Mittwoch, 19. August 2020

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19.08.2020 - Marcus Knill

Der Wert der Präsenz-Kommunikation

Zuschauer machen Sport zum Erlebnis, ebenso Konzerte oder Kinobesuche. Das machte die Coronakrise deutlich.

 

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Corona machte die Bedeutung des Publikums bewusst. Dialogische Kommunikation lebt vom direkten Austausch mit dem Gegenüber. Indirekte Kommunikation kann den Live-Dialog nicht ersetzen. Im Sport spielen Emotionen, Fans, Stadien mit Zuschauern vor Ort eine wichtige Rolle. Das hat sich in diesen Zeiten eindrücklich bestätigt. Spielen ohne Zuschauer oder mit nur wenigen Besuchern fehlt ein wesentliches Element. In der New York Times wird dies ausgesprochen: «Es ist zum ersten Mal, dass man den wirklichen Wert von Live-Zuschauern anerkennt.»

Ähnliches ist auch in der Lehre der Fall. Bei Vorlesungen vor leeren Bänken oder virtuell vor einer Kamera fehlen wichtige Komponenten. Das gilt auch in der Kunst oder Musik oder beim Film. Ein Museumsbesuch ist eine völlig andere Erfahrung, als sich ein paar Bilder auf dem Computer anzusehen. Musik in einer Tonhalle mit Publikum ist ebenfalls ein besonderes Erlebnis. Ein Konzert lebt nur mit Menschen, die Stimmung machen. Ein Kinoerlebnis gemeinsam mit einem Publikum ist nicht zu vergleichen mit dem Konsum des Films im Fernsehen.

Im New-York-Times-Artikel wird Travis Vogan, ein Professor aus Iowa, der Medien im Sport studiert, zitiert: «Das Publikum legitimiert die Erfahrung. Man ist verbunden mit anderen Leuten, die dem Ereignis nahe sein wollen.» Auch das Fernsehen weiss das. Oft zoomen Kameras in die Menge, um die Emotionen zu erfassen und zu vermitteln. Es geht um die Atmosphäre. Als Alternative zu Fans hat man während der Krise versucht, in Stadien Plakate oder Puppen aufzustellen – oder es wurden mit dem Computer generierte Fans eingeblendet. Das alles funktionierte nicht. Zu Recht sprechen wir von Geisterspielen.

Meine Erkenntnis: Das Fehlen des konkreten Gegenübers macht uns eindrücklich bewusst, dass bei allen Kommunikationsprozessen die Emotionen eine zentrale Rolle spielen. Beim Fernunterricht oder beim Coaching über den Bildschirm fehlen die dreidimensionalen Face-to-Face-Erlebnisse mit Geruch, die paraverbalen Signale und der Originalton. Nebengeräusche haben bekanntlich einen grossen Stellenwert. Dank Corona wurde uns der Wert des Live-Publikums, das heisst der Präsenz von Akteuren, verdeutlicht.



Marcus Knill ist Experte für Medienrhetorik und Autor der virtuellen Navigationsplattform für Kommunikation und Medien rhetorik.ch.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 

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