Mittwoch, 3. März 2010

Bei Maischberger: Musterbeispiel einer Schreidebatte

Ich habe schon viele hitzige Debatten gesehen. So etwas, was ich gestern am deutschen Fernsehen mitverfolgen konnte, war aber aussergewöhnlich - man darf sagen- war einmalig. Statt heftig zu debattieren, wurde geschireen und alle redeten gleichzeitig. Ich hätte als normaler Konsument längst weggezappt. Denn für die Zuhörer war es über weite Strecken unmöglich, die Argumente mit zu bekommen. Doch ich blieb auf dem Kanal. Ich wollte beobachten, wie eine Profimoderatorin so eine Ausnahmesituation meistern wird. Vorweg gesagt: Sie warf die Flinte ins Korn und konnte sich nicht durchsetzen.

Ich zitiere Bild:

Sieht so eine konstruktive Hartz-IV-Debatte aus? Schrei-Chaos in Sandra Maischbergers Talkshow

Thema: „Ihr da oben, Ihr da unten: Wer sind die wahren Asozialen?“

Maischberger versucht zu schlichten

Sandra Maischberger

Moderatorin Sandra Maischberger versuchte immer wieder zu schlichten, doch die Gäste ihrer Talkshow ließen sich nicht beruhigen
Foto: WDR - Max Kohr

Dienstagabend bei „Menschen bei Maischberger“ (ARD): Zwei Unternehmer und zwei Politiker trafen auf zwei Hartz-IV-Empfänger, um die Frage „Ihr da oben, ihr da unten: Wer sind die wahren Asozialen?“ zu diskutieren.

Es endete im Schrei-Chaos – vor einem Millionenpublikum.

Sandra Maischberger moderiert nächste „3 nach 9“-Sendung

In Sandra Maischbergers Talksendung sollten Betroffene und Unternehmer zu Wort kommen, sich zur aktuellen Hartz-IV-Debatte äußern.

Die Gäste: Dagmar Enkelmann (Fraktionsgeschäftsführerin, Die Linke), Martin Lindner (Berliner FDP-Politiker), Thomas Kramer (Unternehmer und Investor, galt in den 80er-Jahren als Börsenwunderkind in Deutschland mit Millionengewinnen, lebt seit 20 Jahren in Amerika), Wolfgang Grupp (schwäbischer Textilunternehmer, hat kein Verständnis für Unternehmer, die Arbeitsplätze ins Ausland verlagern) und die beiden Hartz-IV-Empfänger Christo Grossmann und Josef Siegel.

Statt einer sachlichen Diskussionsrunde gab es Schimpftiraden

(Grupp: „Leute wie Donald Trump sind für mich keine Unternehmer. Das sind Ausbeuter und Hasardeure. Wer eine Milliardenpleite hinlegt und anschließend Milliardär bleibt und den Steuerzahler die Milliardenverluste zahlen lässt, ist für mich ein Ausbeuter“), Drohungen (wieder Grupp: „Wer aus Deutschland nach Amerika auswandert, hat einen Grund. Auch Herr Kramer hatte einen Grund, wenn er ihn nicht selbst sagt, werde ich es vielleicht später noch tun“),

Persönliche Verbal-Angriffe und unkontrollierte Schrei-Attacken.

Anstatt über Hartz IV zu sprechen, diskutierte man zeitweise nur über Kramers Geschäftspraktiken vor 20 Jahren – dabei gingen vor allem die beiden Unternehmer Kramer und Grupp heftig aufeinander los. Aber auch die anderen Talk-Gäste ließen sich von der erhitzen Stimmung anstecken, schrieen wild durcheinander. Da konnte die Moderatorin Sandra Maischberger nichts ausrichten.

Kommentar: Jeder Moderator müsste diese Ausnahmesituation antizipieren.

Ich gehe davon aus, dass Sandra Maischberger im Vorgespräch die Spielregeln eindringlich bekannt gemacht hat. Nach meinem Dafürhalten müsste die Regie in einer derartigen Ausnahmesituation die Möglichkeit haben, das Mikrofon jener Person, der das Wort erteilt worden ist bevorzugen. Ich weiss es ist nicht einfach. Doch könnten die andern Mikrofone - falls sie einzeln geschaltet sind - zurücknehmen.

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