Bikini Fasnacht in Zürich
Heute Jubel, Trubel, Heiterkeit
in Zürich an der Street Parade
Die Kehrseite gibt es leider auch. Wenn die Stimmung kippt:
Nach 16 Uhr kocht es am Seebecken. Die ersten Lovemobiles haben das Kongresshaus passiert. Auf der Quaibrücke und dem Bürkliplatz drängen sich die halbnackten Leiber. Alles tanzt, schwitz – und trinkt noch immer Bier. Das Scheppern leerer Dosen ist häufiger zu hören genauso wie das Klirren von Glasscherben und das Martinshorn. Die Bewegungen werden fahrig, die Zunge schwer, die Konsonanten schleifend.
Rausch ausschlafen in den Seitenstrassen
An den Rändern der Parade sind die ersten Opfer des sinnlosen Besäufnisses zu sehen. Einer von ihnen versucht, eine Wurst zu essen. Weil es im Stehen nicht klappt, setzt er sich auf den Randstein. Beim Eintunken der Wurst in die Sauce rutscht ihm die Hand aus, er verliert das Gleichgewicht und kippt auf die Seite, wo er reglos liegenbleibt. Es ist inzwischen 16.30 Uhr und die Seitenstrassen sind immer mehr mit erschöpften Menschen gepflastert. Einige ruhen sich nur kurz aus. Andere sinken ganz weg. Selbst die Beats vom Seebecken können sie nicht aus ihrem Delirium wecken.
«Um diese Zeit müssen wir plötzlich mehr Leute behandeln. Die Fälle nehmen zu», sagt auch Urs Eberle, Sprecher von Schutz und Rettung Zürich. Mit Schnittverletzungen, Insektenstichen aber vor allem auch übermässigem Alkohol- und Drogenkonsum haben es die Rettungssanitäter vor Ort zu tun. «In diesem Jahr liegt die Zahl der Behandlungen, die wir bis 16.30 Uhr gemacht haben, sogar noch etwas höher als im Vorjahr», so Eberle. Insgesamt 160 Personen wurden bis zu diesem Zeitpunkt behandelt – 30 von ihnen wegen zu viel Alkohol und Drogen.
«Es kommt plötzlich der Moment, wo es zu viel wird»
Wie lässt es sich erklären, dass just um diese Zeit eine solche Metamorphose im Partyvolk stattfindet? «Es kommt eben plötzlich der Moment, wo es zu viel wird», sagt Eberle. Wer schnell viel trinkt, überholt seinen eigenen Körper. Entfaltet der ganze Alkohol seine Wirkung, ist es schon zu spät zum bremsen. «In diesem Jahr kommt noch die Hitze hinzu», meint Eberle. Zwar herrschen nicht mehr 34 Grad wie noch vor einigen Tagen. «Aber mit 25 Grad ist es immer noch sehr warm – vor allem, wenn man in der Menschenmasse und an der prallen Sonne tanzt.»
Und so ist es in diesem Jahr wie in den Vorjahren auch: Die Party hört für viel zu viele Street-Parade-Besucher auf, noch bevor das letzte Lovemobile im Mythenquai angekommen ist. Selbst warnende Sätze der Organisatoren wie «wer sich im Übermass mit Alkohol in Stimmung bringt, verpasst viel Schönes und hält nicht die ganze Parade durch» oder «die Atmosphäre in Zürich ist auch ohne übertriebenen Alkoholgenuss unbeschreiblich, einmalig und faszinierend» scheinen offenbar nicht zu fruchten. Wirklich zu schade! (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
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