ZUM MEDIENCLUB (SRF) vom 24. September 2013
Wie steht es mit der Qualität unserer Medien?
Die Medienschelte des Bundespräsidenten schlug in der Medienlandschaft wie ein Bombe ein.
Einheitsbrei, Rudeljournalismus, mangelnde Tiefe und Qualitätseinbussen der Medien; diese Vorwürfe Maurers stimmen erstaunlicherweise mit vielen Thesen Kurt Imhofs (Universität Zürich) in seiner Untersuchung über die Qualität der Medien überein. Im Medienclub mit Karin Frei vertieften kompetente Meinungsmacher der Branche diese Thematik.
„Die Medien leisten heute nicht mehr, was für einen funktionierenden, freiheitlichen und demokratischen Staat nötig wäre.“ Mit diesen Worten massregelte Ueli Maurer in einer Rede vor versammelten Schweizer Presseverleger unsere Medien. Es fehle die Vielfalt und es herrsche ein mediales Meinungskartell: „Sie haben ihre Thesen, nach denen sie die Welt beurteilen.“ Es bestünden Glaubenssätze, wie etwa jener, dass der Klimawandel dem Menschen anzulasten oder, dass Atomenergie böse sei.
Es trifft zu, dass sich die Medienlandschaft stark verändert hat: Die Umwälzungen in der gesamten Medienlandschaft waren noch nie so gross - weg von den klassischen Medien, hin zu Gratisblättern und Internet. Auch Radio und TV verlieren. Gerade für kleine Anbieter wird es immer aufwändiger, Geld zu verdienen. Erste Priorität habe die Gunst des Publikums zu gewinnen. Skandalträchtige Themen sind immer mehr gefragt.
Führt die Pressekonzentration zwangsläufig zu einem Einheitsbrei?
In der deutschen Schweiz sind nur noch Ringier, Tamedia und der NZZ Verlag die grossen Player. Sie wachsen. Auf der Gegenseite verlieren kleine Blätter ihre Unabhängigkeit und werden von grossen Medienhäusern aufgekauft. Dass in der Folge die Vielfalt schrumpft, unterstrich der Zürcher Medienprofessor Kurt Imhof, dessen Jahrbuch zur Qualität der Medien am kommenden Mittwoch erscheint. Denn es wird fusioniert und gespart – auch an Personal. Sinkt desahlb die Qualität der Schweizer Medien? Auf diese Frage suchte der CLUB eine Antwort.
Unter der Leitung von Karin Frei diskutieren am Dienstagabend folgende Akteure:
Roger de Weck, Generaldirektor SRG
Norbert Neininger, Verleger «Schaffhauser Nachrichten», Verleger des Jahres
Kurt Imhof, Professor für Publizistikwissenschaft und Soziologie Universität Zürich
Patrik Müller, Chefredaktor «Schweiz am Sonntag»
Iwan Rickenbacher, Verwaltungsrat Tamedia
Aus den Voten (Ich zitiere SRF):
Norbert Neininger: «Natürlich fördern weder das hohe Tempo noch das Ausdünnen von Redaktionen oder gar die Medienkonzentration die Qualität, welche sich letztlich aber nicht objektiv messen lässt – schon gar nicht von Medienwissenschaftlern, die all zu weit von der Praxis entfernt sind. Viele Schweizer Medien sind nämlich trotz allem besser als ihr derzeitiger Ruf.»
Roger de Weck: «Die Medien üben Kritik an der Qualität der Arbeit von Politik und Wirtschaft und Kultur. Es ist nur gesund, dass ebenso harte Kritik an der Arbeit der Medien geübt wird.»
Kurt Imhof: «Nordkoreanischer Einheitsbrei in den Vorortszügen, Konzentration, Einnahmen-, Vielfalts- und Einordnungsverluste: gepeinigter Journalismus und peinliche Branche.»
Patrik Müller: «Das Problem ist weniger die angebliche 'Gleichschaltung' der Medien. Sondern, dass diese allzu oft staats- und regierungsnah berichten.»
Iwan Rickenbacher: «Gut sind die Verhältnisse, wo Journalisten alles schreiben können, was sie glauben, schreiben zu müssen. Erfolgreich sind sie und ihr Medium, wenn sie Begeisterung vermitteln, gedanklich auch Wagnisse eingehen und nie den Eindruck erwecken, die Wahrheit gepachtet zu haben. Es gibt sie, diese Journalisten und diese Medien in der Schweiz. Sie allein werden sich auf Dauer als bezahlte Medien durchsetzen.»
Ende Zitat
Kommentar:
Nach der Medienschelte vor den Schweizer Presseverlegern wurde der Bundespräsident von Journalisten ausgebuht und ausgepfiffen. Dies zeugte unbestrittenermassen von schlechtem Stil. Bemerkenswert ist, dass die harte Kritik von rechts wie auch von links analog ist. Beim Publikum konnte Ueli Maurer punkten. Nach Patrik Müller gaben Maurer 9 von 10 Lesern recht.
Seit Jahren wird Imhofs "Kritik an der Medienqualität" seit Jahren von den dominierenden Verlagen ignoriert. Bewusst? Ueli Maurers Medienschelte übrigens auch von keinem Medium des Verlagshauses Tamedia (das 52,7 Prozent des Schweizer Lesemarktes kontrolliert) thematisiert. Ist diese Rede bewusst totgeschwiegen worden? Erst am Samstag, den 21. September schrieb der "Bund-Chefredaktor Arthur K. Vogel etwas gegen "Maurers selbstgefällige Suada".
Dass sich heute die Politik von recht und links - wenngleich unterschiedlich begründet - einig ist über die mangelnde Medienqualität ist ein neues Phänomen.
Es erstaunt jedenfalls, dass sich heute ein Politiker - ohne Schaden - offen gegen die mächtigen Medien stellen kann. Die Reputation der Medien ist wahrscheinlich angeschlagen, wenn heute nicht der Politiker, sondern ein aufdringlicher Journalist an den Pranger gestellt wird, so ist dies neu. Das war früher undenkbar. Nach Imhof ist dies ein Alarmzeichen "Es zeigt, wie weit der Glaubwürdigkeitsverlust der Medien fortgeschritten ist."
Zurück zum Medienclub. Folgende Voten fand ich and der Diskussion beachtenswert:
Nach De Weck müssten die Medien vor allem mehr differenzieren!
Viele Agenturen, Gratisblätter und Blogs übernehmen oft Texte 1:1. Ohne zusätzliche Vertiefung.
Iwan Rickenbacher ist überzeugt, dass die grossen Players die Meinungsvielfalt nicht beeinträchtigen. Aus seiner Sicht des Verwaltungsrates Tamedia ist diese Meinung nachvollziehbar. Sie wurde jedoch in der Diskussion bestritten.
Die Votanten verdeutlichten am Fall Carlos, dass die Medien den Fall aufgreifen mussten. Wohl wissend, dass mit allen Detail Oel ins Feuer gegossen wird. Obwohl die Boulevardpresse gerne Vorurteile verstärken, war es wichtig, dass durch die Offenlegung von Fakten, der Bevölkerung bewusst gemacht werden konnte, dass am Strafvollzug etwas faul ist. Der Regierungsrat musste nach dem Medienwirbel reagieren.
Nach De Weck hat bei allen Medien Kompetenz oberste Priorität.
Guter Journalismus prüft, überprüft Sachverhalte! Und das ist mit Kosten verbunden.
Medien müssen Vorkommnisse in den Zusammenhang stellen und diese einordnen können.
Sie müssen zudem gewichten, erklären und kommentieren.
Heute herrscht nach De Weck ein Einordnungsverlust!
Einordnen kostet mehr als das Copieren von Beiträgen.
Der heutige finanzielle Druck erschwert leider die journalistische Arbeit.
Medien sind Kinder der Aufklärung. Zweifel und Selbstkritik sind bei Qualitätsmedien gefragt.
FAZIT: Wie kann die Qualität der Medien verbessert werden?
- Journalisten müssen noch professioneller ausgebildet werden
- Medienmacher haben ihre subjektive Meinung. Doch sollte dies transparent gemacht werden.
- Entscheidend sind letztlich immer die Leute. Zeitungen benötigen Talente, Persönlichkeiten, die auch eine eigene Meinung haben.
NACHTRAG aus Persönlich.com
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