Zum Eklat im Nationalrat
Für die Bevölkerung ist nicht nachvollziehbar, weshalb Toni Brunner die Immunität entzogen wird, bei Lucrezia Meier- Schatz hingegen nicht. Die Fälle liegen ähnlich. Die SVP vermutet ein parteipolitisches Ränkespiel.
Aus 20 Minuten:
Eklat im Nationalrat
Nachdem der Nationalrat die Immunität von Lucrezia Meier-Schatz nicht aufheben wollte, verliessen die SVP-Abgeordneten unter Protest den Saal.
Der Nationalrat schützt Lucrezia Meier-Schatz. (Bild: Keystone)
Draussen vor der Tür: Die SVP Nationalräte Alfred Heer, Christoph Mörgeli, Oskar Freysinger, Caspar Bader und Toni Bortoluzzi. (Bild: Keystone)
Mit 99 zu 80 Stimmen entschied der Nationalrat als erste Kammer auf Antrag einer von Carlo Sommaruga (SP/GE) angeführten Kommissionsmehrheit, dass Lucrezia Meier-Schatz und Jean-Paul Glasson wegen ihrer Rolle in der Affäre Blocher-Roschacher vor Strafverfolgung geschützt werden.
Der abgewählte Bundesrat Christoph Blocher hatte gegen Meier-Schatz und Glasson Strafanzeige eingereicht. Als Sprecher der GPK hätten ihm die beiden Abgeordneten an einer Medienkonferenz im September 2007 ein Komplott zur Absetzung von Bundesanwalt Valentin Roschacher unterstellt, um ihn aus dem Amt zu drängen.
Kriminelles Handeln «legitimiert»
Die SVP-Kommissionsminderheit, welche die Aufhebung der Immunität verlangte, war frustriert vom Abstimmungsresultat im Nationalrat. «Mit seinem Entscheid legitimiert der Rat nachweislich kriminelles Handeln», sagte Christoph Mörgeli (ZH). Laut Fraktionschef Caspar Baader (BL) obsiegten «nicht Recht und Gerechtigkeit, sondern das niedrige Motiv der parteipolitischen Abrechnung».
Nach der Abstimmung und Baaders Erklärung verliessen die SVP- Abgeordneten unter Protest den Saal. In Rage waren sie vor allem auch deshalb, weil der Nationalrat am Dienstag die Immunität ihres Parteipräsidenten Toni Brunner wegen Amtsgeheimnisverletzung im Fall Blocher-Roschacher aufgehoben hatte.
Die absolute Immunität kann auch auf Beschluss des Parlaments nicht aufgehoben werden. Sie schützt die Abgeordneten vor Strafverfolgung wegen Äusserungen in den Räten und deren Organen. Nach Ansicht des Nationalrates gilt sie auch für die Voten von beauftragten Kommissionsprechern vor den Medien.
Was denkbar ist: Bei der Abwahl Blochers konnte nachträglich festgestellt werden, dass viele Parlamentarier aus der Mitte den Plan B mitgetragen hatten, um Blocher in einer Nacht und Nebelaktion zu enttrohnen. Der hinterhältige Coup war damals gelungen. Gewiss waren bei der Abstimmung GEGEN Brunner und FUER Meier- Schatz weiderum viele dabei, die damals auch gegen die SVP mitgewirkt hatten und nicht gerne gehabt hätten, dass das Verhalten von Meier- Schatz hästte offen gelegt werden können. Der Frust der SVP scheint mir deshalb durchaus verständlich. Doch ist es wieder einmal ein Entscheid, der trotz allem akzeptiert werden muss, auch dann, wenn er fragwürdig wäre. Persönlich bin ich überzeugt, dass solche einseitigen Entscheide dem Opfer nicht schaden. Im Gegenteil: Die SVP wird durch diese Ungereimtheit erneut zusätzliche Stimmen gewinnen. Ränkespiele sind immer kontraproduktiv und werden dann zum Bumerang.
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