Freitag, 19. Februar 2010

Urs Lehmann und die Medien
Wenn vor der Boulevardpresse verlautet wird, Sportler des Schweizer Teams hätten über die Stränge gehauen und Urs Lehmann von einem Saufgelage erzählt:

"Ein Schweizer Athlet säuft im House of Switzerland ab"

Dann aber auf Nachfrage der Medien zurückkrebst, so scheint Urs Lehmann nicht zu wissen, wie die Medien ticken. Andeutungen sind etwas vom Schlimmsten. Es folgen Vermutungen und Gerüchte. Alle Sportler werden damit verdächtigt.


Der Artikel am andern Tag veranschaulicht, dass es sich immer lohnt, zu überlegen, bevor man spricht. Gesagt ist gesagt. Es nützt später nichts mehr, wenn die Medien beschuldigt werden, dass Sie ein Bild mit einem Saufgelage montieren:

Feucht-fröhliches Feiern gehört zum House of Switzerland. (Montage: BLICK/Keystone)

Urs Lehmann, Präsident von Swiss-Ski. (Sven Thomann)

Hier tanzt Lehmann mit seiner Frau Conny Kissling. (Philippe Rossier)

Lehmann regt sich über einen Schweizer Olympioniken auf.
Feucht-fröhliches Feiern gehört zum House of Switzerland.
(Montage: BLICK/Keystone)

BLICK Online und Blick am Abend berichteten. «Es bereitet mir Sorgen, wenn sich ein Athlet nicht professionell verhält», sagte Lehmann in einem Interview – ohne vom Journalisten zum Thema provoziert worden zu sein. Die Aussage sorgt in Vancouver und Whistler für Wirbel. Sie bringt Unruhe in die Schweizer Olympia-Delegation, die mit vier Medaillen – davon drei goldenen – so gut gestartet ist.
«Ich muss mich entschuldigen. Ich habe einen Fehler gemacht», sagt er. «Ich hätte dazu nichts sagen sollen. Jetzt wird die Story masslos aufgebauscht.» Und weil der Lostreter keinen Namen nennt, stellt er das ganze Schweizer Team, jeden der 146 Athleten unter General-Verdacht. «Klar haben wir darüber diskutiert», sagt Headcoach Gian Gilli. «Und wir regeln die Sache teamintern.» Auch Gilli nennt keinen Sünder. Nach seinem Informationsstand sei es aber nicht schlimm gewesen. «Aber Sportler stehen halt einfach in einer Vorbild-Rolle. Sanktionen, wie den Rauswurf aus dem Team, wird es aber nicht geben. Eher eine Busse.» Dann hätte in Vancouver ein Snowboarder über die Stränge geschlagen. Und Lehmann, seit kurzem zusammen mit Bruno Kernen auch Besitzer der Management-Agentur von Giusep Fry, hätte Argumente, den Geldfluss innerhalb von Swiss Ski noch konzentrierter in Richtung der «anständigen» Alpinen fliessen zu lassen – von denen er selbst einige vermarktet.
Da müssen wir aber mehr wissen, Herr Lehmann!, fordert BLICK. Und der Swiss-Ski-Präsi krebst zurück.
Gesagt ist gesagt, Herr Lehmann. Als langjähriger Co-Kommentator von Eurosport und cleverer Geschäftsmann müsste der Abfahrts-Weltmeister von 1993 nämlich bestens wissen, wie die Medien funktionieren. Es ist also allein Urs Lehmann, der die Story aufgebauscht hat.
Wer war der Sünder? Namen nennt Lehmann natürlich nicht. Wurde der Sportler ausfällig? Konnte er nicht mehr stehen und hat er bloss noch gelallt? Hat er Gäste angepöbelt? Gab es Scherben? Dazu nimmt Lehmann ganz am Rand Stellung: Der Sportler sei einfach leicht angeheitert gewesen.
Also alles halb so schlimm?
Doch die Skandal-Story ist ausgelöst.
Passierte der Vorfall in Whistler oder Vancouver? Für Lehmann kann diese Frage zentral sein. Er beantwortet sie nicht. Whistler-Insider deuten nach Vancouver. Also auch da Lehmann-Taktik.
Bedauerlich, zumal Urs Lehmann wissen sollte, wie man mit Medien umgeht!

Nachtrag:

Es war damit zu rechnen, dass die Medien den Namen des Sportlers herausfindet, der zuviel getrunken hat. Bereits am Tag darauf lesen wir:

Blick.ch weiss aus sicherer Quelle, wer der Partykönig ist und damit einen über den Durst getrunken hat – Abfahrer Patrick Küng!

Küng muss allerdings mildernde Umstände bekommen, weil er sich nicht unmittelbar vor einem Wettkampf die «Kante» gegeben hat: Der Glarner zog in den internen Qualifikationsläufen gegen Ambrosi Hoffmann und den späteren Olympiasieger Didier Défago im Kampf um die letzten Abfahrts-Startplätze den Kürzeren, und war deshalb nur noch als Ersatzfahrer in Whistler. Darum dürfte er sich anlässlich der Gold-Feier von Défago und Dario Cologna am Montag auch aus Frust einen zuviel hinter die Kiemen gegossen haben. Im Rausch hat Küng aber weder randaliert, noch sind andere Gäste zu Schaden gekommen.

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