Mittwoch, 2. Februar 2011



 

DRILL oder LAISSER FAIRE?

Nur die Balance zwischen Härte und liberaler Haltung bringt uns bei Erziehungsprozessen weiter!

 

Eine ehrgeizige Professorin (Tigermutter mit Krallen) macht von sich reden mit ihrem Bestseller, der bei der Kindererziehung viel mehr Härte fordert

Aus Planet Wissen:

Antiautoritäre Kunsterziehung 1974 im Kunstmuseum Düsseldorf (Rechte: AKG)
Er­zie­hung als Zei­chen der Un­si­cher­heit

Vor 50 Jahren gab es den Glauben an die antiautoritäre Erziehung. Sie beeinflusste die Pädagogik

Besondere Aufmerksamkeit erlangte die antiautoritäre Erziehung der 60er Jahre in der BRD. Nach Jahren von Drill und Disziplin sorgte die Studentenbewegung der 60er damit für ein Kontrastprogramm: In freien Schulen und sogenannten "Kinderläden" sollten die Kinder bewusst zu Ungehorsam und Kritikfähigkeit erzogen werden. Auf die antiautoritäre Erziehung folgte die Antipädagogik der 70er Jahre. Sie forderte dazu auf, Kinder in ihrer Entwicklung sich selbst zu überlassen. Die Antipädagogik sah in der Erziehung ein Zeichen von Unsicherheit, eine Art Notwehr von Erwachsenen gegenüber Kindern und betrachtete Erziehung sogar als "Gehirnwäsche".

Ich zitiere NZZ online:

Wie viel Drill braucht ein Kind?

In den USA propagiert ein Bestseller eine erzieherische Härte, von der sich China gerade verabschiedet

In Erziehungsfragen setzt China gerne auch auf Tradition – historische Kostüme an einem Chorfestival in Haikou. (Bild: Imago)Zoom

In Erziehungsfragen setzt China gerne auch auf Tradition – historische Kostüme an einem Chorfestival in Haikou. (Bild: Imago)

Wo sich der Westen gegenüber China auf dem Abstieg glaubt, kommen Zweifel an der Qualität der eigenen Pädagogik auf. Die Sinoamerikanerin Amy Chua plädiert für Härte und kritisiert die liberale Methode als zu weich – während man in China dabei ist, die eiserne Disziplin als kreativitätstötend in Frage zu stellen.


Seit kurzem erregen sich die Amerikaner über eine provokative These, die durch einen Artikel von Amy Chua im «Wall Street Journal» vorgetragen wurde: «Warum sind die chinesischen Mütter überlegen?» Mit dieser Frage lancierte die sino-amerikanische Autorin ihr Buch «Battle Hymn of the Tiger Mother», in dem sie ihre Erziehungsmethoden als «chinesische Mutter» darlegt. Mit überlegener chinesischer Pädagogik, eiserner Disziplin und hartem Drill will die Juraprofessorin aus ihren beiden Töchtern das Maximum herausgeholt haben. Stets waren diese die Klassenbesten, und sie spielen hervorragend Musikinstrumente, da sie nie fernsehen und am Computer surfen durften. Amerikanische Mütter, behauptet Chua, seien nicht willens, in der Erziehung strenge Regeln durchzusetzen. Mit ihrem Pamphlet hat Chua den Nerv einer Nation getroffen, die sich, in kollektiver Krisen-Depression vereint, gegenüber dem aufstrebenden Asien auf dem absteigenden Ast glaubt.

Missionarische Überzeugung

Die 48-jährige Amy Chua kam in den USA zur Welt. . Sie schaffte es immerhin nach Harvard, wo sie Rechtswissenschaft studierte, und dozierte anschliessend in Yale. Insofern handelt es sich um eine recht typische Erfolgsgeschichte einer «ABC» (American born Chinese). Chua beschloss, an ihren Kindern, die heute erwachsen sind, trotz deren amerikanischem Vater die «chinesische» Erziehungsmethode in Vollendung zu praktizieren.
Heute gelten in Chinas Schulen Drill und Auswendiglernen als einzige Methode, um ans Ziel zu kommen. Alles dreht sich nur noch um Noten, Ranglisten und Studienplätze an Eliteschulen. Die Konkurrenz ist brutal. Das Loblied, das auf die wenigen Erfolgreichen gesungen wird, lässt die unzähligen Opfer dieses Systems ausser acht. Es ist kein Wunder, dass viele heutige chinesische Schüler über effiziente Lerntechniken verfügen, mit denen sie sich den Stoff schnell aneignen können, wovon auch das hervorragende Abschneiden Chinas bei den Pisa-Tests zeugt. Die hohen Erwartungen tragen das ihre dazu bei, die Jugendlichen ans Ziel zu peitschen. Indes werden allmählich auch die Grenzen dieses Systems sichtbar. Mit sturem Auswendiglernen und simplem Reproduzieren von Wissen geben sich viele nicht länger zufrieden. Vielmehr wünscht man sich mehr freies Denken, Entdeckerfreude und Kreativität. Jeder Chinese möchte einmal im Leben zum Studium ins Ausland, um dort nachzuholen, was er im chinesischen Bildungssystem verpasst zu haben glaubt. Man sucht also den Ausgleich zur angestammten Lernkultur und bestätigt damit, dass der Westen vieles besser macht.

Eine andere Art von Bindung

 Das «Ich» des Kindes steht in China nicht gleichermassen im Zentrum wie im Westen. Man feiert daher auch keine Kindergeburtstage, sondern erinnert im Gegenteil das Kind daran, welchen Schmerz es der Mutter bei der Geburt verursacht hat. Das Gebot der kindlichen Pietät den Eltern gegenüber wird damit begründet, dass die Eltern ihm auf eigenes Risiko das Leben geschenkt haben. Dieses Verständnis erlaubt es den Eltern, ihre Kinder auch über die Kindheit hinaus als Teil ihres eigenen Ichs zu verstehen. Die Familie ist ein verschmolzenes Wir. Auch wenn das Kind von den Eltern abgenabelt ist, bleibt es ein Teil von ihnen.
Was die Eltern von sich fordern, dürfen sie daher auch von den Kindern verlangen, wobei allerdings die Eltern die Pflicht haben, die Kinder bestmöglich zu unterstützen. (Ende Zitat)


Kommentar: Das Buch "Die Mutter des Erfolgs" schlug schon vor der Veröffentlichung wie eine Bombe ein. Die Autorin Amy Chua verzeichnet bei Google  fünf Millionen Einträge. In Europa schaffen es die bekanntesten Pädagogen höchstens auf 200 000 Treffer. Das Thema mit dem gnadenlosen Kasernenhof Drill hat explosiven Zündstoff.
Denn in unseren Volksschulen:

- fallen viele Stunden aus

- Lehrpläne sind überfüllt

- Die Lust zu lernen lahmt

- Computerspiele sind interessanter als die Schule

- Ein Lehrer hat allein Mühe, die Disziplin aufrecht zu erhalten

- Eltern bemühen sich um Privatlehrer, weil es in vielen Klassen zu viele Schüler hat, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind

- In den propagierten integrierten Klassen lähmen verhaltensgestörte Kinder das Lernklima. Auch Sonderschüler, die nicht mehr gesondert geschult werden dürfen, belasten den Unterricht. Schüler dürfen nicht mehr ausgeschlossen werden.

- Es besteht der Trend: Schule ohne Noten!

- Unerlaubtes Fernbleiben hat keine Folgen mehr. Einträge (Absenzen, Verhalten) im Zeugnis werden vielerorts verboten.


Nun kommt eine chinesische Professorin, die plötzlich die heutige Schule mit einfachen, provokativen Rezepten aufmischt:



Sie hat  ihre eigenen Kinder mit Härte auf Erfolg getrimmt. Und propagiert in ihrem neuen Buch Ungewohntes:


Als Gegensymbol zu Computerspielen und Markenklamotten schafft sie das Gegensymbol Geige oder Klavier.


Ihre Thesen basieren auf der Weltanschauung von Franklin:

"Wenn ihr das Leben liebt, vergeutet nie, NIEMALS eure Zeit."


Oder von Jefferson:

"Ich glaube zutiefst an das Glück, und je mehr ich mich anstrenge, desto mehr Glück habe ich.."


Es ist verständlich, dass alle Eltern, die mit der EGO- Macke erzogen worden sind,  nervös werden, wenn eine Chinesin folgende Regeln predigt:


- Hausaufgaben stehen an erster Stelle
- Eine 5 ist eine schlechte Note
- Ihr Kind muss in Mathe immer zwei Jahre voraus sein
- Das Kind darf nicht öffentlich gelobt werden
- Bei Meinungsverschiedenheiten des Kindes mit einem Lehrer oder einem Trainer, muss man immer die Partei des Lehrers oder Trainers ergreifen
- Die einzige Freizeitbeschäftigung, die man den Kindern erlauben soll, sind solche, die ihnen eine Medaille eintragen

- Und diese Medaille muss aus Gold sein.
Die Professorin hat ihren Töchtern nicht erlaubt
- bei Freundinnen zu übernachten
- Kinderpartys zu besuchen
- Im Schultheater mitzumachen
-Fernsehen und Computerspiele sind tabu


Nach meinem Dafürhalten sind alle EXTREME schlecht. Es gibt bei der Erziehung kein "Entweder - Oder". Sondern es gilt ein "Sowohl - Als auch", das situative, flexible Verhalten.


Wichtig ist das, was das Kind braucht:

+ Geborgenheit
+ Körperliche Unversehrtheit
+ Bindungssicherheit
+ aber auch klare Grenzen und Strukturen




So wie ich die schwarze Drillpädagogik (Brutalo Philosophie) ablehne, schaden wir wir unseren Kindern  mit einer unbedachten "Kuschelpädagogik". 










Erst wenn wir die Balance gefunden haben, zwischen Freiheit und Grenzen, zwischen Fördern und Fordern, zwischen Freiheit und Zwang, dann  sind wir auf dem richtigen Weg. Das Buch von Amy Chua hat immerhin etwas bewirkt: Eltern und Erzieher sollten erkennen, dass es bei der Erziehung nicht nur einen Weg zum Erfolg geben kann.













FAZIT:


Schon Bernhard Bueb (Elite Internatschule Salem)  machte den Erziehern  in seinem Buch "Lob der Disziplin" bewusst, dass bei Führungsstilen Brachial Methoden völlig inakzeptabel sind. Wir müssen aber den Kindern das Glück - das einer Anstrengung folgt - erleben lassen. Wir sollten uns  stets fragen, wie wir unsere Kinder befähigen können, sich anzustrengen, um den Sinn für Qualität zu entwickeln.

Wir haben leider verlernt, hartnäckig ein Ziel zu verfolgen und Selbstdisziplin zu lernen.
Nur Kinder die das können, werden Leistungen erbringen, für die sie Anerkennung bekommen.
Wie viele Jugendliche beginnen begeistert zu Reiten oder Klavier zu spielen, hernach kommt rasch der Punkt, wo es ums Ueben geht. Dann scheitern  sie, weil die Ausdauer fehlt und man sich mit dem Mittelmass zufrieden gibt. Leider geht es nicht immer ohne Druck. Wie viele Eltern wagen es noch, zu fordern: "Erst wenn Du geübt hast, darfst du draussen spielen"? Druck ist und bleibt  immer eine Frage des Masses. Die Forderungen des Erziehers müssen sich  stets an den Möglichkeiten des Kindes orientieren.

Ermutigen wir unsere Kinder, aus den jeweiligen Talenten das Beste zu machen.

Verlangen wir von ihnen, sich anzustrengen.

Lob ist nicht falsch. Aber wir werden unglaubwürdig, wenn wir zu häufig das Mittelmass loben. Dabei ist auch konstruktive Kritik ein Weg der Anerkennung.

Eltern dürfen nie zulassen, dass sie ihre Kinder aufgeben.

Wenn von den Kindern etwas gefordert wird, befürchten viele Eltern, die Liebe ihrer Kinder zu verlieren.


Die Angst, die Zuneigung zu verlieren ist unberechtigt.

Die Achtung gewinnen Erzieher dadurch, dass sie von den Kindern etwas abfordern. Strenge ist nur schlecht, wenn sie ohne Liebe und Fürsorge ausgeübt wird.

Deshalb bleibt das Erziehen so anspruchsvoll. Billige Rezepte taugen nichts, vor allem nicht die extremen Führungsstile (ob Drill oder Beliebigkeit). Es geht immer um die Balance, die richtige Gewichtung, damit die Erziehungsprozesse im Lot bleiben.
Meine Meinung zur Thematik:



Ein Kind ist ein Kind und braucht Strukturen und Regeln. Dieses "individuelle Entfalten" sollte erst dann angesetzt werden, wenn das Kind geistig auf eigenen Beinen steht bzw. sein "Rucksack" mit dem nötigen Werkzeug gefüllt hat. Ansonsten ist der zukünftige Erwachsene ein Lust gesteuertes Lebewesen ohne Durchhaltewillen.

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