Montag, 14. November 2011

Terrorgruppen dürfen nicht unterschätzt werden



Ob von Rechts oder Links oder religiöser Gruppen: Terrorgruppen müssen generell ernster genommen werden. Das jüngste Beispiel mit einem Neonazi-Trio wurde in Deutschland viel zu lange unterschätzt. Deutschland ist heute geschockt. Jahrelang konnten sie morden und fühlten sich absolut sicher.


Ich zitiere SPIEGEL:


Terrorgruppe aus Zwickau

Mörderische Blutsbrüderschaft


Zwickauer Zelle: Blutsfreunde
Fotos
dapd/
Uwe Böhnhardt war der Militante, Uwe Mundlos der Intellektuelle, Beate Zschäpe die Mitläuferin: So sehen ehemalige Freunde aus der rechtsextremen Szene das Terror-Trio. Sie glauben nicht an die Theorie vom großen Netzwerk der Unterstützer - die drei hätten nur einem engen Zirkel vertraut.

Sie kamen immer im Dreierpack zu den "Mittwochstreffs", den wöchentlichen Kameradschaftsabenden des "Thüringer Heimatschutzes". Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fuhren dann in Böhnhardts rotem Ford Escort vor - mit dem Kennzeichen "J - AH 41" für Jena und Adolf Hitler - und mischten sich unter die meist mehr als hundert Neonazis.
Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt waren Anhänger der kleinsten rechtsextremen Gruppe in Ostthüringen, der "Kameradschaft Jena". Ein kleiner Kreis, der keine Jugendlichen rekrutieren, sondern unter sich sein wollte. Insgesamt zählte er nur sechs Mitglieder: Außer dem Trio gehörten dazu André Kapke, Ralf Wohlleben - der 1998 der NPD beitrat und zwischenzeitlich als stellvertretender Landesvorsitzender in Thüringen fungierte - und Holger G.


Die sechs Neonazis galten als eingeschworene Truppe, ja Blutsfreunde. Nach Erkenntnissen der Fahnder hatten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nach ihrem Abtauchen 1998 noch mindestens ein halbes Jahr Kontakt in die Szene. Ihre Freunde aus der "Kameradschaft Jena" sollen dem Trio geholfen haben, unter anderem mit einem Auto und Pässen.


Kenner der rechten Szene können sich vorstellen, dass Kapke und Wohlleben mit den Flüchtigen anfangs Kontakt hielten. Doch wenn sie all die Jahre einen Kontaktmann in die Illegalität hatten, trauen die meisten diesen Part nur einem zu: Holger G., der mit seiner Familie inzwischen in Hannover lebt und mit mindestens einem der rechtsextremen Terroristen aufgewachsen ist.


"Eine in sich geschlossene Gemeinschaft"
 
Das Bundeskriminalamt geht derzeit dem Verdacht nach, dass Rechtsextremisten aus dem Umfeld des "Thüringer Heimatschutzes" sogar bis in die jüngste Vergangenheit in Verbindung mit den Untergetauchten gestanden haben. In der Thüringer Landesregierung wird mittlerweile von einem größeren "rechtsextremen Netzwerk" gesprochen, das die drei "bis zur letzten Minute unterstützt" habe.
Das sei absolut untypisch für die rechte Szene, die vergleichbar mit einem "löchrigen Schweizer Käse" sei, sagt Kai Hansen*, ein ehemaliger Anhänger des "Thüringer Heimatschutzes". Er kann sich nur schwer vorstellen, dass jahrelanger Kontakt mit den Abgetauchten geheim bleiben konnte. "Wenn das so ist, müssen entsprechende Stellen davon längst gewusst haben." Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt seien eine "in sich geschlossene Gemeinschaft" gewesen, die "außer den anderen drei Kameraden niemanden geduldet" hätte.
Ihren blutigen Exekutions-Feldzug durch Deutschland haben Mundlos und Böhnhardt in einem 15-Minuten-Film gestanden und ihrer Nachwelt als eine Art Bekennerschreiben hinterlassen: Der von ihnen gegründete "Nationalsozialistische Untergrund" sei ein "Netzwerk von Kameraden mit dem Grundsatz

'Taten statt Worte'".


"Wenn die das so sagen, war das auch so", sagt Stefan Wittig*, der ebenfalls durch den "Thüringer Heimatschutz" mit ihnen befreundet war, doch seit 1998 keinen Kontakt mehr zu ihnen gehabt haben will. Auch er tippt auf einen kleinen elitären Kreis, der den Flüchtigen eine Brücke zur legalen Welt baute. Die rechte Szene habe kein Geld, um Terroristen zu unterstützen - zumindest nicht in Ostthüringen.

In dem Film kündigen Mundlos und Böhnhardt weitere Anschläge an - bis sich "grundlegende Änderungen in der Politik, Presse und Meinungsfreiheit" vollzögen. Sie bekennen sich außerdem zu dem Anschlag am 9. Juni 2004 in der Kölner Keupstraße, in der überwiegend Türken wohnen. Die Täter hatten eine selbstgebaute Nagelbombe auf einem Fahrrad deponiert und per Fernsteuerung gezündet. 22 Menschen wurden verletzt. Besonders für die neun Morde an türkischen Einwanderern und einem Griechen rühmen sie sich in dem Film. Einige ihrer Opfer fotografierten sie nach der Tat. Vervielfältigte DVDs waren den Ermittlern zufolge in Umschläge verpackt und sollten an Medien und islamische Kulturzentren verschickt werden.
Vor ihrem Abtauchen bastelten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt Bombenattrappen, doch politisch aktiv seien sie bis 1998 nie gewesen, sagen ehemalige Kameradenfreunde wie Hansen und Wittig. Wenn sie auf Neonazi-Demos in Saalfeld oder beim Prozess gegen den Holocaustleugner Manfred Roeder in Erfurt aufliefen, dann sei es ihnen mehr um den Aufmarsch in der Gruppe gegangen als um die Botschaft.

Kommentar:
Die Worte "Taten statt Worte" hätte hellhörig machen müssen. Die Devise hiess eigentlich: "Gewalt statt Worte!" Bei Terroristen darf es keine Nachsicht, kein Wegschauen, kein Weghören mehr geben. Möge die Regierung aus dieser grauenhaften Geschichte die Konsequenzen ziehen.

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