Samstag, 31. Mai 2008

Nachlese zu den Kravallen (gegen die SVP) in Bern

Hilfreiche Erkenntnisse für die Euro 08?

Blick online:

Brennende Barrikaden vor dem Zytgloggeturm trennten die Randalierer von den Polizisten. (Keystone)

Ob bei der Blockade an der Gerechtigkeitsgasse oder der Attacke auf dem Bundesplatz – überall hörte man Vermummte und schwarz gekleidete Autonome in bestem Hochdeutsch herumbrüllen.

Für SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner ist klar: «Es hatte viele Deutsche unter den Chaoten. Das war organisierter Demo-Tourismus.» Auch Italienisch und Französisch war zu hören. Berns Stapo-Sprecher Thomas Jauch bestätigt:

«Ja, es sind Leute aus dem nahen Ausland angereist. Unter den 42 Festgenommenen war aber nur ein Franzose. Die andern kamen aus zahlreichen Schweizer Kantonen, vom Bünderland bis zur Waadt, vom Tessin über die Innerschweiz bis Zürich.» Dort aber nicht aus der Stadt selber. Elf waren Minderjährige, vier Mädchen. Alle sind wieder auf freiem Fuss, aber es wird abgeklärt, ob sie «einschlägig bekannt sind», so Jauch, oder «einer bekannten Gruppierung wie etwa dem Schwarzen Block angehören».

Nach der Polizei-Blamage räumte der Stapo-Sprecher gestern ein: «Es sind Fehler passiert.» Man habe zwar mit einem oder zwei Blöcken «wirklich militanter Demonstranten» gerechnet. Jauch: «Total überrascht wurden wir aber durch die vielen kleinen Gruppen, die an diversen Orten überraschend zuschlugen und so zahlreiche Brennpunkte schufen.»

Damit habe man nicht gerechnet.

«Das war auch der Grund dafür, dass wir nach den verschiedenen Hilferufen von polizeilicher Seite unsere Kräfte zu deren Unterstützung vom Bundesplatz abzogen.»

Besonders zu schaffen machte laut Jauch der Polizei die extreme Gewaltbereitschaft: «Diese war absolut massiv. 18 Polizisten wurden verletzt. Zwölf von ihnen wurden mit einer Flüssigkeit besprüht, die Atemnot auslöste.»

Bis gestern stand erst fest, dass die Flüssigkeit nicht ätzend war, ihre Zusammensetzung ist aber noch nicht klar. Jauch: «Ob und wie irgendwelche Stoffe gesundheitsschädigende Reaktionen auslösen, ist noch offen.» Allerdings sind alle Verletzten wieder aus der Spitalpflege entlassen. Auch jene, die Prellungen, Schnittverletzungen oder Verstauchungen davontrugen. Kein Fehler war es laut Jauch, nicht mehr als die rund 800 Polizisten aufgeboten zu haben. «Aufgrund unserer Annahme hätte diese Zahl ausreichen sollen. Wir bekamen auch noch Unterstützung von der Kapo.» Eine Zahl wollte der Sprecher nicht kommunizieren.

Mit Ausnahme von Sicherheitsleuten für den Nahschutz von Magistraten kamen diesmal auch keine Mannschaften vom Nordwestschweizer Polizeikonkordat zum Einsatz, obschon das möglich gewesen wäre. Jauch:

«Eigentlich haben wir eine grosse Erfahrung auch mit schwierigen Kundgebungen. Umso mehr muss es uns jetzt Ansporn sein, die gemachten Fehler zu erkennen und auszumerzen. Im Hinblick auf kommende Demos und natürlich auf die Euro 08.»

Berner Polizisten mussten sich am Samstag ... (Keystone)

... auch mit deutschen Chaoten herumschlagen. (Keystone)

BERN – Heftige Reaktionen nach den Krawallen gegen die SVP-Wahlkundgebung von Bern. Von einem ungenügenden Polizeidispositiv sprach gestern Bundesrat Samuel Schmid. Ihm tun die Polizisten leid, die den «Kopf hinhalten mussten». Markus Meyer, Präsident des Berner Polizeibeamtenverbands, erklärte, vor Ort hätten die Polizisten sicher das Mögliche gemacht. Aber wenn man zu wenig Leute und zu viele Aufträge habe, sei man zum Scheitern verurteilt. Die Berner Jungfreisinnigen, mit ihnen auch Nationalratskandidat Christian Wasserfallen – Sohn von Ex-Polizeidirektor Kurt Wasserfallen† –, verlangen den sofortigen Rücktritt des grünen Stadtrats Daniele Jenni, der mit der unbewilligten Anti-SVP-Kundgebung «Schwarzes Schaf» eine «offene Einladung an gewalttätige Chaoten» ausgesprochen habe.

Kommentar: Chaosveranstaltungen werden heute internationalisiert. Es gibt den sogenannten Demo-Tourismus. Ueber Internet animiert, reisen die Chaoten aus nah und fern an. Es war feststellbar: In Bern wurde erstaunlich viel hochdeutsch gesprochen. Die Demonstranten gehen heute taktisch viel flexibeler vor als früher und versuchen mit allen Mitteln, die Polizei zu überlisten. In Bern hatten sie mit ihrer Guerillataktik Erfolg (Aufsplitterung in vielekleine Gruppen). Im Zürich an den trationellen 1. Mai "Katz und Maus" Spielen mit der Polizei, sind die Sicherheitskräfte laufend neu gefordert. An der Euro 08 besteht jedoch ein anderes Problem. Die Polizei muss sich mit Fans auseinandersetzen, die angetrunken sind und vor allem Kravall machen, wenn sie gefrustet sind.

Die Polizei hat in Bern eindeutig versagt, weil sie die Taktik der Kravallanten nicht antizipiert hatte (dies verdeutlicht die Aussage: "Wir haben nicht damit gerechnet!")

Fazit: Ich bin sicher, dass man während der Euro 08 nicht zuwarten wird, bis eine Verstärkung angefordert werden muss. Während der Spiele hat es sogar zu viele Sicherheitskräfte . Ob sich nun die umgesetzen Erkenntisse bewähren, werden wird demnächst sehen.

Nachtrag: Am 31. Mai konnte die Polizei ihr Konzept des raschen Durchgreifens in Bern erneut testen. Der schwarze Block organisierte einen "sogenannten Abendpaziergang". Die Demonstartion war nicht bewilligt.

20 Min-online:

Scharmützel bei antifaschistischem Spaziergang

Nach dem angeblich recht friedlichen antifaschistischen Abendspaziergang durch Bern ist es kurz vor 22.30 Uhr vor der Reithalle zu Scharmützeln mit der Polizei gekommen. Petarden und Flaschen flogen.

Ob wohl das neue Konzept der Polizei funktioniert hat? Das werden wir gewiss morgen erfahren.

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