Montag, 29. März 2010

Verhandeln darf nicht heissen: Dauernd einseitig nachgeben

Bei Verhandelungsprozessen muss man sich auch positionieren.

Es ist gravierend, welche Kapitalfehler dem Bundesrat bislang bei all seinen Verhandlungen rund um die Befreiung der Geiseln unterlaufen sind.

Das jüngste Beispiel erlebten wir nun beim Druckmittel mit der Visasperre. Weil die Auswirkungen auf andere Länder nicht berücksichtigt worden sind, hatte die Schweiz im Interesse anderer europäischer Staaten die Visasperre vorzeitig aufgehoben. Man erhoffte, dass dank dieser einseitigen Vorleistung auf den Goodwill Libyens.

Karikatur

1/49 Foto: Rainer Hachfeld, Deutschland

Immer wieder hatte Bundesrat Merz eine baldige Freilassung Göldis in Aussicht gestellt. Man erwartete sogar, dass sich Berlusconi für die Schweiz einsetze.

Einmal mehr wurde das einseitige Nachgeben mit einer Verschärfung der Haftbedingungen quittiert. Göldi fristet nun die Gefangenschaft in einer Dunkelzelle. Die Schweiz scheint keine Verbündeten mehr zu haben.

Was mich heute überraschte. Es gibt noch jemand, der zur Schweiz steht: Es ist der deutsche Aussenminister. Er scheint der Einzige zu sein, der eindeutig Verständnis zeigt für die Anliegen unseres Landes.

Ich zitiere Blick:

Westerwelle: «Libyen muss die Geisel Göldi freilassen.» (Reuters)

Die Schweiz hat im Streit um die Visa-Sperre für libysche Bürger im Schengenraum nachgegeben. Vor allem Italien hatte diesbezüglich Druck gemacht und sich unverhohlen auf die Seite Libyens geschlagen.

Der Schweiz bleiben in der EU nicht mehr viele Freunde.

Einzig der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle fand übers Wochenende klare Worte an die Adresse von Wüsten-Diktator Muammar Gaddafi: Jetzt sei Libyen am Zug, sagte er in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». «Libyen muss die Geisel Göldi freilassen, und zwar unverzüglich.»

EU entschuldigt sich bei Libyen

Die EU entschuldigte sich währenddessen bei dem nordafrikanischen Staat für den «Ärger und die Unannehmlichkeiten», die libysche Bürger durch die Visa-Sperren erlitten hätten. Und der Schweizer Geschäftsmann Max Göldi sitzt nach wie vor im Knast, wurde gar in eine fensterlose Zelle verlegt .

Ganz im Gegensatz zum ehemaligen deutschen Finanzminister Peer Steinbrück hält Guido Westerwelle auch in Sachen Bankgeheimnis klar zur Schweiz: Obwohl es Amtshilfe gemäss dem neuen Steuerabkommen nur auf Verdacht gibt, zeigt sich der Aussenminister damit «zufrieden».

«Idee des gläsernen Bürgers überzeugt nicht»

Die Idee der Aufhebung des Bankgeheimnisses und des gläsernen Bürgers überzeuge ihn nicht, so Westerwelle im Interview. «Nicht für die Schweiz, nicht für Deutschland.» Die Schweiz und Deuschland seien «befreundete Staaten», die seit vielen Jahrzehnten zusammenarbeiteten.

«Wir vertreten denselben Wertekompass: freiheitliche Grundordnung, Mitverantwortung für das Gemeinwesen und Rechtsstaatlichkeit», sagte der deutsche FDP-Minister.

Spielball des Irren Herrschers von Tripolis: Der Schweizer ABB-Mitarbeiter Max Göldi sitzt immer noch im Knast. (Reuters)

Spielball des Irren Herrschers von Tripolis: Der Schweizer ABB-Mitarbeiter Max Göldi

sitzt immer noch im Knast. (Reuters)

Kommentar: Wer das Trauerspiel im Umgang mit den monatelangen, peinlichen Verhandlungen mit Libyen mitverfolgen konnte, begreift nicht, dass die Regierung ständig alle Trümpfe freiwillig aus der Hand gab, obschon hinlänglich bekannt ist, dass ein despotischer Machthaber Abmachungen nicht von sich aus einhält.

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