Samstag, 4. August 2012

Eine beeindruckende Gian Gillis Rede oder:
Wie müssen Medien und Sportler nach Niederlagen umgehen?

«Wir dürfen jetzt keine Chilbi machen»

Gian Gilli sucht einen Tag nach dem 1. August nach Erklärungen für die desolate Schweizer Bilanz. Der Delegationsleiter von Swiss Olympic übt sich in Frustbewältigung auf Bündner Art.
«Es gibt auch Athleten, die hier Schweizer Rekord geschwommen haben»: Gian Gilli appelliert im House of Switzerland an die Fairness der Medien. (Video: Sebastian Rieder)

Der Schweizer Nationalfeiertag war aus sportlicher Sicht ein Debakel. Gleich in fünf Disziplinen mussten die helvetischen Athleten eine bittere Niederlage einstecken. Rad, Kanu, Fechten, Fussball und Tennis (Doppel) – der 1. August bescherte der Schweiz nur Schande. So hart wollte es Gian Gilli nach einer ungemütlichen Nacht nicht formulieren. Auch er war von den Resultaten überrascht, nimmt seine Sportler aber auch in Schutz. «Klar, sind wir nicht zufrieden, aber wir sind noch mitten in der Mission. Es bringt jetzt nichts, hier rumzuweinen und von Skandal zu sprechen», sagte Gilli an der Medienkonferenz im House of Switzerland.
Dass die Schweiz nach der ersten Olympiawoche noch ohne Medaille dasteht, war natürlich nicht geplant, «es gibt Athleten, die ihre Leistung nur teilweise oder nicht erfüllt haben», so Gilli, dennoch appellierte der Chef de Mission auch an die Fairness. «Es gibt auch Athleten, die hier Schweizer Rekord geschwommen haben oder im Turnen den besten Wettkampf überhaupt hatten.» Es sei immer schwer, Medaillen zu gewinnen, das dürfe man nicht vergessen, mahnte der Bündner. «Deshalb ist eine Medaille ja auch so wertvoll.»

Die Stimmung hochhalten

Gilli selbst hatte im Vorfeld der Spiele gesagt, er wäre mit einem Total von fünf bis sieben Medaillen durchaus zufrieden. Nach der offiziellen Zielsetzung von Swiss Olympic sollten es acht bis zehn Medaillen werden – womit man im Medaillenspiegel wahrscheinlich eine Position unter den ersten 25 einnehmen könnte. «Es ist klar, dass wir zurzeit davon weit entfernt sind.» Umso stärker ist nun Gilli gefordert, die Stimmung im olympischen Dorf hochzuhalten. «Es landen diese Woche wieder neue Athleten in London, und die treffen auf Kollegen, die mental zerstört sind. Wir müssen schauen, dass die Neuen nicht zu fest beeinflusst werden. Wir dürfen jetzt keine ‹Chilbi› machen.»
Nebst den Mountainbikern setzt Gian Gilli auf Tennis-Ass Roger Federer und Triathlon-Trumpf Nicola Spirig. Dabei widersprach sich Gilli und sorgte unfreiwillig für einige Lacher im Mediensaal. Zuerst sagte er: «Wir müssen aufpassen, dass wir jetzt nicht zu viel Druck auf die Athleten ausüben», wenig später folgte, «aber Nicola Spirig müsste eigentlich schon eine Medaille gewinnen.»

Kommentar: Mich beeindruckt Gian Gilli durch seine Ausdruckskraft. Er glaubt das, was er sagt. Selbstverständlich geht es auch um das eigene Image.  Jedenfalls identifiziert sich Gilli mit seiner Botschaft. Dadurch überzeugt er.


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