Verkaufstechnik: Die Kunden werden manipuliert
Zwei Drittel unsere Entscheide im Supermarkt sind nicht geplant
«Im Detailhandel gibt es fast keine
Zufälle», erklärt Vito Tommasini, Leiter Verkaufstechnik bei der Migros
Zürich (siehe Video). So gut wie alles sei darauf ausgerichtet, dass die
Kunden sich wohlfühlen und gut zurechtfinden. «Nur dann kaufen sie gern
ein und kommen wieder.»
Diese Überlegung kommt nicht von ungefähr: Laut Neurowissenschaftlern ist es unser
Unterbewusstsein, das mehr als 85 Prozent aller Kaufentscheide fällt.
Zwei Drittel dieser Entscheide sind nicht geplant, sondern erfolgen
spontan. Das machen sich die Läden zunutze.
Ein Statement für Frische und Saisonalität
Die Verführung beginnt schon im Eingangsbereich, wo einen frische
Früchte und Gemüse Willkommen heissen. «Mit einer schönen Präsentation
dieser Produktgruppe stellt der Laden seine Kompetenz unter Beweis», so
Wirtschaftspsychologe Stefan Ryf von der Kalaidos Fachhochschule.
Sind diese knackig und hochwertig, geht man davon aus, dass auch die
später im Laden folgenden Produkte von hoher Qualität sind.
Indem
der Kunde hier seine Waren selbst auswählen und abwiegen kann, «senkt
er das eigene Einkaufstempo», so Tommasini. Das Resultat: Die Kunden
nehmen sich mehr Zeit, die Auslage zu studieren – hier und auch in den
folgenden Abteilungen. Kurz: Es soll die Verweildauer im Laden erhöhen.
Denn je länger die Kunden im Laden sind, desto mehr kaufen sie auch.
Orientierung führt zu Wohlgefühl
Dass auf den Obst- und Gemüsebereich Brot, Fleisch, Fisch und Käse –
alles im Offenverkauf – folgen, trägt laut dem Ladenbau-Experten
ebenfalls dazu bei: «Wir wollen damit den Eindruck eines Marktplatzes
erwecken.» Ein solcher wirke sympathisch. Ausserdem würde der Bereich so
als Ort der Begegnung angenommen: «Die Kunden können hier miteinander
ins Gespräch kommen, sich über Produkte austauschen und sich gegenseitig
Einkaufstipps geben.» Breite Gänge trügen ihren Teil dazu bei.
Auf
die offenen Lebensmittel folgen in der Regel abgepackte. Danach gelangt
der Kunde in den Non-Food-Bereich, bevor es schliesslich zur Kasse
geht. Diese immer wiederkehrende Abfolge dient wie auch die
vergleichbare Regalanordnung der Produkte in den verschiedenen Filialen
der Orientierung, so dass der Supermarktbesucher das Gesuchte immer
schnell findet. «Da sich die wenigsten Kunden länger als nötig im Markt
aufhalten möchten, ist dies ein klares Plus für das Geschäft», so Stefan
Ryf.
Kluge Platzierung
Doch ein bisschen Abwechslung darf es schon sein. Deshalb
präsentieren die Detaillisten ein regelmässig wechselndes Angebot an
Aktionsware. Dies wird entweder an den Endzonen der langen Regale oder
auf sogenannten thematischen Inseln präsentiert, die beispielsweise
durch Wühltische oder Schilder gekennzeichnet sind. Sie erregen
zusätzlich Aufmerksamkeit, indem sie die Laufwege bremsen.
In
den meisten Fällen werden die Kunden linksherum zur Kasse geleitet,
weil es Menschen laut Forschern so am liebsten haben. Deshalb platzieren
die Verantwortlichen die verführerischen Angebote auf der rechten Seite
– der unbewussten Blickrichtung der Kunden. Aus gutem Grund, wie Ryf
weiss: «Produkte und Angebote, die rechts von der Laufrichtung des
Kunden platziert werden, werden eher wahrgenommen und machen so mehr
Umsatz.»
Ein Klassiker der Supermarkt-Manipulation stellt die sogenannte Quengelware dar, die stets im Kassenbereich positioniert ist. «Bei den Kassen finden sich Produkte, die sonst untergehen würden», erklärt Tommasini. Um leidgeplagten Eltern entgegenzukommen, würde die Migros aber in immer mehr Märkten ausgewiesene süsswarenfreie Kassen einführen.
KOMMENTAR:
Licht, Musik und Düfte beeinflussen das Kaufverhalten ebenfalls.
Wie werden Mitmenschen, Zuhörer und wir selber beeinflusst, überzeugt oder
manipuliert? Ob wir es wahr haben wollen oder nicht: Es gibt keine Immunität ...
www.rhetorik.ch/Beeinflussen/Beeinflussen.html
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