Der erste Eindruck ist entscheidend
Nicht nur beim Vorstellungsgespräch, bei Kundenkontakten, Präsentationen oder Kontakten im Alltag werden wir innert weniger Sekunden begutachtet und beurteilt (verurteilt?). Bei einer Begegnung machen wir uns unverzüglich ein Bild vom Gegenüber. Unsere Erfahrung, unser Instinkt sagt uns sofort: Die Person ist mir sympathisch oder unsympathisch. Eine innere Stimme mahnt: Vorsicht! Oder sie sagt: Diese Person ist vertrauenswürdig. Unsere Wahrnehmung beeinflusst unsere Beurteilung, das heisst, was wir im ersten Augenblick "wahr" - nehmen, empfinden wir meist als richtig.
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Was beeinflusst unsere Wahrnehmung?
In vielen Ratgebern wird der Kleidung, Frisur und Körpersprache grosse Bedeutung zugemessen, davon ausgehend, dass das Äussere bedeutende Signale über das Selbst- und Rollenverständnis des Trägers aussendet.
In der Fachliteratur wird der erste Eindruck unterschiedlich thematisiert. Es gibt Autoren, die messen ihm keine grosse Bedeutung bei. Oft finden wir zahlreiche Checklisten und Listen mit Entscheidungskriterien für die Beurteilten und die Vorgesetzten, die auf eine Beurteilung angewiesen sind. Es gibt Personalchefs, die stützen sich auf ihre systematische und professionelle Interviewtechnik. Ich arbeitete einige Jahre mit einem Diplom- Psychologen. Der schaute sich Bewerber nur kurz an, hörte vor allem auf ihre Stimme und urteilte dann erstaunlich präzise - ohne Checklisten. Er wusste sofort, ob der Bewerber für den betreffenden Job in Frage kam. Viele Personalverantwortlichen sind der Meinung, dass sie sich auf ihre Intuition verlassen können. Sie urteilen spontan nach ihrem ersten Eindruck.
Verzerrungen "vereinfachen" unsere Wahrnehmung
Beim ersten Eindruck ist zu berücksichtigen, dass unser Urteil durch Vorurteile oder Gesichter, die uns an Bekannte erinnern so stark beeinflusst werden können, dass wir uns täuschen können.
Die Verzerrungen "vereinfachen" gleichsam die Wahrnehmung.Die Beurteilung scheint einfach zu sein. Wir glauben, zu wissen, dass... Doch handelt es sich oft um Täuschungen.
Wir verweisen auf den Beitrag von Hildegard Knill (Siehe Inhaltsverzeichnis rhetorik.ch) mit dem Titel:
Wahr-nehmen oder Falsch-nehmen?
Verschiedenste Faktoren beeinflussen die Wahrnehmung. Deshalb kommt es laufend zu Missverständnissen und Wahrnehmungsverfälschungen. Diese Verzerrungen sollen wir kennen. Hildegard Knill beschreibt sie so (verkürzte Version):
1. Erfahrungen beeinflussen unser Urteil
Erlebtes wird übertragen. Sieht beispielsweise die Person einem guten Onkel ähnlich, wird der erste Eindruck von dieser Erfahrung geprägt. So kann es zu einer Fehleinschätzung kommen.
2. Selektive Wahrnehmung
Wahrnehmung ist nie neutral und allumfassend. Wir wählen beispielsweise das gezielt aus, was uns interessiert oder wir hören wollen.
3. Sympathie-Effekt
Menschen, die uns sympathisch sind, sehen wir meist in besonders günstigem Licht. Unpassendes Verhalten wird leicht übersehen oder entsprechend umgedeutet.
4. Vorinformationen
Mündliche oder schriftliche Vorinformationen über eine Person beeinflussen die Wahrnehmung sehr stark. (Sozialer Hintergrund, Mängel, besondere Leistungen).
5. Halo-Effekt
(Halo griech.= "Hof" um eine Lichtquelle) Eine Eigenschaft, die uns wichtig ist, überlagert oder überblendet alle anderen.
6. Logischer Fehler (Ein Spezialfall des Halo-Effektes)
Wir ordnen zwei Eigenschaften zwingend zusammen, weil wir glauben, dass sie logisch zusammengehören: z.B. unordentlich = faul.
7. Kategorisierung /Stereotype Bilder
Wir machen uns ein Bild von einer Person und nehmen an, dass... Eine ungepflegte Person ist ein Arbeitsscheuer. Ein Mann mit Halsbinde und Aktenkoffer ist konservativ oder Bankbeamter.
8. Projektion
Oft erkennen wir jene Eigenschaften, die wir an uns nicht mögen, in anderen Menschen wieder und bekämpfen sie vielleicht deshalb vehement. Angenommen eine Person ist geizig und weiss es. Sie lehnt nun all jene Personan ab, die sparsam sind.
9. Reihenfolge Effekt
Dazu gehört beispielsweise der "Kontrast Effekt". Spricht ein mittelmässiger Referent vor einem schwachen Redner, so wird er besser bewertet, als wenn der nämliche mittelmässige Referent vor einem brillanten Rhetoriker gesprochen hätte.
10. Beharrungseffekt
Es ist viel leichter, auf einer einmal getroffenen Beurteilung zu beharren, als die Meinung zu ändern. ("Sie war, ist und bleibt so").
11. Übertragung
Gefühle, Einstellungen und Abwehrhaltungen von früheren Beziehungen und Erlebnissen werden gerne auf andere Menschen übertragen. Eine Frau, die von Männern enttäuscht wurde, hat unter Umständen nun bei allen Männern Vorbehalte.
12. Aehnlichkeitseffekt
Der erste Eindruck kann schnell zu einer "sich selbst erfüllenden Prophezeiung" werden. Personen mit "ähnlichen Merkmalen" (z.B. gleicher Dialekt oder gleiche Universität) erhalten unbewusst einen Sympathiebonus.
13. Zuschreibungsfehler
Wir tendieren dazu, aus den "Eigenschaften" (Verhaltensweisen) die wir sehen, Rückschlüsse auf die betreffende Person zu ziehen: Wir schreiben ihr Eigenschaften zu. Einen Menschen nichts sagt, wird zugeschrieben, dass er gut zuhören kann.
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Wichtig ist, dass wir uns beim Phänomen "erster Eindruck" dieser Phänomene bewusst bleiben.
Der Mensch schätzt rezeptartige Hilfen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass bei der Beurteilung von Menschen auf Grund des Körperbaus, der Kopfform und des Gesichtes angeblich erlernbare Beurteilungshilfen wenig taugen.
Viele Experimente haben gezeigt, dass beispielsweise Fotos von Gesichtern von sehr geringer Aussagekraft über die Person selbst sind. Dennoch wird bei Bewerbungen fast immer ein Bewerbungsphoto verlangt.
Die Vorstellungen, die wir uns beim ersten Eindruck machen, werden durch wichtige Bedürfnisse beeinflusst:
- Bilder sind einfacher zu begreifen als die Realität. Sie erleichtern uns die Orientierung.
- Bilder sind dauerhafter als die Wirklichkeit. Wenn wir die Menschen dafür halten, wie wir sie sehen, fällt es uns leichter, ihr Verhalten einzuordnen.
- Bilder sind weniger widersprüchlich als die Realität.
- Bilder (vor allem Stereotypen) erzeugen Uebereinstimmung mit der Gruppe.
FAZIT:
Wenn wir uns sofort ein eindeutiges Bild machen können, vereinfacht dies unsere Beurteilung. Bilder sind dauerhafter und widerspruchsfreier als die Wirklichkeit.
Wir fanden in Unterlagen und Fachbüchern Tipps und Checklisten, die Bewerbern behilflich sein sollten, ihren ersten Eindruck günstig zu beeinflussen.
So schreibt ein Berater in einem Beitrag - unter dem Kapitel:
Ausstrahlung und Präsenz:
Bereiten Sie sich gut vor. Achten Sie auf den Händedruck. Lächeln sie! Nehmen Sie Blickkontakt auf und richtien sie sich auf. Spielen Sie nicht mit den Händen usw.
Gegen den Rat - sich gut vorzubereiten und Präsenz zu trainieren - ist nichts einzuwenden.
Aber:
Wir lehnen jene Trainings ab, die darauf abzielen, den Leuten beizubringen, während der ersten Sekunden an den Händedruck, die Körperhaltung, die Gestik und den Augenkontakt zu denken.
Derartige Ratschläge finden wir unprofessionell, weil wir uns dann gedanklich auf den ersten Eindruck fixieren. Wer sich während eines Auftrittes auf den Körper, das Rückgrat, die Füsse, den Blick, die Gestik und die Stimme konzentriert, ist dadurch nicht mehr konzentriert bei der Sache, beim Zuhören respektive beim Gegenüber.
Was hingegen immer gemacht werden muss - VOR jedem Auftritt:
Wir müssen zuerst die Balance zwischen Spannung und Lockerheit finden. Wir bezeichnen dies als "entspannte Spannung". Wer sich 1oo prozentig auf das Gegenüber und das Denken (Zuhören) konzentriert, darf nicht unnötige Energie für Nebensächlichkeiten aufwenden. Denn wer sich auf das Gegenüber konzentriert und auf die Situation voll und ganz einstellt, stellt den Körper automatisch richtig ein. Die innere Einstellung beeinflusst immer die Körpersprache.
Bluffen und künstliches, antrainiertes Theaterspielen wird schnell erkannt. Auch darum lehnen wir es ab.
Bei jeder Begegnung, jedem Einsatz: Wieder neu beginnen ("auf Null stellen")!
Wir haben Spitzensportlern bei den Interviewtrainings - vor der Olympiade - bewusst gemacht, dass sie unter Umständen 50 mal ähnliche oder sogar gleiche Fragen beantworten müssen. (Internationale, europäische, nationale TV Stationen. Printjournalisten, Lokalmedien usw.).
Obschon ein Erlebnis oder eine Bemerkung X mal gemacht wurde, muss jedes Gespräch wieder bei Null beginnen. Wie vor einem Rennen gilt es jedes Mal, sich wieder neu auf das Gegenüber einzustellen und sich neu zu konzentrieren.
Es wäre fahrlässig, sich auf die eigene Routine zu verlassen. Nochmals: Bei der Vorbereitung geht es vor allem darum, vor jedem Votum die innere Spannung aufzubauen und den Körper zu entspannen.
Dieses Zelebrieren des Startes kann trainiert werden.
Die Körpersprache stimmt dann , wenn wir authentisch sind.
Zum akkustischen ersten Eindruck
Die meisten Lehrbücher beschäftigen sich beim ersten Eindruck mit den Kleidern, der Körperprache und und dem optischen Eindruck und berücksichtigen nicht, dass auch der Tonfall unserer Stimme sehr stark ins Gewicht fällt.
- Unsere Stimme hat eine emotionale Wirkung
(in den ersten Worten schwingt bereits unsere emotionale Grundstimmung mit)
- Auch ein Laie merkt, wenn die Stimme auf einer falschen Resonanzebene schwingt, ohne das er dies wie ein Phoniater messen kann.
(Die Stimme stimmt mit der Grundstimmung überrein. Wir wiederholen es zum dritten Mal: Es es, sich vor dem Gespräch in die richtige Grundstimmung zu versetzen).
- Die Verständlichkeit, die Artikulation ist auch wichtig. Doch dies können wir vor einem Auftritt trainieren.
In einem Seminar beobachtet: Kundendienstberater üben die Begrüssung
Begrüssungsrituale zu beobachten und zu analysieren ist sinnvoll , wenn es nur darum geht, Sicherheit bei den Umgangformen zu erhalten. Folgende Fragen müssen geklärt sein:
Wer begrüsst wen?
Wer stellt wen vor?
Soll ich sitzen oder stehen?
Wer geht vor?
Wer weisst den Platz zu?
usw.
Den Bogen bis zum LETZTEN Eindruck spannen!
Der erste Eindruck formt sich innert weniger Sekunden. Und doch reicht sein Einfluss weit, bis hin zum Ende des Gesprächs und darüber hinaus. Auf die Einheit unserer Wirkung kommt es an, vom ersten Erscheinen bis zum Moment, wo wir wieder ausser Sichtweite sind. Neben dem ersten bleibt auch der letzte Eindruck haften, und beide sollen kongruent sein. Vorbereitung, eine rechtzeitige Einstimmung und Fokussierung, Konzentration und gleichzeitig eine offene, aufrichtige Grundhaltung sind die Schlüssel, um diesen einheitlichen Bogen zu spannen.
ERKENNTNIS:
Seine Sache, sein Metier zu beherrschen, ist das eine, dem Gegenüber zu vermitteln, dass wir gut sind, das andere.
Das eine ist Voraussetzung, das andere erlernbar d.h. durch richtiges Ueben trainierbar. Ein Caoching lohnt sich jedenfalls. Denn:
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