Freitag, 29. Februar 2008

Kunst und Kuschen

Ich zitiere aus Bild online:

29. Februar 2008

KULTURKAMPF IN BERLIN

"Sonst fliegen Steine!"

Eine deutsche Premiere im Kampf der Kulturen:

Muslime sorgten mit Drohungen dafür, dass eine satirische Plakat-Ausstellung geschlossen wurde. Die Behörden verfallen in Schockstarre - dabei geht es um nichts weniger als die Kunstfreiheit.

Künsteler versuchen oft verzweifelt das, was seit dem Dadaismus die Pflicht eines modernen Künstlers ist – zu provozieren.

Einer Gruppe dänischer Künstler ist das in Berlin mit politischen Plakaten gelungen. Allerdings hat es sich die Künstlergruppe "Surrend" ziemlich einfach gemacht. Sie stellte in einer kommunalen Berliner Galerie ein Plakat aus, auf das strenge Muslime nichts anderes reagieren können, als sich aufzuregen.

BERLINER SURREND-AUSSTELLUNG: KUNSTFREIHEIT UNTER BESCHUSS

Stein des Anstoßes ist buchstäblich ein Stein - nämlich die Kaaba in Mekka, das zentrale Heiligtum aller Muslime. Auf einem der Plakate sind die Kaaba und sie umrundende Pilger abgebildet, dazu der große Schriftzug "Dummer Stein". Daneben hängt das Plakat eine orthodoxen Juden mit schwarzem Hut, der Kommentar "Dummer Hut": Eher plumpe Provokationen, die der Plakatkünstler Klaus Staeck gleichwohl bei der Eröffnung der Ausstellung am 22. Februar feierte.

Die Wirkung dieser Schmähung der Kaaba konnte eigentlich nicht sonderlich überraschen: Am Dienstag entdeckten zwei junge Musliminnen das Plakat. Sie erklärten Galeriemitarbeitern, dass es ihre Religion beleidige und dass es abgehängt werden sollte. Dann fotografierte sie es mit ihren Handys. Mit diesen digitalen Beweismitteln fiel es ihnen nicht schwer, an der benachbarten Döner-Bude Verstärkung zu mobilisieren.

Schließlich forderte ein eine Handvoll aufgebrachter muslimischer Männer das sofortige Abhängen des Plakats: "Sonst fliegen Steine!"

Politiker und Beamte verfielen prompt in Panik

Die Galerie Nord liegt im einstigen Arbeiterviertel Moabit, wo muslimische Migranten, vor allem aus der Türkei, streckenweise das Straßenbild beherrschen.

"Die Situation wurde bedrohlich", berichtet ein Mitarbeiter der Galerie. Der Künstlerische Leiter gab daraufhin nach.

Zunächst wurde das Kaaba-Plakat abgenommen, dann entschied er in Absprache mit einem der dänischen Künstler, die Galerie vorerst zu schließen. Angriffe auf Mitarbeiter wollte man nicht in Kauf nehmen. Die für die Ausstellungsräume verantwortlichen Politiker und Beamte des Bezirkes Mitte verfielen prompt in Panik und äußern sich seitdem nicht mehr zu dem Fall.

"Die Freiheit der Kunst gehört zu unseren Grundrechten", begründet dagegen der Berliner Kulturstaatssekretär Andre Schmitz die Notwendigkeit der Wiedereröffnung, "auch wenn Kunst provoziert und Grenzen überschreitet." Auch die Akademie der Künste hat sich mit den dänischen Künstlern solidarisiert.

"Meine Solidarität gilt allen Künstlern und in den Medien Tätigen, deren Arbeit durch gewalttätige Andersdenkende bedroht wird", erklärte Akademiepräsident Klaus Staeck am Freitag in Berlin, der bereits gestern die Drohungen als "völlig unakzeptabel" bezeichnet hatte.

Am Montagmorgen werden sich die Mitarbeiter der Galerie, mit Politikern und Polizisten zusammensetzen, um zu besprechen, wie die Ausstellung geschützt werden soll. Ohne ständige Polizeipräsenz wird es wohl nicht gehen.

Am Dienstag wollen die Ausstellungsmacher die Galerie wieder öffnen. Sie sehen die Plakate als Kritik an fundamentalistischen Vertretern aller Religionen und nicht an moderaten Muslims.

Die Ausstellungsmacher und die Künstler wollen sich nicht einschüchtern lassen und dem Druck der Muslime beugen. Der Name der Künstlergruppe "Surrend" dient dabei als Omen. "We will never surrrender", sagte jedenfalls Winston Churchill.

Kommentar: Immer wieder zeigt sich, dass Meinungsfreiheit, künstlerische Freiheit einerseits und Religionsfreiheit anderseits kaum unter einen Hut gebracht werden können.

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