Freitag, 24. Juni 2011

(K)ein erfolgversprechendes Werbekonzept?



Nachdem die Fussballerinnen sich im Playboy enthüllten, bezeichnete ich diesen Werbegag als Bumerang. Die Frauen würden zwar von sich reden machen und weckten auch Aufmerksamkeit, doch bezweifelte ich den Erfolg dieses Werbegags  für das Image des Sportes, für den "Frauenfussball". Eine gute Werbung müsste sich vor allem auf das Interesse des Publikums am Sport positiv auswirken. Das Interessewecken allein auf die Thematik "Frauen als Sexobjekt" genügt als Werbezweck nicht. Jetzt stehen wir kurz vor den Spielen und die Fachwelt vermutet, dass das gut gemeinte Werbekonzept langfristig zu scheitern droht.  In den Medien lesen wir:



"Sie sind jung, schön und erfolgreich: Die neue Generation der Fußballerinnen macht den Frauensport für Sponsoren attraktiver denn je - vor allem während der Weltmeisterschaft im eigenen Land."
Nachdem ein großer deutscher Elektrohändler in einer Fernsehkampagne mit diesem Slogan und dem attraktivsten Personal der Frauen-Nationalelf wirbt , soll die Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011 "die schönste WM aller Zeiten" werden. Niemand soll daran zweifeln. Inhalt des TV-Filmchens: Mitten in einem rasanten Match zücken die Spielerinnen Lippenstift, Pinsel und Tusche, um - der Zuschauer staunt - sich auf dem Platz zu schminken.

2011 ist heute der Frauenfussball erstmals in den Top Tens der Werbeliga zu finden. Der Werbegag scheint sich positiv auszuwirken.

Was dieses Jahr  immerhin gelungen ist: Die größten Unternehmen  werben nun mit Frauen und Fußball. So gehören die Deutsche Post, Bahn und Telekom , Rewe, Allianz und Commerzbank  zu den nationalen Förderern der diesjährigen WM. dieses Engagement kostet Millionen. Andere Konzerne haben Einzelverträge mit den Spielerinnen, wie auch der Elektrohändler aus dem Werbespot.
Die Kickerinnen haben zwei Weltmeistertitel erreicht ( 2003 und 2007), aber bis jetzt leider nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit.


Sich für den Playboy ausziehen?



Für den Fußballbund war dies völlig in Ordnung.
 


Die Spiele stehen vor der Tür. Die Frage ist mich noch offen: Wie nachhaltig bleibt diese "Sex-sells-Strategie"?



. und Begeisterung bei der Männerwelt: Der «Playboy» brachte einige Spielerinnen dazu, im Männermagazin nackt zu posieren. (24. Juni 2011)
Bild: Keystone





Ich zitiere Spiegel online:


Wird der Frauenfußball auch langfristig interessant für Sponsoren sein? Bei der Allianz betont man zumindest, man sei an einem dauerhaften Engagement interessiert - vor allem bei der Nachwuchsförderung. Auch einige Fachleute meinen, die Vermarktung der Kickerinnen könne auf lange Sicht funktionieren, wenn diese professionalisiert werde. Der Titelgewinn bei der WM würde dem ganzen einen zusätzlichen Kick geben. Dann könne das sexy Image durch ein sportliches abgelöst werden. Nach dem Motto: Viel Öffentlichkeit hilft viel. Voraussetzung dafür sei aber, dass der DFB dem Frauenfußball auch über die WM hinaus die gleiche Aufmerksamkeit schenke wie jetzt. Zu dem Konzept gehört demnach auch, dass die Sender die Fernsehzeiten ausweiten - und auch Bundesliga-Spiele der Frauen zeigen.
Wissenschaftlerin Schaaf ist dagegen skeptisch: "Wenn die Vermarktung fast ausschließlich über das Aussehen erfolgt, tritt die sportliche Leistung auf Dauer in den Hintergrund", sagt sie. "Das nutzt sich schnell ab."
Pessimisten sprechen bereits von ersten Abnutzungserscheinungen beim Glamour-Girl Bajramaj: Die Mittelfeldspielerin schwächelte zuletzt beim Training und bangt nun um ihren ersten Platz in der Startelf beim Eröffnungsspiel am Sonntag .
(Ende Zitat)


Fazit: Bei jeder Werbung geht es vor allem darum, ein Produkt, eine Marke zu pushen. Wenn der Frauenfussball NUR die Attraktivität der Spielerinnen ins Zentrum zu rücken verstand und sich die Zuschauer  nur an den Körpern der Frauen ergötzen, aber den Spielen weiterhin die kalte Schulter zeigen, so hätte das neue Werbekonzept mit den Sexy-Frauen eindeutig versagt.


EIn Blick in die Vergangenheit des Frauenfussballs:


Ich zitiere TAGI-online:


Der erste «Damen-Fussball-Club» wurde 1930 in Frankfurt gegründet und nur ein Jahr später wieder aufgelöst. Dem Nazi-Regime passte der Sport nicht ins angestrebte Frauenbild, und so war es schliesslich der wundersame WM-Titel der Männer von 1954 in Bern, der den Frauenfussball reanimierte, allerdings sehr verhalten: Damenspiele wurden argwöhnisch verfolgt, man bemäkelte die «fehlende Ästhetik» oder jammerte über die «schwere Sünde, dass da Mädchen mit wackeligem Busen übers Feld laufen und sich gegenseitig foulen.» Es kam, was kommen musste: Die Oberen des Deutschen Fussballbundes beschlossen 1955, den Damenfussball zu ächten, was faktisch einem Verbot gleichkam.
Frauen, die dennoch kickten, wurden von der Polizei vom Feld gejagt oder von den Medien verhöhnt. So bedachte die «Wochenschau» 1957 das inoffizielle Länderspiel zwischen Deutschland und Holland laut «Spiegel online» mit folgendem Kommentar: «Die Umstellung von Haushaltsführung auf Ballführung scheint tatsächlich gelungen zu sein. Unsere Fussball-Suffragetten tragen keine Blau-, sondern Ringelstrümpfe, besiegen die Meisjes, und Mutti freut sich.»
Ganz so trist war die Situation in der Schweiz damals nicht, wie Historikerin Marianne Meier in ihrer Studie «Zarte Füsschen am harten Leder –Frauenfussball in der Schweiz 1970–1999» aufzeigt. Steine wurden den Frauen aber auch hierzulande in den Karriereweg gelegt. Als beispielsweise die Schwestern Monika und Silvia Stahel, die 1965 mit dem FC Goitschel die erste Frauen-Equipe der Schweiz gegründet hatten, beim nationalen Verband anfragten, ob dieser Fussballfrauen wie sie offiziell anerkennen würde, bekamen sie negativen Bescheid – aber quasi als «Entschädigung» den Vorschlag, sie dürften sich gern als Schiedsrichterinnen ausbilden lassen.


Messis Lohn bleibt ein Traum


Aus Angst, die Frauen würden eigene Verbände gründen und selbst einen Spielbetrieb organisieren, hoben England und Deutschland das Frauenfussballverbot 1970 wieder auf. Sofort folgten Club-Gründungen, bald gab es erste internationale Wettbewerbe, später auch eine Europameisterschaft. Wer geglaubt hatte, die Schikanen und verbalen «Fouls» der Männer würden dank des Booms aufhören, sah sich jedoch getäuscht.
Gerd Müller, Torschützenkönig der WM 1974, fand, dass «Frauen lieber kochen statt kicken sollten»; Berufskollege Uwe Witt teilte via «Bild»-Zeitung mit: «Wenn meine Frau spielt: Scheidung!» Peinlich war auch das vom DFB 1986 ausgesprochene Trikotwerbeverbot. Die Erklärung: «Aufgrund der Verzerrungen durch die Anatomie kamen wir zum Entschluss, dass durch Werbung im Brustbereich der Trikots keine neuen Einnahmequellen für den Damenfussball liquidiert werden können.» Den übelsten Fauxpas leistete sich aber der Zürcher Vorortsklub Wettswil-Bonstetten. Meier schreibt, der Vereinsvorstand habe 1994 das Zweitliga-Frauenteam mit der Begründung aufgelöst, «zwei Drittel der Spielerinnen seien homosexuell und würden auf dem Feld und in der Garderobe jugendgefährdende lesbische Aktivitäten praktizieren».


Gewalt gehört vielenorts zum Alltag



Nun, zwei Tage vor Beginn der WM in Deutschland, darf man konstatieren: Auch wenn vor den Pub-TVs noch immer sexistische Sprüche fallen, gestalten Europas Frauen den ewig ungleichen Zweikampf gegen die Männerdomäne (und um die gesellschaftliche Akzeptanz ihres Sports) ausgeglichener denn je. So hat der Frauenfussball nicht nur die Panini-Welt erobert, er erhält auch grosse mediale Beachtung, er wird von Skandinavien bis Süditalien in Leistungszentren gefördert, er ist Garant für faire und attraktive Spiele. Als Folge davon erfreut er sich auch im Breitensport (Schülerinnen- und Grümpelturniere, Alternativligen etc.) stetig wachsender Beliebtheit.
Allerdings gibt es nach wie vor Schattenseiten. Von nordamerikanischen Verhältnissen, wo Fussball längst als klassischer Frauensport gilt, ist man auf dem alten Kontinent noch weit entfernt. Dass auch beste Profifussballerinen nicht mal annähernd das Lohnniveau eines Messi oder Ronaldo erreichen, ist Fakt. Ganz düster wirds, wenn man die europäische Landkarte verlässt und nach Südafrika schaut. Lesbische Frauen, die dort Fussball spielen, werden systematisch vergewaltigt. Der perverse Ausdruck für diese Taten heisst offiziell «Corrective Rape». (Tages-Anzeiger)

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