Freitag, 4. September 2009

Der Pferdefuss im Vertrag mit Libyen - mit gravierenden Folgen

Es war der gravierendste Fehler im Vertrag, die Geiseln darin nicht zu erwähnen. Dieser Mangel muss unser Bundespräsident leider auf seine Kappe nehmen!

Der Vertrag mit Libyen

Bundespräsident Hans-Rudolf Merz hat am 20. August in Tripolis den Vertrag zwischen Libyen und der Schweiz unterzeichnet. Er soll die Krise zwischen den beiden Staaten beenden. Der Vertrag regelt hauptsächlich das Schiedsgericht, das die Verhaftung von Hannibal Gaddafi im Juli 2008 in Genf beurteilen soll. Innerhalb von 10 Tagen nach der Unterzeichnung bezeichnen beide Parteien ihren Vertreter des Schiedsgerichts. Diese wiederum bezeichnen ein drittes Mitglied, das das Gericht präsidiert. Können sich die beiden Parteienvertreter nicht bis 30 Tage nach Unterzeichnung einigen, wird der Präsident des Schiedsgerichts vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag ernannt.

Das Schiedsgericht mit Sitz in London muss bis 60 Tage nach Eröffnung des Verfahrens einen Entscheid fällen. Sieht das Schiedsgericht ein Vergehen der Genfer Polizei, sollen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Schweiz muss eine Kompensation bezahlen in der Höhe, die das Schiedsgericht festsetzt. Die Kosten für das Tribunal teilen sich die beiden Staaten.

Weiter schreibt der Vertrag vor, dass die Schweizer Regierung sich offiziell und öffentlich für die «ungerechtfertigte und unnötige» Verhaftung Hannibals entschuldigen muss. Das hat Bundespräsident Merz am 20. August in Tripolis getan.

Gemäss des Vertrags stellen Libyen und die Schweiz innerhalb von 60 Tagen die normalen bilateralen Beziehungen wieder her. Dazu gehört explizit auch der konsularische Bereich mit Einreise- und Ausreisevisa. Die beiden seit Juli 2008 zurückgehaltenen Geiseln erwähnt der Vertrag nicht.

(mdr)

Seit Wochen hiess es ständig: Das Wichtigste des Besuchs in Libyen sei die Befreiung der Geiseln. Wenn dies so ist, dass die zurückgehaltenen Geiseln 1. Priorität haben, kann erst recht niemand verstehen, dass das Wichtigste im Vertrag vergessen wurde. Aus meiner Sicht ist dies eine gravierende Verfehlung des Bundespräsidenten.

Bundespräsident Merz muss damit rechnen, dass er ein dankbares Fasnachtsujet abgibt. Der erste Rap ist bereits in Blick publiziert:

Citoyen Gladius : J'ai le mal de Merz von Citoyen_Gladius

Citoyen Gladius mit «J´ai le mal de Merz» spuckt gegen das Verhalten des Bundespräsidenten in der Gaddafi-Affäre: Hans-Rudolf Merz sei im Anzug in Tripolis angekommen und in Unterhosen heimgekehrt, heisst es etwa im Track. Sogar von Micheline Calmy-Rey müsse er sich anknurren lassen. Hannibal Gaddafi wird als Papa-Söhnchen beschrieben, der sich von Genfer Polizisten doch nichts sagen lassen müsse, nur weil er Hausangestellte verprügelt habe. In erster Linie schiesst die Unité populaire aber natürlich gegen Merz, der die Schweiz schon mit dem UBS-USA-Kundendaten-Deal entmannt habe. (zeb)

Der Kapitalfehler - das WICHTIGSTE im Vertrag nicht zu erwähnen- rächt sich jezt:

Ich zitiere TAGI:

Libyen widerspricht Merz: Rückkehr der Geiseln nie zugesagt

In der Schweiz liege wohl ein Missverständnis vor, sagt der libysche Vize-Aussenminister – und erzählt seine Version der Abmachung.

«Libyen hat Versprechen gehalten»: Der libysche Staatschef Moammar al-Qadhafi.

«Libyen hat Versprechen gehalten»: Der libysche Staatschef Moammar al-Qadhafi. (Bild: Reuters)

Diese Reaktion ist die logische Folge eines dilletantischen Vertrages. Nun steht der Bundespräsident als Lügner da und kann nicht beweisen, dass er über die Geiseln gesprochen hat. Peinlich!!!

Keine Kommentare: