Freitag, 6. März 2009

Zum Auftritt des Finanzministers an der heutigen Medienkonferenz

Heute Morgen hat der Bundesrat über des Bankgeheimnis debattiert. Um 14 Uhr informierte Bundespräsident Hans-Rudolf Merz, mit welcher Strategie sich die Landesregierung gegen den massiven Druck aus dem Ausland wehren will.

(Quelle 20 Min)

Ich zitiere:

Merz: «Deutschland betreibt Steuerdumping»

Der Bundesrat will die internationale Rechts- und Amtshilfe bei Steuerdelikten ausbauen und signalisiert Offenheit. Weiter setzt er eine Expertengruppe ein, welche die Landesregierung berät. Merz warnt zudem vor Sanktionen.

Kann der Bundesrat den Druck aus dem Ausland noch abwehren? (Bild: Keystone)

Merz sagte vor den Medien, dass der Bundesrat am Schutz der Privatsphäre festhalten wolle, im Verkehr mit dem Ausland aber Gesprächsbereitschaft signalisieren wolle.

Wie man die Zusammenarbeit mit dem Ausland in Steuerfragen ausbauen könne und wolle, sei Gegenstand von

Abklärungen, die eine Expertengruppe aus Juristen und Finanzfachleuten vornehmen soll. Bis in zwei Wochen soll die Gruppe unter Leitung des Juristen und Völkerrechtlers Manuel Sager erste Resultate vorlegen.

Merz betonte, dass es sich bei der Expertengruppe nicht um eine Taskforce handelt, dass sie nicht kommuniziert und dem Sitzungsgeheimnis untersteht. Bezüglich der Probleme mit den USA brauche es in einer späteren Phase zusätzliche Spezialisten, welche dem Bundesrat unter die Arme greifen.

Im Verkehr mit dem Ausland will der Bundesrat auf gleich lange Spiesse pochen: Wenn Deutschland eine Abgeltungssteuer von 28 Prozent einführe, so Merz, und die Schweiz eine Quellensteuer von 35 Prozent kenne, dann betreibe Deutschland Dumping, und dann müsse die Schweiz gleiches Recht verlangen.

Ob man die Unterscheidung in Steuerbetrug und Steuerhinterziehung aufrechterhalten könne und wolle, beantwortete Hans-Rudolf Merz nicht: Genau darüber solle die Expertengruppe beraten und dem Bundesrat berichten.

Falls die Schweiz auf eine schwarze Liste komme, meinte Merz, gehörten Österreich und Luxenburg auch darauf. Mit den Finanzministern dieser Länder mit Bankgeheimnis wird sich Merz an diesem Wochenende treffen. Sie seien die natürlichen Koalitionspartner der Schweiz in dieser Frage.

Die Expertengruppe steht unter der Leitung des Völkerrechtlers und Diplomaten Manuel Sager. Sager hat das amerikanische Anwaltspatent und war in mehreren Funktionen als Diplomat für die Schweiz in den USA tätig. Seit letzten Herbst leitet er die Politische Abteilung V im Aussendepartement. Weiter gehören dem Gremium neben Bundesvertretern auch Nationalbank-Vizepräsident Philipp Hildebrand an, Urs Roth, Geschäftsführer der Bankiersvereinigung, Professor Alfred Mettler, der an der Giorgia State University lehrt, Professor Xavier Oberson, Ordinarius für Steuerrecht an der Universität Genf, und Titularprofessor Jens Drolshammer.

Kommentar:

Finanzminister Merz wies alle Vorwürfe zurück, der Bundesrat habe "geschlampt". Obschon er unter Druck war, versuchte Merz souverän und mehrsprachig die kritischen Fragen zu beantworten. Was mir auffiel:

Zu dem von seiner Kollegin Widmer Schlumpf geprägten neuen Begriff "schwere Steuerhinterziehung" wollte er nichts wissen und sagte eindeutig:

"Es gibt keine schwere Steuerhinterziehung".

Der Kollegin werden wohl die Ohren geläutet haben!

Die Expertengruppe wurde zum Rettungring

Bei allen heiklen Fragen konnte sich Bundesrat Merz hinter die Expertengruppe verschanzen. Die Gründung dieser wissenschaftlichen Beratergruppe, ohne eigene Befugnisse, ohne eigene Auftritte rettete Merz vor heiklen Klippen. So gesehen half diese neue Experten-Gruppe immer wiede rals hilfreicher Blitzableiter bei Interviews. Es liegt nun an dieser Gruppe, alle Möglichkeiten zu prüfen. Damit muss sich nun der Bundesrat bei keiner heiklen Frage mehr konkret festlegen. So gesehen, war die Gründung dieser Gruppe für den Bundesrat ein geschickter Schachzug. Denn alle müssen jetzt zuerst abzuwarten, was diese Gruppe in 14 Tagen sagt.

Nachtrag Blick (zeigt dass es nun die Experten richten sollen):

Merz bleibt im Reduit

Am Abend gibt Bundespräsident Merz endlich zu, dass es hinsichtlich Kommunikation im Bundesrat nicht immer gut gelaufen ist.

Meine Beurteilung zur Krisenkommunikation des Bundesrates möchte ich an dieser Stelle nicht nochmals wiederholen.

Die Medienkonferenz bestätigt heute folgende graviernden Versäumnisse des Bundesrates hinsichtlich Krisenkommunikation, nachdem er seit Wochen - wenn nicht seit Monaten - gewusst hat, wie der Hase läuft:

Das was jetzt die Expertenguppe tun muss, hätte schon längst - während der Phase des Antizipierens - gemacht werden können: Der Bundesrat hätte die notwendige Zeit gehabt, alle Varianten und möglichen Lösungen aufzulisten - mit Vor- und Nachteilen - auch unter Beizug von Spezialisten. Nun, lässt der Bundesrat lediglich das nachholen, was schon längst fällig gewesen war!

Der Finanzminister versprach heute: Künftig werde der Bundesrat die Kommunikation führen. Die Führung liege künftig in der Hand des Bundespräsidenten. Bitte, auch das hätte längst festgelegt werden müssen!

< style="color: rgb(204, 102, 0);">professionelles Kommunikationskonzept

? Ich zweifle daran. Sonst hätte nicht jedes Mitglied des Bundesrat für sich individuell kommuniziert nach dem Prinzip "Jeder gegen Jeden".

Ferner vermissten wir seit Wochen einen offiziellen Krisenstab.

Der einberufene Ausschuss von drei Bundesräten kann gar kein taugliches Führunsinstrument sein. Denn jeder der Drei kann sich in diesem Ausschuss verstecken. Denn niemand trug die Verantwortung.

Es mangelte während der ganzen Führungskrise an einer Strategie, um das Bankenkundengeheimnis zu verteidigen.

FAZIT: IM GRUNDE GENOMMEN BOT DER BUNDESRAT EIN TRAUERSPIEL.

Die Mediensechos fallen denn auch entsprechend kritisch aus:

Nebulös!

Ich zitiere die NZZ:

«Grobe Steuerhinterziehung», «dynamische Weiterentwicklung des Bankgeheimnisses»: Mehrere Mitglieder des Bundesrats hausierten in den letzten Tagen mit unverständlichen Wortschöpfungen, um sich nicht festlegen zu müssen oder Zeit zu gewinnen. Vor der Regierungssitzung am Freitag waren die Erwartungen entsprechend hoch: Der Bundesrat sollte endlich Klartext reden und eine Strategie darlegen, wie der Schweizer Finanzplatz aus dem Würgegriff Amerikas und mehrerer EU-Staaten befreit werden kann.

Der Paukenschlag blieb aus. Was Bundespräsident Hans-Rudolf Merz vor den Medien bekanntgab, hätte die Regierung schon vor Monaten beschliessen können.....

Ich zitiere die SN:

So klug als wie zuvor

Der rhetorische Nebel den Merz und Widmer-Schlumpf mit Begriffen wie "dynamische Weiterentwicklung des Bankgeheimnisses" und "grobe Steuerhinterziehung" produziert hatten, hat sich nicht gelichtet. Stattdessen wurde eine Expertengruppe benannt, die er schon vor zwei Wochen hätte gebildet werden können.

Ich zitiere Blick:

Heute wiederholte Merz aber nur Bekanntes: Verfahren sollen beschleunigt werden. Es dürfte eine Verbesserung der Rechtshilfe geben.

Und dann verwies Merz auf seine Expertengruppe. Diese werde jetzt zwei Wochen beraten, und dann werde der Bundesrat informieren.

(Illu 20 Min)

In zwei Wochen mehr: Bundespräsident Hans-Rudolf Merz hat die Medien am Freitag in Bern über die Expertengruppe zum Bankgeheimnis informiert. (Bild: Keystone/Peter Schneider)

Indem die Expertengruppe erst jetzt gebildet wird, angeblich um Denkzeit zu gewinnen wurde im Grunde genommen erneut wertvolle Zeit vertrödelt?

Was wir heute immerhin wissen: Die Richtung des Bundesrates ist unklar!

Dafür spricht Peter Spuhler KLARTEXT!

Ich zitiere aus dem Tagi Interview vom 7.3.09:

Der Thurgauer Nationalrat Peter Spuhler sagt, dass der Bundesrat die Schweiz in der Krise um das Bankgeheimnis bisher zu wenig klar vertreten hat.

Der Thurgauer Nationalrat Peter Spuhler sagt, dass der Bundesrat die Schweiz in der Krise um das Bankgeheimnis bisher zu wenig klar vertreten hat.

Aus dem Interview:

War es richtig, dass der Bundesrat die Herausgabe von Kundendaten der UBS an die amerikanische Behörde erlaubte?

Bisher spielte der Bundesrat in der Krise betreffend Bankkundengeheimnis eine schwache Rolle. Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie die Position der Schweiz nach aussen und nach innen klar kommuniziert. Wir haben ja ein ganz anderes System als die anderen Länder, die die Steuern meist als Quellensteuer direkt vom Lohn abziehen. Sie kennen die Selbstdeklaration nicht, die wir mit der Steuererklärung haben. Der Bürger hat in der Schweiz eine höhere Eigenverantwortung als beispielsweise in Deutschland oder den USA. Daraus ergibt sich die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug.

Wie erklären Sie den Unterschied?

Wir gehen in der Schweiz davon aus, dass die Bürger die Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllen. Wenn etwas vergessen geht, ist das Steuerhinterziehung. Wenn man aber bewusst eine Lohnabrechnung oder ein Formular fälscht, das zur Steuererklärung gehört, ist das Steuerbetrug.

Sollte die Schweiz am herkömmlichen Bankgeheimnis festhalten?

Ja, denn rechtlich ist alles sauber geregelt. Wir haben Rechtshilfeabkommen, das Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU und in den letzten Wochen haben wir mit England und Frankreich neue Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet. Ausgerechnet diese Länder attackieren uns jetzt. Aus wirtschaftlichen Gründen. Aber diese Fakten hört man nicht. Die Regierung schweigt und glaubt, dass sie eine solche internationale Krise aussitzen kann.

Aber Frau Widmer-Schlumpf war doch in Amerika.

Doch statt den Amerikanern den Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug zu erklären, kreierte sie einen dritten Begriff, nämlich «grobe Steuerhinterziehung». Das gibt es gar nicht. Das ist der Kommunikations-Gau!

Es gibt aber sogar Banker, die meinen, dass die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung nicht mehr haltbar sei.

Wir müssen uns bewusst sein, dass ein Wirtschaftskrieg im Gange ist. Es geht um die Frage, welches Land nach der Finanzkrise welchen Anteil an den Finanzdienstleistungen hat. Und wenn wir jetzt nicht die Kraft aufbringen, unsere Position zu kommunizieren und zu verteidigen, dann wird der Finanzplatz Schweiz geschwächt. Das Geschäft geht dann nach London oder Paris oder New York.

Um was für einen Anteil am Wohlstand geht es?

Vor der Krise erwirtschaftete der Finanzplatz etwa 13 bis 14 Prozent des BIP. Und bezahlte etwa den gleichen Anteil an Steuern. Das sind Milliarden. Letztlich geht es jetzt aber um die Frage, ob die Schweiz als Finanzplatz überleben kann oder nicht.

Soll das Bankgeheimnis im Ausland anders ausgestaltet sein als im Inland?

Das ist Blödsinn. In den Bilateralen Verträgen haben wir das Zinsbesteuerungsabkommen festgelegt, bei dem auf den ausländischen Guthaben eine Quellensteuer erhoben wird. Man kann selbstverständlich darüber diskutieren, ob man das auf Amerika ausdehnen soll. Doch sonst müssen wir unsere Postion halten. Das erwarte ich auch von unserer Regierung.

Aber die Amerikaner wollen den gläsernen Bankkunden.

Eines der höchsten Güter der Schweiz ist der Schutz der Privatsphäre. Ein weiteres ist die Eigenverantwortung der Bürger. Würden wir den gläsernen Kunden einführen, wäre das eine Katastrophe. Ein Zeichen dafür, dass wir als Willensnation Schweiz nicht mehr in der Lage sind, unsere Interessen international a) zu kommunizieren und b) zu verteidigen.

Wäre der Druck kleiner, wenn wir in der EU wären?

Das glaube ich nicht. Dann würde man einfach per Gesetz aus Brüssel sagen, was gilt. Es gibt ja drei EU-Staaten, nämlich Luxemburg, Belgien und Österreich, die heute das wasserdichtere Bankgeheimnis haben als wir. Auch das muss man nach aussen kommunizieren. Dafür müsste man bereit sein, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen. Und sie auch unter Druck zu setzen. Aber wir haben niemanden in der Regierung, der das macht.

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