Wann hat sie mit wem was abgesprochen? Eveline Widmer-Schlumpf während der Session im Nationalratssaal.
Bild: Keystone
Vor einem Jahr war die Welt der Banken noch in Ordnung. Das UBS-Debakel
war langsam vergessen, dank der Eurokrise spülte es Milliarden in die
Schweiz, trotz Löchern im
Bankgeheimnis.
Und vor allem hatte die Schweiz gerade einen Vertrag mit Deutschland
und Grossbritannien ausgehandelt, der via Abgeltungssteuer die Lösung
für die Hunderte von Milliarden Franken Schwarzgeld, das teilweise seit
Jahrzehnten in der Schweiz liegt, bringen sollte.
Schon neun
Monate später war alles vorbei, in der deutschen Länderkammer scheiterte
der Vertrag, im Finanzdepartement stand man vor einem Scherbenhaufen.
Doch noch wollte das niemand zugeben.
Eveline Widmer-Schlumpfs Partei,
die BDP, schrieb noch am 13. Dezember:
«Dieses Abkommen oder keines»,
und meinte weiter, die Ablehnung sei «keinesfalls ein Grund, von der
eingeschlagenen Strategie abzuweichen».
Informationsaustausch abgelehnt
Es
folgte ein atemberaubender Zickzackkurs. Bereits am 19. Dezember ging
Widmer-Schlumpf mit ihrer sogenannten Weissgeldstrategie in den
Bundesrat, offiziell wurde kommuniziert, der automatische
Informationsaustausch (AIA) werde nach wie vor abgelehnt. Am 20.
Dezember sagte sie an einer Medienkonferenz, man müsse über Alternativen
zur Abgeltungssteuer nachdenken, nämlich über den AIA.
Daraufhin
forderte FDP-Präsident Philipp Müller, man solle ihr das Dossier
entziehen.
Tags darauf erklärte Widmer-Schlumpf im
«SonntagsBlick», sie sei gegen den automatischen Informationsaustausch.
Kurz darauf sagte BDP-Vizepräsident Lorenz Hess in der
«SonntagsZeitung», man solle über den AIA nachdenken.
Etwas später ging
Parteipräsident Martin Landolt noch weiter und sagte, die Banken könnten
doch die Bankbelege direkt dem Steueramt schicken. Bei all diesen
Äusserungen wurde bestritten, dass sie mit der Bundesrätin abgestimmt
seien.
Kehrtwende im Dunkeln
Liest
man nun das Protokoll der Fraktionssitzung der BDP von Anfang März,
ergibt sich aber ein ganz anderes Bild, das einer minutiös
abgesprochenen Kehrtwende, die es zu verschleiern galt. Erstens war der
AIA offenbar beschlossene Sache, nur noch nicht kommuniziert. Auf Martin
Landolts Frage, ob noch etwas zum Thema Weissgeldstrategie komme, sagte
Widmer-Schlumpf: «Aus der Weissgeldstrategie blieb kommunikativ nur der
AIA übrig.» Nationalrätin Ursula Haller fragte nach: «Wäre es schlecht,
wenn wir uns öffentlich dazu äusserten? Oder wenn ja, wie?»
Widmer-Schlumpf: «Nein, wie Lorenz (Hess) darf man ruhig betonen, dass
neue Lösungen gefunden werden müssen.»
Besprochen wurde auch, wie
man diese Position mehrheitsfähig machen wolle. Dazu Landolt: «Mit
Ausnahme der SVP sind sich alle Parteien dessen bewusst, aber niemand
will es sagen. Und es stimmt, die Grossbanken sind teils nicht einig.»
Dann sollten Gespräche mit der CVP aufgenommen werden. Landolt: «Wir
müssen der CVP beweisen, dass wir mustergültig mit ihr
zusammenarbeiten.» Ein Punkt, der offenbar gelungen ist, denn in letzter
Zeit hat die CVP den AIA nicht mehr kategorisch abgelehnt.
Für
SVP-Nationalrat Hans Kaufmann ist das Vorgehen ein typischer Verrat der
Finanzministerin. FDP-Präsident Müller sagt: «Es handelt sich um eine
krasse Verletzung des Amtsgeheimnisses.» Zudem zeige es, dass
Widmer-Schlumpf schon seit längerem auf den automatischen
Informationsaustausch hinarbeite und die BDP lediglich ihre Speerspitze
sei und mit der CVP die Wiederwahl der Bundesrätin 2015 aufgegleist
werde.
Unbekannte Absprachen
Die
Parteiexponenten als Spindoctors für die Bundesrätin? BDP-Vizepräsident
Hess sieht das anders: «Natürlich sprechen wir uns ab, was politische
Positionen betrifft, doch wir sind nicht die Befehlsempfänger der
Bundesrätin.» Er glaube, man müsse in die AIA-Diskussion einsteigen.
Hess: «Die Ereignisse der letzten Monate geben uns recht.»
Doch
nicht nur mit der CVP gibt es offenbar Absprachen, sondern auch mit der
SP. Diese betreffen die Ausgestaltung der Weissgeldstrategie. vor allem
die Frage, ob die ausländischen Kunden alle belegen müssen, dass ihr
Geld bei Schweizer Banken versteuert ist. Eine umfassende
Sorgfaltspflicht nennt dies die SP.
«Sie hat entgegen unseren
Vereinbarungen im Februar und im September erneut nicht Wort gehalten»,
heisst es dazu im SP-Protokoll.
Philipp Müller möchte wissen, was
in den Vereinbarungen steht:
«Verraten wird damit die Wählerschaft der
BDP. Diese hat weder CVP noch SP gewählt, sieht aber nun, dass ihre
Partei zur Wiederwahl ihrer Bundesrätin an beide Parteien Versprechungen
macht.» (Tages-Anzeiger)
Kommentar: Auch andere Eiertänzer retteten sich meist mit folgenden Argumenten: Es gibt einen neue Situation. Da musste ich mich anpassen.
Oder: Man kann auch etwas dazu lernen und gescheiter werden.
Der Zickzackkurs der Bundesrätin Widmer-Schlumpf ging jedoch für FDP Präsident Müller zu weit und er wagte es, die Galionsfigur (Schweizerin des Jahres) öffentlich zu attackieren und an den Pranger zu stellen.
Ist es normal geworden, dass unsere Politiker vor Mikrofon und Kamera nicht immer die Wahrheit sagen?
Ränkespiele und Halbwahrheiten sind zwar im politischen Geschäft nichts Neues. Wenn es um das Image eines Poltitikers geht, stelle ich in der Praxis fest, dass sich das Lavieren und Eiertanzverhalten langfristig rächt.
Bei Eveline Widmer Schlumpf bin ich mir jedoch nicht so sicher, dass Ihr das Lavieren schaden wird. Diese Bundesrätin - mit einer 5% Partei im Rücken und ihrer fragwürdigen Interessenpolitik - ist bleibt immun gegen jede Kritik.
Für mich ist diese Politikerin ein Phänomen. Bei der Justizministern kann ein JA ein NEIN sein und ein NEIN ein JA!
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