Tragisch aber wahr: Nella Martinetti versucht sich mit dem Virus "Mediengeilheit" zu therapieren
Ich zitiere Tagi:
Nella Martinetti ist ein Schweizer Boulevard-Phänomen. Seit Jahrzehnten schafft sie es, sich in den Schlagzeilen zu halten. Zuerst als «Dynamit aus Ascona» an volkstümlichen Galas, dann vor allem mit bizarren Liebesbeziehungen, intimen Geständnissen, Tabletten- und Alkoholsucht oder Nacktaufnahmen. Das war zeitweise sogar für die «Glückspost» zu viel. Nella wurde aus dem Blatt verbannt, angeblich um sie vor sich selbst zu schützen. Im letzten Jahr schliesslich katapultierte eine Krebsdiagnose die 64-Jährige zurück ins Rampenlicht.
Ein weiterer PR-Gag? Nellas Krebs sei auf wundersame Weise abgeschwächt, hiess es vor ein paar Monaten im «Blick am Abend»: «Sogar der Krebs läuft von ihr davon.» Doch so weit geht nicht einmal eine Nella Martinetti, der Bauchspeicheldrüsenkrebs, erfuhren wir gestern, ist Realität und unheilbar. Die Tessinerin sieht die «Blick»-Schlagzeile schon vor sich, was sie zu freuen scheint: «Nella Martinetti ist tot!» Makaber? Aber nicht doch. «Ich war und bin eine ‹Blick›-Frau. Wo ‹Blick› ist, bin ich dabei. Fertig. Schluss!»
Selbstmitleid
Dass Martinetti ihre Krebskrankheit in der Öffentlichkeit zelebriert, sei die «ultimative Fortsetzung einer tragischen Boulevardexistenz, die nichts ausliess, um an ein wenig Rampenlicht zu kommen», schrieb die «Weltwoche» kürzlich.
Tatsächlich sagt die Frau Dinge wie: «Ich bin nicht mehr lange hier» oder «Ich weiss, dass man mich oft für unglaubwürdig hielt. Aber jetzt berühre ich die Leute.» Und natürlich berührt einem solches zur Schau gestelltes Selbstmitleid vor allem unangenehm.
Wie die «Reporter»-Ausgabe gestern ohne falsche Ergriffenheit aufzeigte, weist der Fall Nella Martinetti darauf hin:
Die grosse Liebe blieb ihr versagt. Ihre Geschwister meiden sie. Ihr Kinderwunsch blieb, nachdem sie vor 30 Jahren abgetrieben hatte, unerfüllt. «Ich hinterlasse nichts. Das ist traurig», sagte Nella Martinetti in der ihr eigenen Mischung aus Selbstmitleid und Selbsteinsicht.
Krebsshow auf dem Boulevard
Und: «Viele denken, ich sei ein bisschen verrückt. Sie haben recht.» Doch man muss kein grosser Psychologe sein, um zu sehen, dass hier weit mehr falsch gelaufen ist, dass hier jemand zeit seines Lebens einen Plan verfolgt hat, der nicht aufgehen konnte: Einsamkeit mit Aufmerksamkeit zu bekämpfen. Die Krebsshow auf dem Boulevard ist da bloss das Schlusskapitel.
Neu ist diese Einsicht nicht, man kann sie aus jedem der unzähligen Martinetti-Interviews herauslesen. Trotzdem war die «Reporter»-Sendung erhellend. Weil sie Momente einfing, die die von überdrehter Fröhlichkeit kaschierte Tragik in Martinettis Leben auf den Punkt brachten. Etwa diesen:
Die Sängerin will, obwohl sie sich kaum auf den Beinen halten kann, am Grand Prix der Volksmusik auftreten. Also stellt man der im Rollstuhl angereisten Schwerkranken ein Stützmäuerchen hin, das vermeintlich zum Bühnendekors gehört. Das Publikum klatscht, Nella singt, Standing Ovation. In ihren Augen sammeln sich Tränen.
Dann wird sie wieder davon gekarrt.Dazu kann ich nur sagen: TRAGISCH!!!!!!!
LINKS:
“MEDIENGEILHEIT” – EINE UNHEILBARE KRANKHEIT?
File Format: PDF/Adobe Acrobat - Quick View la Martinetti war beispielsweise eine solche infizierte Person. So wurde sie immer wieder ... presse könnte man nun meinen, Nella Mar- ... www.rhetorik.ch/Aktuell/08/04_08/04_08.pdf -Similar
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