Mittwoch, 18. Dezember 2013

Hat Merkel zwei Mal das Wort gebrochen?

Lindner weist nach, dass die Kanzlerin zwei Mal wortbrüchig geworden ist.

Bei Koalitionsverhandlungen kommt es immer zu Kompromissen.
Wenn jedoch eine Partei dank eines Versprechens gewählt worden ist, dürfte sie dieses wichtige Versprechen (Eliminieren der KALTEN PROGRESSION) nicht einfach so über Bord werfen.

 Kalte Progression ist legale Enteignung!

Ich zitiere SPIEGEL:

Um was geht es?

Im deutschen Steuersystem kommt es bei Einkommenserhöhungen zu einem Anstieg der durchschnittlichen Steuerbelastung. Dieser als Progression bezeichnete Effekt entsteht unter anderem, weil mit der Einkommenshöhe die tariflichen Steuersätze ansteigen.
Das gilt auch für den Fall, dass das Einkommen eines Steuerpflichtigen nur in Höhe der Inflation steigt, das reale Bruttoeinkommen also unverändert bleibt. Und genau diesen Steueranstieg bei einer nur inflationsausgleichenden Einkommenserhöhung nennt man "heimliche Steuererhöhung" oder "kalte Progression". (Hier ausführlich erklärt.

Untere und mittlere Einkommen am stärksten betroffen
Der Effekt der kalten Progression entsteht vor allem durch den steilen Anstieg der Tarifprogression im unteren und mittleren Einkommensbereich. Hier steigen die Steuerbelastungen deutlich stärker als die zugrundeliegenden Bruttoeinkommen, hier kann sogar eine Reallohnsenkung (die Preise steigen stärker als der Lohn) mit einer höheren Steuerbelastung verbunden sein.
Besserverdiener dagegen sind weniger betroffen, weil für Einkommen über dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent respektive 45 Prozent keine Progression greift, und das heißt eben auch: keine kalte Progression.
Lindner: Von den Gehalterhöhungen unserer Bürger profitiert künftig "am meisten" der Fiskus. Dieser werde so bis 2017 rund 17,5 Milliarden Euro mehr einnehmen: Das sei die erste, das sei die "heimliche Steuererhöhung der Großen Koalition"!
"Angela Merkel hat zweimal den Bürgerinnen und Bürgern die Dämpfung der kalten Progression versprochen und zum zweiten Mal bricht sie hier ihr Wort gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern."
Der Blick in das Regierungsprogramm 2013-2017 von CDU und CSU gibt Lindner recht: Dort ist tatsächlich zweimal von der Abmilderung der kalten Progression die Rede. Etwa auf Seite 7:
"Wir wollen, dass Lohnerhöhungen, die dem Ausgleich von Preissteigerungen dienen, nicht mehr automatisch von einem höheren Steuertarif aufgezehrt werden. Mit der Abmilderung dieser sogenannten Kalten Progression schaffen wir mehr Leistungsgerechtigkeit und helfen gerade Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen."
Kein Wort darüber im Koalitionsvertrag
Aber im schwarz-roten Koalitionsvertrag findet sich dazu kein Wort mehr. Wie kommt das?

In der Vergangenheit, so Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), sind die progressionsbedingten Mehreinnahmen regelmäßig im Rahmen von Steuerreformen zurückgegeben worden. Insofern sieht er auch "keine Notwendigkeit für eine automatische jährliche Anpassung des Einkommensteuertarifs an die Inflation", wie etwa die Linken sie fordern.

Ein solches "Zurückgeben" hatte auch Schwarz-Gelb geplant und deshalb im Februar 2012 einen Gesetzesentwurf zur Abmilderung der kalten Progression vorgelegt. Den "nicht gewollten Steuerbelastungen" sollte durch eine "Korrektur des Einkommensteuertarifs entgegengewirkt" werden. Volumen: etwa sechs Milliarden Euro.
Vorgesehen war eine stufenweise, inflationsausgleichende Anhebung des Grundfreibetrags in zwei Schritten bis zum 1. Januar 2014 um insgesamt 4,4 Prozent und eine Anpassung des Tarifverlaufs im Bereich der Progressionszonen im gleichen prozentualen Ausmaß. 

Doch die SPD wollte dem Entwurf ohne eine Korrektur im oberen Tarifverlauf, sprich ohne eine Reichensteuer, nicht zustimmen. Das wiederum war ein No-go für Schwarz-Gelb. Die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat lehnte also den Entwurf zur Abmilderung der kalten Progression aus Gründen der Sparsamkeit, wie es hieß, und als "sozial unausgewogen" ab.

Die Liberalen - plötzlich sozial?
Der Vermittlungsausschuss winkte im Dezember 2012 schließlich nur die Anhebung des Grundfreibetrags durch. Die vier Milliarden Euro schweren Pläne zur Abmilderung der kalten Progression im Steuertarif brachten die Sozialdemokraten zur Strecke.

Auch in den Koalitionsgesprächen Ende 2013 konnten sich Union und SPD in Fragen der Steuerpolitik nur darauf einigen, erst einmal nichts zu unternehmen.
Lindner hat hier also einen Punkt: Während Merkel sich mit der FDP über eine Tarifkorrektur zugunsten der niedrigen und mittleren Einkommen einig worden war, gelang der Kanzlerin dies mit der SPD zumindest im ersten Anlauf nicht.
Es war übrigens nicht der "Süddeutschen Zeitung" zu verdanken, wie Lindner in seiner Kreuzberger Antrittsrede meinte, das die Summe von 17,5 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen, für die Jahre 2014 bis 2017 zusammengerechnet, bekannt ist, sondern dem Linken-Abgeordneten Richard Pitterle. Auf dessen "Kleine Anfrage" hin legte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Hartmut Koschyk, die Zahlen vor. Ein Ausriss hier.
Die Ergebnisse der Berechnungen zum Effekt der kalten Progression unter Berücksichtigung des in den folgenden Jahren geltenden Steuerrechts (...) lauten wie folgt:



Jahr Preisentwicklung gegenüber 2013
in %
Steuerbelastung durch kalte Progression
in Mio. Euro
2014 +1,79 770
2015 +3,51 3170
2016 +5,27 5580
2017 +7,06 8040

Allerdings, so fügte der Staatssekretär hinzu, ist der Effekt der kalten Progression durch die Grundfreibetragserhöhung im Jahr 2014 um rund 1,7 Milliarden Euro gedämpft worden. Und anzunehmende Freibetragsanpassungen der Jahre 2015 bis 2017 an das Existenzminimum sind hier nicht berücksichtigt.

Fazit: Die Kanzlerin ist im Koalitionsvertrag die versprochene Dämpfung der kalten Progression schuldig geblieben und leistet einer heimlichen Steuererhöhung Vorschub. Doppelter Wortbruch.
Note: Lindner hat recht

KOMMENTAR: Wenn es um die MACHTerhaltung geht, können zentrale Versprechen sang - und klanglos über Bord geworfen werfen. Das müssten sich die Stimmberechtigten merken.
Wer wählt, wählt kein Programm, sondern nur die Schachfiguren, die - einmal gewählt - nach eigenem Gutdünken das Spiel der Macht spielen dürfen. 

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