Die SVP und die Atomdebatte
Ich zitiere Tagi:
SVP-Chef Toni Brunner weiche der AKW-Diskussion aus,
kritisiert Grüne-Präsident Ueli Leuenberger. Brunner: «Ich diskutiere
gern mit ihm, zum Beispiel über Migration und Europa.»
Liegen sich vor dem Hintergrund der Atomdebatte in den Haaren:
Grüne-Chef Ueli Leuenberger (l.) und Toni Brunner, SVP-Präsident.
Bild: Keystone
Kommentar:
Persönlich vertrete ich bei der Krisenkommunikation die Meinung, dass es falsch ist, zu schnell langfristige Entscheide vorschnell zu treffen. ENSI hatte nach der Katastrophe nach meiner Sicht bedacht gehandelt, indem sie die Vorkommnisse in Japan verfolgte und als Sofortmassnahme von allen Kernkraftwerken in der Schweiz hinsichtlich Erdbebensicherheit, Ueberflutung und Notstromgruppen (zur Kühlung) einen Bericht verlangte (Termin 31.1.).
Nach meinem Dafürhalten hat Deutschland unbedacht gehandelt, indem - ohne Grund - sofort 7 Werke abgestellt worden sind.
Ein Arzt, der bei einem Patienten unter Zeitdruck einen wichtigen Eingriff vornehmen muss, der klärt zuerst alles und prüft auch in Ruhe, ob alles richtig vorbereitet ist - obschon es um Leben und Tod geht.
Bei der Krisenkommunikation hat sich das Antizyklische Verhalten gelohnt: "Taxifahrer fahren sie langsam, es eilt!"
Aus meiner Sicht darf man deshalb der SVP im jetzigen Zeitpunkt keinen Vorwurf machen, wenn sie nicht mit den Wölfen geheult hat. Nach der Klärungsphase hingegen, müsste sich die Partei schon noch zu einer klaren Positionierung bekennen.
Ich zitiere Tagi online und Basler Zeitung:
Das Schweigen der SVP
Wie lange kann sich die Volkspartei der Atomdebatte
entziehen? Politexperten sagen, wo bei der Schweige-Strategie die
Risiken lauern.
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Politikerrunde in
der «Arena»: Wo normalerweise führende SVP-Strategen mitdiskutieren,
vertrat diesmal der Solothurner Walter Wobmann (links) die Partei. Das
Thema: «AKW-Ausstieg, aber wie?».
gültige E-Mail-Adresse fehltDie SVP ist bekannt für klare Positionen und deutliche
Stellungnahmen. Doch seit die Folgen des Tsunamis in Japan den
öffentlichen Fokus auf die Energiepolitik gelenkt haben, ist es um die
Volkspartei still geworden.
«Wir, ich meine die SVP, hängen nicht
an der Kernkraft als solcher», lautete die sibyllinische Antwort von
Alt-Bundesrat Christoph Blocher im Interview mit
Tagesanzeiger.ch/Newsnetz auf die Frage, ob ein neues AKW hermüsse. Im
Parteicommuniqué pocht die SVP auf «Sachlichkeit» in der Beurteilung der
Situation. Sachlichkeit – kein Attribut, das sich die SVP üblicherweise
auf die Fahne schreibt.
Die Parteiverantwortlichen fehlen in den
öffentlichen Auseinandersetzungen fast gänzlich. So auch in der «Arena»,
wo meistens prominente SVP-Köpfe Teil der Politikerrunde sind, diesmal
aber der Solothurner Nationalrat Walter Wobmann zum Thema «AKW-Ausstieg,
aber wie?» mitdiskutierte. Dass die SVP in der Atomdebatte
Berührungsängste hat, zeigt auch die Traktandenliste der
Delegiertenversammlung vom vergangenen Wochenende in Lugano: Japan und
die Energiepolitik waren mit keinem Wort erwähnt.
«Die Bevölkerung nicht ernst nehmen»
Wie
lange kann sich eine Partei im Wahljahr einem Thema entziehen, das die
Bevölkerung augenscheinlich beschäftigt? «Eine Partei, die zu einem
zentralen Thema keine Stellung nimmt, hat ein Problem», sagt Politologe
Georg Lutz. «Stur auf dem angestammten Standpunkt zu beharren, hiesse,
die Bevölkerung nicht ernst zu nehmen. Anderseits sind die Parteien,
welche im Sog des Mainstreams umschwenken, auch nicht besser.»
Ein
Problem könnte für die SVP jene Minderheit ihrer Basis werden, die
atomkritisch eingestellt ist, sagt Lutz. Die Hoffnung der SVP, das
Interesse an dem Thema würde in den kommenden Monaten abklingen, dürfte
sich nach Lutz nicht erfüllen: «Es erreichen uns fast stündlich neue
Hiobsbotschaften aus Japan, die Aufräumarbeiten werden Jahrzehnte
dauern.»
«SVP-Wählern ist das Umweltthema weitgehend egal»
Aus
SVP-Sicht sei die Nicht-Kommunikation richtig, sagt Politberater Louis
Perron auf Anfrage von Tagesanzeiger.ch/Newsnetz. «Als Parteistratege
würde ich auch versuchen, das Thema zu ignorieren, statt wie die andern
Parteien eine Pirouette zu drehen.» Die Wählerschaft der SVP
unterscheide sich von jener der Mitteparteien sehr stark, «den
SVP-Wählern ist das Umweltthema weitgehend egal». CVP und FDP hingegen
kämen von den Grünliberalen unter Druck. «Vielen jungen und urbanen
Mittewählern ist der Umweltschutz wichtig, nach dem Unglück in Japan
mehr denn je.»
Sollte ein Paradigmenwechsel in der Energiepolitik
stattfinden, habe die SVP ein Problem, sagt Perron. Kurzfristig sei die
Medienabsenz für die Partei nicht gravierend, da sie den gekauften Raum
weitgehend dominiere. «Die SVP hat genug Geld, um mit Inseraten und
Plakaten präsent zu bleiben.»
«Die SVP verhält sich richtig»
Kommunikationsberater
Marcus Knill beurteilt die Zurückhaltung der SVP aus Sicht der
Krisenkommunikation: «Die SVP verhält sich zurzeit richtig. Man soll
erst entscheiden, wenn Informationen da sind. Also frühestens morgen
Donnerstag, wenn das eidgenössische Nuklearinspektorat erste Angaben
macht über die Sicherheit in Schweizer Atomkraftwerken.» Die Begründung
von Parteipräsident Toni Brunner, in der Krise sollten keine
weitreichenden Entscheide gefällt werden, sei plausibel, sagt Knill.
«Natürlich müsste die SVP diesen Grundsatz auch in andern Situationen
beherzigen, wenn beispielsweise ein Flüchtlingsstrom die Schweizer
Grenze passieren würde und ebenfalls internationale Vereinbarungen
abgewartet werden müssten.»
Wird das Unglück in Japan zum Wahl-GAU
für die Schweizerische Volkspartei? «Das hängt davon ab, was zum
zentralen Streitthema bei den Wahlen wird», sagt Politologe Claude
Longchamp. Ob die Energiedebatte bald an Dramatik verliert, darüber sind
Wahlkampfexperten geteilter Meinung. Jedenfalls werde die SVP laut
Longchamp alles daran setzen, dass das für die Wahlen entscheidende
Meinungsklima durch eines ihrer Themen erzeugt werde, also durch
Migration, Kriminalität oder EU.
«Ländlich-konservative Wähler könnten sich umorientieren»
«Wenn
die SVP jetzt auf das Thema AKW aufsteigt, fördert sie das vor allem
von den Grünen gesuchte wertehaltige Pingpong», sagt Longchamp. «Ein
Umdenken wie bei der BDP, teilweise auch bei FDP und CVP, kommt für die
SVP nicht infrage, also bleibt nur die harte Verteidigung der
Kernenergie. Die würde im Moment grosse Angriffsfläche bieten.»
Doch
das Schweigen habe Risiken. Laut Longchamp könnten sich zweifelnde
Teile der Wählerschaft, vor allem der ländlich-konservativen,
umorientieren Richtung BDP oder Grünliberale. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)
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