges.
Mit den besten Grüssen
Ihr Loetscher
Der Brief wird hier zum ersten Mal veröffentlicht.
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