Samstag, 29. November 2008

Ueli Maurers Medienverhalten

Ich bewunderte seit Jahren Maurers Medienrhetorik. Als Bundesratskandidat gab er sich weniger eloquent

aus Tagi-online:

Ueli Maurer verliert vor der Kamera die Nerven

Der Favorit für die Bundesratswahlen vom 10. Dezember verlor gestern am Fernsehen die Nerven, als ein Journalist ihn zu seinem Verhältnis zu Christoph Blocher befragte.

Quelle: SF

Maurer 1999 auf Tele 24

Quelle: Tele24

Die erste Fragen parierte Ueli Maurer noch gelassen. Dass man mit klaren Worten und klarer Haltung Leute beleidigen könne, sei schon möglich, antwortet Maurer gestern Abend im Interview mit der Sendung «10vor10» von SF auf die Frage, ob er in den letzten Jahren nicht zu viele Leute beleidigt habe. Auch als das Schweizer Fernsehen ihn mit seinen harten Aussagen zu Bundesrat Samuel Schmid konfrontierte, blieb der frisch gebackene Bundesrats-kandidat ruhig. Er habe dabei nur die Haltung der Partei vermittelt, verteidigte sich Maurer.

Doch als der Journalist nachhakte, ob alle Dossiers auch auf dem Tisch von Christoph Blocher landen, wenn Maurer Chef im VBS sei, verlor der frühere SVP-Präsident die Fassung. «Das sind doch dumme Fragen.» Wenn er VBS-Chef werde, treffe er Entscheidungen zusammen mit den Leuten im VBS. Die Partei habe die Möglichkeit, sich einzubringen. «Die dummen Unterstellungen nach zwölf Jahren kommen wirklich nur dem Fernsehen in den Sinn.»

SVP-Politiker rufen: «Ein Skandal»

24 Stunden nach der Sendung schäumen die Fraktionskollegen von Maurer immer noch über das Interview von «10vor10». «Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender sich solche Unterstellungen als Fragen leistet, ist ein Skandal», sagt ein SVP-Nationalrat.

Die Nähe zu Christoph Blocher und Unterstellungen, er handle nicht selbstständig, haben bereits einmal zu einem Eclat vor laufender Kamera geführt. In einer Diskussionsendung des ehemaligen Schweizer Senders Tele 24 bezeichnete Roger Schawinski Maurer als «Präsident von Blochers Gnaden». Daraufhin verliess Maurer gereizt das Studio.

Kommentar: Nach meinem Dafürhalten hat Ueli Maurer nicht die Nerven verloren. Doch nervt es ihn, wenn man ihn ständig als unselbständigen Politiker hinstellt, der nur nach der Pfeife des Uebervaters tanzen kann. Ueli Maurer hat das Recht, penetrante Unterstellungen zurückzuweisen. Wenn er jedoch zu ungehalten reagiert, so bestärkt dies in der Oeffentlichkeit den Eindruck, dass der Journalist einen heiklen Punkt getroffen hat und die Unterstellung etwas Wahres an sich haben kann.

Die Unterstellungen gegen Ueli Maurer in der Sendung «10vor10» sind den SF-Chefs nicht recht: Nun rügt Chefredaktor Ueli Haldimann den verantwortlichen Journalisten in seinem Weblog.

Quelle: SF.

Nachtrag (Quelle blick-online)

Ueli Maurer hat sich zu recht empört:

Das Fernsehen entschuldigte sich!

Für mich eine seltene Geste. Doch spricht dies für Schweizer Fernsehen

SF-Chefin ­Ingrid Deltenre und Chef­redaktor Ueli Haldimann entschuldigen sich

(SF)

Grund war ein Interview in der Sendung «10 vor 10» vom Donnerstagabend. Nach dem Nominationsentscheid der SVP-Fraktion hatte Redaktor Hans Bärenbold (55) dem Kandidaten Maurer die kritische Frage gestellt: «Und Ihre Dossiers, landen die dann immer auf dem Tisch von Christoph Blocher?» Maurer konterte, solch dumme Fragen könnten nur dem Fernsehen einfallen. Gestern sagte Maurer, Bärenbold sei «schlicht unhöflich und frech». SF-Chefredaktor Ueli Haldimann (55) gibt Maurer recht:

Das ganze Gespräch sei «missglückt» und die betreffende Frage «ganz daneben». Durch den Ton der Fragen sei der Eindruck eines «unflätigen Verhaltens» entstanden. Haldimann stellte Redaktor Bärenbold deshalb am Freitagmorgen zur Rede. Nach diesem Gespräch entschuldigte sich Bärenbold telefonisch bei Ueli Maurer.

Dann doppelten die TV-Bosse nach. Haldimann griff zum Hörer und entschuldigte sich ebenfalls noch am Freitag. Auch SF-Chefin Ingrid Deltenre (48) fand das Interview «völlig missglückt». Weil sie Maurer persönlich kenne, habe auch sie sich per Mail bei ihm entschuldigt, sagte sie am Samstag.

Einen solchen Bückling der TV-Leute hat Maurer noch nie erlebt:

«Es ist das erste Mal, dass sich das Fernsehen bei der SVP entschuldigt.» Haldimann bestätigt: Solche Entschuldigungen kämen «extrem selten» vor.

Kommentar: Es ist gut, dass die Fernsehverantwortlichen bedacht sind, dass am "Staatsfernsehen" kein anwaltschaftlicher Journalismus betrieben wird. Politiker dürfen hart befragt werden, doch geht es nicht an, dass in einem 10 vor 10 Interview willkürlich, unbewlusst oder bewusst, böswillige einseitige Unterstellungen eingeflochten werden. Die Entschuldigung spricht für die Qualität des Schweizer Fernsehens. Fehler kann es immer wieder geben. Doch ist es ein Zeichen von Grösse, wenn man sich für unzulässige journalistische Arbeit entschuldigt.

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