Montag, 8. September 2008

Das Internet erleichtert Plagiate

Ich sehe es tagtäglich. Die online-Presse verleitet viele Autoren, geistiges Eigentum abzukupfern. Auch wir profitieren, vom grossen Angebot. Doch halten wir uns strikte an die Regel, Quellen und Zitate zu bezeichnen. Wer eine Diplomarbeit schreibt, unterligt der Versuchung aus dem Netz, erarbeitetes Wissen zu übernehmen, umzuschreiben oder sogar direkt zu copieren. Angeblich ist die Möglichkeit eingeschränkz mit entsprechenden Programmen Plagiate zu entlarven.

Ich zitiere Tagi-online:

Uni-Arbeiten im Kopier-Test

Um das Abschreiben aus dem Netz zu verhindern, setzen Schulen und Unis vermehrt Software zur Plagiatserkennung ein. Die gefürchtete Wunderwaffe sind die Programme nicht.

Achtung, Copy Catch: Arbeiten von Zürcher Jura-Studenten werden elektronisch eingereicht und geprüft.

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Achtung, Copy Catch: Arbeiten von Zürcher Jura-Studenten werden elektronisch eingereicht und geprüft. Bild: Keystone

Programme im Einsatz

Mittel-, Berufs- und Hochschulen wenden bereits Software zur Erkennung von Plagiaten an. Folgende vier Produkte sind im Einsatz:

  • Docoloc: Wird angeboten von der Technischen Universität Braunschweig. Zu prüfende Arbeiten werden zu Docoloc übermittelt. Dieses prüft die Arbeit auf übereinstimmende Stellen mit Texten im Internet. Solche werden markiert und mit Prozentangaben an Übereinstimmungen und Links zu den Originalquellen zurückgesandt. Bei mehr als 12 Prozent Übereinstimmung sei von einem Plagiat auszugehen, so die TU Braunschweig. Die Suche basiert auf der Datenbasis von Google. Was Google nicht findet, findet auch Docoloc nicht. Dazu gehören insbesondere Inhalte zahlungspflichtiger Archive wie das bei Schülern beliebte Hausarbeiten.de. Zusätzlich zum Internetvergleich legt Docoloc die geprüften Arbeiten in ein Archiv ab. Auch dort sucht Docoloc nach Übereinstimmungen.

  • Turn it in: In der Funktionsweise gleich wie Docoloc. Der Server ist in Oakland, Kalifornien, stationiert. Im Einsatz bei der Hochschule St. Gallen

  • Copy Catch Gold: Wird angeboten von der University of Liverpool. Dient vor allem zur Entdeckung von klassischen Spickern. Copy Catch wird lokal installiert und vergleicht elektronisch verfasste Arbeiten auf Ähnlichkeiten untereinander. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich setzt diese Software beispielsweise ein, wenn Fallbearbeitungen geprüft werden müssen, bei denen allen Prüflingen die gleiche Aufgabe gestellt worden ist.
  • Plagiarism-Finder: Wird auf lokalem Rechner installiert und vergleicht dort gespeicherte Dateien mit Inhalten aus dem Internet. Keine zentrale Speicherung von Arbeiten möglich. Wird eingesetzt von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich, um kopierte Onlineinhalte zu erkennen.

Der Grossteil der Studierenden an der Universität Zürich muss sich vorerst keine Sorgen machen, dass seine Arbeiten auf abgeschriebene Passagen geprüft werden. Zumindest nicht maschinell. Zwar hat die Universität Zürich Anfang Jahr eine Arbeitsgruppe gebildet, um verschiedene Softwares zur Erkennung von Plagiaten zu testen. Doch das Fazit der Arbeitsgruppe ist ernüchternd:

Keines der sieben geprüften Antiabschreibprodukte genügt den universitären Anforderungen.

Eine zentralen Antiplagiatslösung auf Software-Basis kann deshalb nicht wie geplant auf Beginn des Herbstsemesters von nächster Woche eingeführt werden. Die Software-Prüfer unterbreiten der zuständigen Kommission in zwei Wochen Vorschläge zum weiteren Vorgehen. Diese reichen von der zentralen Bereitstellung von zwei sich ergänzenden Programmen bis hin zum Status quo: Jedes Institut entscheidet weiterhin selber, ob und wenn ja, welches Plagiatserkennungsprogramm beschafft werden soll.

Prüfung für 1 Franken pro Schüler

Eine der beiden Anti-Schummler-Softwares, die an der Uni Zürich noch nicht ganz durchgefallen sind, heisst Docoloc und ist an vielen Mittelschulen bereits im Einsatz. Das Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich stellt im Rahmen des Projektes «Copy-Stop» seit April allen Gymnasial- und Berufsschullehrern ein Web-Interface zur Verfügung, über das sie Schülerarbeiten testen lassen können. Der Vorgang ist simpel: Die Lehrer schicken die Arbeiten an den Docoloc-Server. Dort werden sie archiviert und auf übereinstimmende Textstellen in bereits eingeschickten Arbeiten verglichen. Zusätzlich sucht Docoloc nach Überschneidungen mit Texten im Internet. Mutmasslich plagiierte Stellen werden markiert und dem Lehrer mit dem Link auf die Originalarbeit angegeben.

Projektleiter Martin Ludwig lädt alle Schweizer Schulen zum Mitmachen ein. Für einen Franken pro Schüler können sie das Angebot nutzen. «Je mehr Schulen mitmachen, desto mehr Arbeiten können wir vergleichen, desto schwieriger wird es für die Schüler, ihre Werke untereinander zum Abschreiben auszutauschen», sagt Ludwig. Seine Mission hat Erfolg. Gymnasien und Berufsschulen der Kantone Bern, Thurgau und Aargau haben sich angemeldet. Das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBF) überlegt sich, die Prüfungsarbeiten der Eidgenössischen Matur ab nächstem Frühling ebenfalls über das Projekt «Copy-Stop» der Mittelschulen zu testen.

Für Universitäten untauglich

Der Haken an der Sache: Die Plagiatserkennungsprogramme sind unzuverlässig. Docoloc leistet zwar gute Dienste zur Sensibilisierung und Prävention an Mittelschulen, wie Martin Ludwig sagt: «Die Zitierdisziplin bei den Schülern hat seit massiv zugenommen.» Doch Schüler schreiben hauptsächlich unbedarft von Wikipedia oder untereinander ab. Auf universitärem Niveau stossen die Programme an ihre Grenzen. «Wenn jemand einen Text übersetzt, ist nichts zu machen. Das erkennt kein Programm. Auch Inhalte kostenpflichtiger Archive im Internet werden nur teilweise durchsucht», sagt Roberto Mazzoni, Leiter der Evaluationsgruppe für Anti-Plagiats-Software an der Universität Zürich. Grafiken oder in Bilddateien abgespeicherte Tabellen erkennen die Programme nicht. Bei spezielleren Inhalten wie beispielsweise Programmiersprache oder chemischen Formeln ist auch Endstation. Werke von Ghostwritern sind sowieso nicht zu erkennen. Schwierig sind auch die Datenschutzfragen, weil die Inhalte beim Software-Anbieter überprüft und gespeichert werden. «Bei universitären Disziplinen wie der Psychologie oder der Medizin sind die in den Arbeiten enthaltenen Daten teilweise derart sensibel, dass die Arbeiten nicht in externe Datenflüsse eingespeist werden dürfen», sagt Mazzoni.

Fraglich ist überdies, ob die Programme nicht Mehraufwand verursachen. An der Hochschule St. Gallen werden seit zwei Jahren alle Diplom- und Semesterarbeiten mit dem Programm «Turn it in» gecheckt. Laut dem verantwortlichen Informatiker Klaus Edel sind 90 Prozent der vom Programm gemeldeten Arbeiten sogenannte «false positives» und werden nach einer ersten Einschätzung nicht an den entsprechenden Dozenten zur eingehenden Prüfung weitergeleitet.

Unis fast schummelfrei

Überwältigend gross dürfte die Zahl der Schummler auf universitärer Stufe ohnehin nicht sein. Zur Illustration: An der Universität Zürich sind im Jahr 2006 bei über 23'000 Studierenden sechs Plagiatsfälle sanktioniert worden. An der Universität St. Gallen sind es bei 5000 Studenten laut Edel zwischen einem und zwei Fälle jährlich.

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