Donnerstag, 29. Oktober 2009

HAUSAUFGABEN "JA" oder "NEIN"?

SP auf dem Holzweg

Ich zitiere den TAGI:

«Ufzgi» sollen abgeschafft werden

Die Sozialdemokraten wollen die Hausaufgaben abschaffen, weil nicht alle Kinder zu Hause gleich gut betreut sind. Doch in den meisten Schulen gibt es heute Aufgabenstunden.

Kinder einer Berner Tagesschule bei den Hausaufgaben: Betreute Stunden in den Schulen sind vielerorts bereits Realität.

Kinder einer Berner Tagesschule bei den Hausaufgaben: Betreute Stunden in den Schulen sind vielerorts bereits Realität. Bild: Béatrice Devènes

Tipps für Eltern: Mehr Vertrauen

Hans-Jürg Keller, Prorektor an der Pädagogischen Hochschule Zürich, sagt, worauf Eltern beim Thema Hausaufgaben achten sollten.

- Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind einen ruhigen, aufgeräumten Arbeitsplatz hat, wo es ungestört arbeiten kann.

- Haben Sie Vertrauen und überwachen Sie Ihr Kind nicht unentwegt.

- Vielleicht können Sie Ihr Kind bei der Arbeitstechnik unterstützen: Welche Aufgaben sollte man zuerst anpacken, welche kann man auch noch etwas später erledigen? Welche Hilfsmittel kann ich beiziehen, bei welchem Kollegen mich erkundigen? Wann plane ich eine Pause ein?

- Sollte Ihr Kind häufig zu lange an seinen Hausaufgaben sitzen, kontaktieren Sie die Lehrperson und suchen Sie gemeinsam eine Lösung des Problems.

- Ihr Kind muss die Hausaufgaben nicht unbedingt direkt nach der Schule machen. Vielleicht braucht es zuerst eine halbe Stunde, um etwas anderes zu tun. Der richtige Zeitpunkt ist nicht bei allen Kindern der gleiche.

- Praktisch auf der ganzen Welt werden sie als sinnvolle Ergänzung zum Unterricht erteilt. Vielerorts sind sie gar gesetzlich vorgeschrieben.

Martin Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamtes, fände es ein Verlust, wenn die Hausaufgaben abgeschafft würden. Es sei nämlich falsch, teure Unterrichtszeit für reines Üben zu verbrauchen. Französischwörter könne man genauso ohne Lehrer lernen und beim «Stöcklirechnen» müsse dieser nicht daneben stehen. Zudem gebe es Dinge, die in der Schule gar nicht möglich seien: etwas zu beobachten oder zu sammeln. Auch ein Vortrag werde am besten zu Hause vorbereitet.

Eine Stunde für 6.-Klässler

Zentral ist für Wendelspiess, dass Hausaufgaben in vernünftiger Dosierung erteilt werden. Als Faustregel gilt: pro Klasse 10 Minuten. Ein Zweitklässler muss mit 20, ein Sechstklässler mit 60 und ein Sekundarschüler in der dritten Klasse mit 90 Minuten rechnen. Sinnvoll sind für Wendelspiess neben den normalen Hausaufgaben auf den nächsten Tag auch längerfristige Arbeiten oder Wochen-«Ufzgi». Dabei lernten Kinder, die Zeit einzuteilen.

Für die Sozialdemokraten sind Hausaufgaben unerwünscht, weil die Kinder nicht die gleichen Chancen haben. Während die einen zu Hause bestens betreut werden, sind andere mit ihren Hausaufgaben allein, weil die Eltern nicht da sind oder weil sie nicht verstehen, was in den Hausaufgaben verlangt ist. Die Sozialdemokraten fordern daher obligatorische und betreute Aufgabenstunden in den Schulen, wo alle Kinder die gleichen Möglichkeiten haben.

SP-Vorschlag «halbbatzig»

Hans-Jürg Keller, Prorektor an der Pädagogischen Hochschule Zürich, reagierte gestern ablehnend auf die SP-Forderung.

Mit einer obligatorischen Aufgabenstunde könne das Problem nicht gelöst werden. Es sei wichtig, dass die Kinder das selbstständige Lernen übten.

Ende Zitat

Kommentar:

Lehrkräfte und Eltern sollten vorerst über Sinn und Zweck der Hausaufgaben reflektieren. Hausaufgaben sind ein Instrument, um das selbständige Arbeiten und das Durchstehvermögen zu festigen.

In zahlreichen Lehrerweiterbildungsveranstaltungen habe ich die Hausaufgaben in Diskussionsrunden thematisiert. In unzähligen Gesprächen erkannten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer:

- Hausaufgaben sind nicht dazu da, verpassten Schulstoff nachzupauken

- Die Hausaufgabe ist eine Aufgabe, die das Kind SELBST erledigen sollte. Die Eltern bleiben im Grunde genommen - hinsichtlich Hausaufgaben - völlig entlastet. Die Schülerin lernt, SELBSTAENDIG (ohne Aufgabenhilfe und ohne Unterstützung der Eltern) eine Pflicht zu erfüllen. Die Lehrerinnen und Lehrer haben nach der Kontrolle die Möglichkeit, dort nachzugreifen, wo einzelne Kinder dieser Pflicht nicht nachkommen. Auch beim selbständigen Arbeiten gilt: Ohne Kontrolle keine Nachhaltigkeit.

- Die Hausaufgabe sollte individuell erledigt werden. Das - "Wann, Wie, Wo die Aufgabe erledigt wird" - spielt im Grunde genommen keine Rolle. Wichtig ist aber, dass die Lehrperson am nachfolgenden Tag erkennt, ob das Kind diese Pflicht erledigt hat und durchsetzt, dass diese Pflicht selbständig bewältigt wird.

- Ein Lehrer sagte mir, dass er am Elternabend jedes Mal betone, dass für ihn die Hausaufgaben ein wertvolles Feedbackinstrument sei. Deshalb sollte niemand den Kindern bei den Hausaufgaben helfen oder für sie diese Aufgaben erledigen. Wie will ein Schüler die Schuhe selbst binden lernen, wenn ihm die Schuhe dauend gebunden werden. Nur dann, wenn dem Kind nicht geholfen wird, merkt eine Lehrperson, was nachträglich vertieft, wiederholt oder zusätzlich geübt werden muss. Es wird erkannt, wenn etwas falsch verstanden wurde.

- Eine Lehrerin setzte - je nach Schulstufe - für die Hausarbeit eine Zeitlimit. So verlangte sie auf der Sekundarschulstufe, dass ein Schüler nicht länger als 1 1/2 Stunden an den Hausaufgaben arbeiten solle. Niemand musste bei ihr länger arbeiten. Die Schüler hielten sich an diese Richtzeiten. So wurde auch niemand überfordert. Dank dieser Zeivorgabe sah die Lehrerin zudem, wie belastbar das einzelne Kind war und erkannte, wieviel der einzelne Schüler in der vorgegebenen Zeit bewältigen kann. Beurteilt wurde in erster Linie die selbständige Pflichterfüllung

- Dank Hausaufgaben, lernen Jugendliche die erworbenen Arbeitstechniken anwenden und können diese Techniken in der Praxis festigen

FAZIT: Die SP ist somit auf dem Holzweg, wenn die Partei glaubt, man könne - dank eines Hausaufgabenverbotes - die Chancengleichheit fördern. Dieser Vorschlag ist so abwegig, wie wenn man vorschreiben würde, dass alle Eltern die Kinder genau gleich fördern dürfen. Sei es, indem beispielsweise der Staat die Kinder dem Einfluss der Eltern bewusst entzieht und ALLE Schüler durch analoge Bezugspersonen - auch ausserhalb der Schulzeit - fremdbetreuen lässt (Externe Betreuung, Aufgabenhilfe). Die Folge solcher Gleichmacherei ist vorprogrammiert: Damit würde die Zweiklassengesellschaft zusätzlich verstärkt, indem finanzstarke Eltern ihren Nachwuchs in Privatschulen fördern lassen. Denn dort werden Hausaufgaben sicher nicht verboten!

Wo sollen unsere Kinder eigentlich das selbständige Erledigen von Aufgaben lernen, wenn sie diese Arbeit nie selbständig erledigen dürfen? Hausaufgaben- richtig eingesetzt - sind und bleiben etwas Sinnvolles!

Die Forderung müsste eher lauten: Hausaufgaben JA, aber ohne Elternhilfe d.h. ohne Elternbelastung , aber auch ohne Fremdbetreuung oder organisierter Aufgabenhilfe.

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