Sonntag, 28. Dezember 2008

Armeechef Nef als Sicherheitsrisiko

Sobli enthüllt Vorwürfe aus den Protokollen, die nie veröffentlicht wurden. Wenngleich diese Vorwürfe als einseitige subjektive Sicht gewertet werden müssen, geben sie uns zu denken. Erinnern wir uns doch noch an die ständigen Zusicherungen des Ex-Verteidigungsministers Schmid, der stets so getan hat, als sei "sein" Armeechef unschuldig, so lange er nicht verurteilt sei. Dass sich der Armeechef mit Geld gleichsam losgekauft hatte, wurde zu wenig berücksichtigt.

Ich zitiere aus Sonntagsblick:

So gefährlich war Nef wirklich

Die GPK-N sah nämlich «ein erhebliches Interesse an der Beantwortung der Frage, ob tatsächlich ein Risiko für die Sicherheit der Schweiz bestanden habe». Doch die Kommission musste die Frage offenlassen: «Da uns Herr Nef die Akteneinsicht verweigerte, konnten wir dieses nicht abschätzen», so CVP-Nationalrat und Kommissionspräsident Ruedi Lustenberger (58).

Was der GPK-N verwehrt blieb, konnte der SonntagsBlick jetzt nachholen: in einen bisher nicht bekannten Teil der Strafakte Einblick nehmen und feststellen, dass Roland Nef aller Wahrscheinlichkeit nach ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellte.

Bisher war bekannt, dass der Armeechef vor seiner Wahl seiner ehemaligen Lebenspartnerin das Leben für eineinhalb Jahre zur Hölle gemacht hatte.

Heute steht fest: In der Akte Nef sind gravierende Vorwürfe seiner Ex-Partnerin protokolliert. Sie behauptet, dass Nef bereits während der dreijährigen Beziehung Charaktereigenschaften an den Tag gelegt habe, die ihn hätten erpressbar machen können: So sei er mit seiner Sexualität nicht zurechtgekommen, habe sich immer mal wieder bis zur Bewusstlosigkeit betrunken und ein ebenso unberechenbares wie unbeherrschtes Verhalten an den Tag gelegt.

Sexualität

Grosse Beziehungsprobleme hätten sich, so das Protokoll, immer wieder aus der sexuellen Veranlagung von Nef entwickelt. Seiner Ex-Partnerin sei in den Ferien im Tessin aufgefallen, dass er pausenlos SMS von einem Freund erhalten habe. Als sie ihn darauf ansprach, «flippte er das erste Mal so richtig aus». Ein paar Monate später habe Nef dann zugegeben, dass «seine Beziehung zu Männern nicht ganz normal sei», halten die Akten fest.

Ausraster

Nef habe öfter die Beherrschung verloren. So zum Beispiel an Weihnachten 2004, als er einen Gartentisch nicht zusammenbauen konnte, deshalb in «eine absolute Krise» geraten und ausser sich vor Wut gewesen sei. Als die Gäste zur Feier kamen, darunter auch Kinder, soll Nef komplett ausgerastet sein. Er habe seine damalige Freundin als Hure beschimpft, die «es in der neuen Wohnung am Boden mit zahlreichen Männern treiben würde» und vor allen Gästen behauptet, seine Ex meine, «er würde Männer ficken».

nef ausraster an weihnachten teaser t

Der Tobsuchtsanfall soll sich über zwei Stunden hingezogen haben und so heftig gewesen sein, dass die Gäste sowie die Ex Angst bekommen und schliesslich alle Messer im Haus versteckt hätten. «Wir wussten nicht, ist er jetzt durchgedreht. So, wie er damals ausrastete, da trauten wir ihm alles zu. Ich hatte Angst vor dem Unberechenbaren», vermeldet das Aussageprotokoll.

Alkohol

Nef habe auch immer wieder Alkoholabstürze gehabt. Die Aussage seiner damaligen Lebensgefährtin: «Er trank teilweise so viel, dass er sogar das Bewusstsein verlor. (...) 2003 waren wir im Hotel, er trank und plötzlich schauten seine Augen nach oben und er kam nicht mehr zu Bewusstsein. Das jagte mir einen riesigen Schrecken ein.»

Die Akten zeichnen das Bild eines Mannes, der sich nicht im Griff hat, den vor allem massive sexuelle Prob­leme plagten. Entspricht dieses Bild der Wahrheit, wäre dieser Mann als Armeechef ein grosses Sicherheitsrisiko für die Schweiz gewesen.

Davon sind auch Experten überzeugt. «Jemanden, der so unbeherrscht und unberechenbar ist, kann man auch erpressen; eine weitere Verletzlichkeit ergibt sich aus dem Verdacht auf homosexuelle Neigungen», so der renommierte Strafrechtsprofessor Stefan Trechsel (71).

Der Psychologe Allan Guggenbühl (56) macht sich zudem Gedanken über eine militärtypische Tabuzone: «In Militärkreisen kann schon der unberechtigte Verdacht der Homosexualität sofort ein Riesenproblem werden, weil es eben Vorurteile gibt. Dazu kommt, dass die Gesellschaft Führungspersonen gerne moralisiert.»

Die GPK-N sieht in ihrem Bericht noch ein anderes Erpressungspotenzial: Um kompromittierende Medienberichterstattung mit hohem «Spektakelwert» zu vermeiden, könne die betreffende Person zu Handlungen gezwungen werden, die der öffentlichen Sicherheit schaden.

Roland Nef will sich zu diesen Dingen nicht mehr äussern. Und sein Anwalt Bernhard Rüdy weist darauf hin, «dass die Inhalte polizeilicher Befragung nicht dem entsprechen, was von Zeugen erwartet wird, nämlich die Wahrheit zu sagen». Was SonntagsBlick aus «einseitigen Äusserungen einer Partei in einem Strafverfahren ableiten will» sei «in hohem Masse unprofessionell».

Weniger Mühe mit dem media­len Interesse zeigt der zustän­dige Zürcher Leitende Staats­anwalt Hans Maurer. Er betonte gegenüber «Beobachter Online»: Armeechef Nef stehe «als einer der Hauptverantwortlichen für die Landessicherheit klarerweise im öffentlichen Interesse und muss sich in dieser Position zudringliche Recherchen, auch wenn diese allenfalls sein Vorleben betreffen, gefallen lassen». Das gelte auch, wenn Nef inzwischen nicht mehr im Amt sei.

Zwei Instanzen hätten Nefs Ernennung zum Armeechef stoppen können. Eine ist die Zürcher Staatsanwältin Judith Vogel (46). Sie untersuchte die Strafanzeige gegen Nef wegen Nötigung und anderer Delikte.

Die andere war die Fachstelle für Personensicherheitsprüfung des Bundes, die Nef auf Herz und Nieren überprüfen sollte.

Die Staatsanwältin wusste alles über die Verdachtsmomente gegen Nef und unternahm nichts. Die Prüfer der Fachstelle dagegen wussten wenig und taten kaum etwas, um mehr in Erfahrung zu bringen.

Hätte nicht ein Unbekannter die Vorwürfe gegen Nef publik gemacht, er wäre noch heute ­Armeechef. Ein Armeechef mit erheblichem Erpressungspoten­zial.

Paradox: Es musste gleichsam Recht gebrochen werden, um dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen.

Blicks Psychodoktor weiss was zu tun ist, wenn jemand ausrastet:

Feiertage sind heikel. Das wissen auch die Gäste von Ex-­Armeechef Roland Nef. Weil dieser an Weihnachten 2004 beim Zusammenbau eines Gartentischs kläglich scheitert, gerät er in «eine absolute Krise» – so damals seine damalige Lebensgefährtin.

Der hohe Militär rastet komplett aus. Vor den Gästen, darunter auch Kinder, soll Nef seine Freundin als Hure beschimpft haben. Und vor allen Geladenen behauptet haben, seine damalige Partnerin meine, «er ficke Männer»

Über zwei Stunden soll Nef getobt haben. So sehr, dass die Gäste aus Angst alle Messer im Haus versteckt hätten.

Was kann man als Gast tun, wenn einer derart «neft»?

«Ruhig bleiben. Nicht reagieren. Nichts sagen. Den Tobenden ignorieren, um die Eskalation nicht noch zu schüren», rät Notfall-Therapeut Peter Fässler-Weibel. «Notfalls Hilfe anfordern oder die Polizei rufen.»

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Meist seien es ältere Geschich­ten, die das Fass dann zum Überlaufen brächten.

Streitereien und Ausraster könnten verhindert werden, wenn man diese Menschen sofort auf ihr seltsames oder mürrisches Verhalten aufmerksam mache, sagt der Notfall-Therapeut. «Dann heisst es, jemanden auf seine Schwierigkeiten anzusprechen. Und zwar sofort.» Vielfach würden die Menschen aber Konzessionen machen, dem Frieden zuliebe. Das sei falsch. Fässler-Weibel: «Offen fragen: Was beschäftigt dich? Was plagt dich? Was sind deine Sorgen?» Die Gespräche sollen immer positiv an­gegangen werden. «Vorwürfe sind absolut fehl am Platz.» Dann klappt sogar die Montage eines Gartentischs ohne Ausraster.

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