Mittwoch, 8. Februar 2012

Sesselkleber Wulff: Keine Ende der Affaire in Sicht


Schon wieder half ein reicher Freund Neuer Wirbel um einen Wulff-Urlaub

Christian Wulff Affäre: Wieder Wirbel um einen reichen Freund - Wer zahlte Wulffs Sylt-Urlaub wirklich?
Dicke Freunde: Christian und Bettina Wulff mit Filmfonds-Manager David Groenewold
Foto: DAVIDS
Aus BILD:


Berlin – In der Affäre um Christian Wulff (52) sollte offenbar ein weiterer Luxus-Urlaub vertuscht werden, den ein reicher Freund für den Bundespräsidenten gebucht und bezahlt hatte.

Die Anweisungen ans Hotel zum Großklicken
Vom 31. Oktober bis 3. November 2007 übernachtete Christian Wulff mit seiner heutigen Ehefrau Bettina (38) im vornehmen „Hotel Stadt Hamburg“ (HSH) auf Sylt. Der Preis in der Suite 135 betrug für den damaligen Ministerpräsidenten pro Nacht 258 Euro – inklusive Frühstück.
Zeitgleich war der Berliner Filmfonds-Manager David Groenewold (38), ein enger Freund von Christian Wulff, in dem Luxus-Hotel untergebracht. Jener Film-Finanzier, der in der Wulff-Affäre schon in die Schlagzeilen geraten war, weil er ein Upgrade für eine Suite für Wulff im „Bayerischen Hof“ in München bezahlt hatte.
Nach BILD-Recherchen hatte David Groenewold seinen und Wulffs Sylt-Aufenthalt beim VIP-Service von Airtours gebucht und vor Reiseantritt mit seiner Platinum-Kreditkarte von American Express bezahlt. Jetzt steht der Wulff-Freund im Verdacht, diesen Vorgang vier Jahre später vertuschen zu wollen.
Vor rund drei Wochen, am 16. Januar 2012, rief Groenewold im „Hotel Stadt Hamburg“ an. In der BILD vorliegenden Notiz des Hotels über diesen Anruf heißt es: „lt. tel. 16. 1. keine Daten von Hr. Groenewold rausgeben! (War 2007 mit Hr. Wulff hier & hat den Aufenthalt übernommen.)“
Am 17. Januar notiert das Hotel in seiner internen Aufgabenliste für Mitarbeiter, die BILD vorliegt: „Hr. David Groenewold hat gestern angerufen, wir sollen keinerlei Infos über ihn rausgeben! Er war 2007 mit Hr. Wulff im HSH und hat den gesamten Aufenthalt übernommen. Falls also BILD oder Spiegel anruft, wir wissen von nichts!“
Zur gleichen Zeit interessierte sich die Opposition im niedersächsischen Landtag für die Beziehungen zwischen Wulff und Groenewold. Am 19. Januar fragt der SPD-Fraktionsvorsitzende Stefan Schostok im Parlament: „Mit wie viel Geld wurden Filmprojekte bzw. Firmen, an denen Herr Groenewold beteiligt ist, durch das Land bzw. durch die nordmedia gefördert?“
Die SPD will – wie schon beim umstrittenen Hauskredit von Wulff-Freund Egon Geerkens – wissen, ob es eine geschäftliche Beziehung zwischen der Wulff-Regierung und dem Wulff-Freund Groenewold gab.
„Hotel Stadt Hamburg“ auf Sylt
Das „Hotel Stadt Hamburg“ auf Sylt. Die Suite des Ehepaars Wulff buchte Groenewold, sie kostete 258 Euro pro Nacht
Ausgerechnet an diesem 19. Januar fährt Film-Produzent Groenewold wieder nach Sylt und bucht sich erneut im „Hotel Stadt Hamburg“ ein.
Am Morgen des 20. Januar fordert er Mitarbeiter des Hotels auf, relevante Rechnungen und Belege aus dem gemeinsamen Kurzurlaub mit dem Ehepaar Wulff aus dem Jahr 2007 auszuhändigen. Ein Hotel-Manager übergibt Groenewold Anreiselisten, Meldescheine und Verzehrquittungen.
BILD konfrontierte das Bundespräsidialamt mit der Aktion Groenewolds und fragte: Wer hat den Wulff-Urlaub gebucht und bezahlt?
Die Antwort von Wulffs Anwalt: „Die Organisation des Aufenthalts erfolgte durch Herrn Groenewold. Herr Groenewold hatte die Hotelkosten verauslagt. Herr Wulff erstattete Herrn Groenewold die verauslagten Kosten des Aufenthalts in den Räumlichkeiten des ,Hotels Stadt Hamburg‘.“ Die Zahlung sei bar erfolgt.

Foto: dpa
In bar will Wulff, der in den vergangenen Jahren mehrfach gratis bei reichen Unternehmern Urlaub machte, die von Groenewold übernommenen Hotelkosten auch bei einer Oktoberfest-Besuch im Jahr 2008 erstattet haben.
Bereits für die Zeit vom 9. bis 16. August 2008 hatte Groenewold für das Ehepaar Wulff eine Ferienwohnung für einen weiteren Sylt-Urlaub gebucht und bezahlt. Kosten: 1540 Euro. Auch in diesem Fall, so behauptet Groenewolds Anwalt, habe Wulff dem Freund das Geld in bar gegeben.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Niedersächsischen Landtag Stefan Schostok sagte zu den Vorgängen rund um den Sylt-Urlaub des Bundespräsidenten gestern zu BILD: „Offenbar finden gerade Versuche statt, Akten zu säubern.“
Der Fraktionschef der Grünen im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, forderte Ermittlungen der Behörden in diesem Fall.
Wenzel zu BILD: „Wer solche Dokumente verschwinden lassen will, dürfte etwas auf dem Kerbholz haben. Hier muss endlich der Staatsanwalt ran!“
Und der Verfassungsrechtler Professor Hans Herbert von Arnim sagt BILD: „Verheimlichungshandlungen sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofes mögliche Beweisanzeichen bei Korruptionsdelikten wie der Vorteilsannahme. Was Wulff und seine Anwälte mit ihren andauernden Ausflüchten dem gesunden Menschenverstand antun, geht auf keine Kuhhaut.“
Ist der Film-Finanzier Groenewold nur einer der reichen Freunde Wulffs? Oder hatte er auch geschäftliche Beziehungen zum Land Niedersachsen, wie die SPD in ihrer Anfrage wissen will?
Tatsache ist: Groenewold gründete 2007 in Niedersachsen mit seinem Unternehmen „Odeon“ eine Filmfirma und bekam dafür eine Millionen-Bürgschaft des Landes Niedersachsen zugesagt.
Groenewold damals in einer Pressemitteilung: „Den Standort Niedersachsen haben wir für unsere Firmengründung ganz bewusst gewählt, da hier Ministerpräsident Christian Wulff mit viel persönlichem Einsatz wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Medienwirtschaft gibt und damit optimale Voraussetzungen für Investitionen und neue Arbeitsplätze geschaffen hat.“
Diese Presseerklärung hatte Groenewold damals mit Wulffs inzwischen entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker abgestimmt. Für Glaeseker soll Groenewold wenig später ein Geburtstagswochenende für dessen Frau Vera im Hotel „Jörg Müller“ auf Sylt gebucht und bezahlt haben.
Auch der Wulff-Vertraute Glaeseker, gegen den die Staatsanwaltschaft inzwischen wegen Bestechlichkeit ermittelt, soll die Kosten später in bar erstattet haben. David Groenewold wollte sich auf BILD-Anfrage zu den Vorwürfen nicht äußern.
Übrigens: 84 Prozent der Bundesbürger halten den Bundespräsidenten inzwischen für nicht ehrlich.
Kommentar: Kein Kommentar meinerseits. Die Affaire nimmt seinen gewohnten Lauf.


NACHTRAG ZEIT:


Bundespräsident Staatsanwaltschaft prüft Wulffs Sylt-Urlaub

Berlin (dpa) - Bundespräsident Christian Wulff gerät wegen seiner Urlaube als niedersächsischer Ministerpräsident erneut in die Schlagzeilen.
Wie die «Bild»-Zeitung am Mittwoch berichtete, hat der Filmunternehmer David Groenewold für Wulff und dessen spätere Frau Bettina im Herbst 2007 einen viertägigen Hotelaufenthalt auf Sylt gebucht und zunächst bezahlt. Zur gleichen Zeit hielt sich auch Groenewold im «Hotel Stadt Hamburg» auf.
Wulffs Anwalt Gernot Lehr sagte der «Bild», Groenewold habe die Kosten von 258 Euro pro Nacht lediglich bei der Buchung verauslagt. Wulff habe die Kosten für die drei Nächte später in voller Höhe selbst bezahlt. Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft den Fall.
Anwälte Groenewolds wiesen die «Bild»-Darstellung zurück, wonach der Unternehmer im Verdacht stehe, er habe im Januar 2012 versucht, die Angelegenheit zu vertuschen. Anwalt Christian-Oliver Moser sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Es gab nicht mal ansatzweise den Versuch meines Mandanten, etwas zu vertuschen.»
Die Staatsanwaltschaft Hannover erklärte, man habe bereits Mitte Januar aus den Medien von diesem Fall erfahren. Neu seien Informationen über angeblich in Sylt abgeholte Unterlagen: «Das fließt jetzt alles in die Prüfung ein», sagte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel der Nachrichtenagentur dpa. Wann diese Prüfung abgeschlossen sein werde, stehe nicht fest.
«Bild» hatte berichtet, Groenewold habe in dem Hotel angerufen und die Angestellten zu Stillschweigen über den Vorgang verpflichtet. Sein Anwalt Moser erklärte, sein Mandant habe im Vorfeld das Hotel darum gebeten, gegenüber der Presse Diskretion zu wahren. Groenewold habe aber zu keinem Zeitpunkt darum gebeten, die Unterlagen zum Hotelaufenthalt «zu vernichten, zu manipulieren oder ähnliches».
Das Sylter Hotel bestätigte, dass Groenewold vor rund drei Wochen dort gewesen sei und um die Kopie einer Rechnung vom Aufenthalt im Jahr 2007 gebeten habe. Er habe sie auch erhalten, sagte Direktor Bernd Knochenhauer der dpa.
Wulff selbst wusste nach Angaben seines Anwalts Lehr nichts davon, dass Groenewold das Hotel aufgesucht und auf Verschwiegenheit gedrängt habe. «Christian Wulff hielte eine solche Vorgehensweise in jeder Hinsicht für falsch», erklärte Lehr.
Groenewolds Anwalt Moser erklärte, die drei Nächte 2007 seien von Groenewold über einen Reiseveranstalter gebucht worden. Die Bezahlung sei über Gutscheine erfolgt. Wulff habe gar nicht vor Ort direkt bezahlen können.
Nach früheren Berichten hat Groenewold auch 2008 beim Münchner Oktoberfest ein 400-Euro-Upgrade für eine Suite im Fünf-Sterne-Hotel «Bayerischer Hof» für das Ehepaar Wulff bezahlt. Von der Übernahme der Kosten habe Wulff aber nichts gewusst, erklärte Groenewolds Anwalt.
Der Filmunternehmer und Wulff sind lange miteinander befreundet. Groenewold hatte 2007 in Hannover einen Ableger der Odeon Film AG gegründet. Waterfall Productions soll nach «Bild»-Angaben eine Millionen-Bürgschaft des Landes Niedersachsen erhalten haben. Dies dementierte Wulffs Anwalt Lehr. Der Filmunternehmer habe in der Amtszeit des Ministerpräsidenten nie eine Unterstützung des Landes Niedersachsen erhalten.
Auch Groenewolds Anwalt wies Berichte über eine angebliche Landesbürgschaft zurück. Eine Förderung des Landes könne ausgeschlossen werden, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Hannover.

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