Können Parteien vor allem mit extremen Positionen punkten?
In der Vergangenheit holten sich jene Parteien stimmen, die eindeutige Postionen vertraten. Die Mitteparteien zählten zu den Verlierern. Jüngst schien es, dass die Mitteparteien - dank differenziertem Verhalten - in den nächsten Wahlen zulegen würden. In 20 Min prognostiziert ein Politologe, dass auch künftig die kulturellen Gegensätze Wähler mobilisieren können. Ich zitiere:
Neuer Kulturkampf in der Schweiz
Wissenschaftler haben die Wahlen 2007 in der Schweiz untersucht. Die Studie ist zum Schluss gekommen, dass der kulturelle Konflikt immer wichtiger wird. Davon profitieren SVP und Grüne.
Parteien haben begriffen, dass sie mit Themen zum Kulturkampf punkten können. (Bild: Keystone)
SVP war klare Siegerin der Nationalratswahlen 2007
Zur Erinnerung: Bei den Nationalratswahlen 2007 errang die SVP einen «historischen» Wähleranteil von 29 Prozent. Auch die Grünen legten zu. Ihr Erfolg ging auf Kosten der SP, die eine Schlappe erlitt. Die FDP sackte weiter ab, die CVP konnte sich auffangen.
Die SVP, die sich gegenüber 2003 um 2,3 Prozentpunkte steigerte, gewann vor allem auf Kosten der FDP. Diese fiel um 1,7 Prozentpunkte auf 15,6 Prozent zurück.
Die CVP konnte ihren langjährigen Abstieg stoppen und festigte ihren Stimmenanteil bei 14,6 Prozent.
Die Grünen steigerten sich um 2,2 Prozentpunkte auf 9,6 Prozent. Erfolg hatten auch die neu angetretenen Grünliberalen, die einen Wähleranteil von 1,4 Prozent erreichten.
Die grünen und grünliberalen Gewinne gingen in erster Linie auf Kosten der SP, die 3,8 Prozentpunkte verlor und mit 19,5 Prozent erstmals seit 1991 wieder unter die 20 Prozent-Marke rutschte.
Die meisten kleineren Parteien büssten bei den Nationalratswahlen 2007 an Gewicht ein. Herausgeber Georg Lutz vom Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften FORS in Lausanne sprach am Freitag bei der Vorstellung der Untersuchung von einem neuen «Kulturkampf». Die im Rahmen des Wahlforschungsprojekts Selects erarbeitete Studie befasst sich mit dem Wählerverhalten bei den eidgenössischen Wahlen 2007.
Streit um Einfluss von Staat und Markt tritt in den Hintergrund
Der Konflikt zwischen Traditionalisten und Isolationisten auf der einen und Verfechtern einer politischen und gesellschaftlichen Öffnung auf der anderen Seite prägt das Wählerverhalten, die Parteienpräferenz, immer stärker.
Dagegen tritt der «klassische» sozio-ökonomische Gegensatz, der Streit um den Einfluss von Staat und Markt, in den Hintergrund. So verlieren die traditionellen politischen Milieus (SP - Arbeiterschaft, FDP - Bürgertum, CVP - Katholiken) an Bedeutung, die Parteienlandschaft wandelt sich.
Gut Verdienende wählen links, Arbeiter SVP
Im neuen «Kulturkampf» sammeln sich relativ gut verdienende sozio- kulturelle Spezialisten wie Lehrer oder Sozialarbeiterinnen bei den Grünen und der SP. Sie stehen für die Integration der Ausländer sowie die politische und gesellschaftliche Öffnung ein. Auch technische Spezialisten sind in diesen Parteien gut vertreten.
Arbeiter, Angestellte oder Gewerbetreibende, die eine Öffnung beargwöhnen und die Traditionen hochhalten, finden bei der SVP ihre Heimat. Dies obwohl die Partei den Ausbau des Sozialstaates bekämpft, von dem die «kleinen Leute» am stärksten profitieren würden.
FDP und CVP haben es schwer, sich in diesem kulturellen Konflikt zu profilieren, wie Daniel Oesch und Line Rennwald von den Universitäten Lausanne respektive Genf in ihren Beiträgen festhalten.
Grüne: Grosses Potenzial - schlecht ausgeschöpft
Von allen Schweizer Parteien hatten die Grünen 2007 das grösste Wählerpotenzial - fast die Hälfte der Befragten konnte sich vorstellen, grün zu wählen. Die Partei konnte dieses Reservoir aber nur zu einem Fünftel ausschöpfen, wie Daniel Bochsler von der Central European University Budapest und Pascal Sciarini von der Universität Genf darlegen.
Die Grünen sprechen in erster Linie jüngere Leute an, aber diese beteiligen sich weniger an Wahlen. Die anderen Parteien hatten kleinere Potenziale (von 40 bis 45 Prozent), konnten diese aber besser ausschöpfen: die SVP zu fast drei Vierteln, die SP, deren Potenzial sich weitgehend mit dem der Grünen deckt, zu 43 Prozent. (Ende Zitat)
Kommentar:
SP, Grüne und die SVP vertreten extreme Positionen, meist extremer als die Wählerschaft denkt. Erstaunlicherweise hilft dies dennoch diesen Parteien. Möglicherweise deshalb, weil die Bevölkerung hofft, dass durch die extremen Forderungen die Politik in eine gewisse Richtung gelenkt werden kann. Falls Georg Lutz mit seiner Einschätzung recht hat, wird somit künftig bei den gemässigten Mitteparteien der grosse Zulauf weiterhin ausbleiben.
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