Woher kommt die neue Lust am spirituellen Sound?
"Dort", sprach Papst Benedikt XVI. im Stift Heiligenkreuz im Wienerwald, dort "wo wir miteinander singen, Gott preisen, feiern und anbeten, wird ein Stück Himmel auf Erden anwesend".
Dieses Stück Himmel kann man kaufen, im nächsten Plattenladen. Denn dort steht "Chant – Music for Paradise", die auf CD gepressten Gesänge der Mönche eines österreichischen Zisterzienser-Klosters nun neben Amy Winehouse und den Ärzten.
Seit Wochen tummelt sich "Chant" an der Spitze der deutschen Charts, jetzt gibt es für 100.000 hierzulande verkaufte Alben sogar den Goldstatus.
In Österreich war man Nummer Eins; selbst in Großbritannien, wo sonst der Britpop regiert, stiegen die Brüder bis auf Platz Sieben der Hitlisten. Die Lateinisch singenden Mönche sind erst der dritte, nun, wie soll man sagen, Act aus Österreich, der es in die Top Ten im Königreich des Pop geschafft hat.
Die Medien stürzten sich dankbar auf das Thema, garantierten die Stiftsbrüder doch pittoreske Bilder: Popstars in heller Ordenstracht vor mächtigen Klostermauern. Weil die Zisterzienser aber nicht auf Tournee gehen wollen und sogar einen verkaufsfördernden Auftritt bei "Wetten dass…?" ablehnten, wurde ersatzweise der vom Kloster für die Pressearbeit abgestellte Bruder zum Medienstar: Pater Karl in der "taz", Pater Karl in der "Zeit", Pater Karl im Branchenblatt "Billboard", Pater Karl bei YouTube.
Gregorianische Gesänge sind nicht zum ersten Mal ein Chart-Erfolg. Der notorische Michael Cretu, sonst Produzent piepsiger Disco-Tracks seiner Frau Sandra, stürmte unter dem Projektnamen Enigma bereits in den frühen neunziger Jahren die Hitlisten, indem er Versatzstücke aus geistlicher Musik mit tanzbaren Beats kombinierte. Seitdem schlachten elektronische Musikrichtungen wie Ambient den religiösen Fundus aus und bedienen ein irgendwie spirituell bewegtes New-Age-Publikum.
Im Gegensatz dazu sind auf "Chant" die gregorianischen Gesänge der Heiligenkreuzer bewusst unverfälscht aufgenommen. Wahrscheinlich ist es gerade diese Schlichtheit, das Versprechen auf Reinheit und Wahrheit, das den massenhaften Verkauf erklärt. Denn auch Nichtgläubige finden in dieser Musik Erholung von der Hatz des Alltags: "Chant" als Turbo-Meditation für gestresste Großstädter.
Himmlische Idee, irdischer Erfolg
In religiösen Kreisen gehen die Meinungen auseinander, wie mit dem Boom umzugehen sei. Man debattiert darüber, wie die zum Teil mehr als zweitausend Jahre alten Gesänge präsentiert werden sollen, ja ob sie außerhalb von Kirchenmauern überhaupt erklingen dürfen.
Die neuen Popstars aus dem Wienerwald freuen sich auf ihrer Website derweil, dass nun "Melodien, die Himmel und Erde verbinden, in die Welt hinaus" gehen. Und dass die mit dem "Wunder dieses Plattenvertrages" einhergehenden Umsätze dazu beitragen, das gotische Kloster zu erhalten, den Aufenthalt von Priesterstudenten aus Sri Lanka oder Afrika zu finanzieren und die Mönche überhaupt "mit dem Geld sogar noch Gutes tun können".
In jedem Fall aber gilt, was der oberste Hirte erklärte, als er die Heiligenkreuzer im vergangenen September besuchte. Im gesungenen Gebet, predigte Papst Benedikt, "fallen dabei wie von selbst Erschöpfung und Bedrückung von uns ab".
Wenn Musik das kann, dann kann Musik schon sehr viel.
Kommentar: Musik ist auch Kommunikation. Ich finde die Schlichtheit und Reinheit der gregorianischen Gesänge etwas Erhabenes. Es ist eine Musik, die unsere Stimmung positiv beeinflusst. Persönlich geniesse ich diese Klänge dann, wenn ich mich entspannen will.
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