SBB: Kritiker haben das Wort
Besserwisser gesucht
(20 Min online und Print)
Kritiker sollen den SBB
jetzt ihre Meinung geigen
Die SBB starten eine ungewöhnliche Aktion: Sie laden ihre Kunden ein, ihnen ungefiltert die Meinung zu sagen und die Bahn zu bewerten. Die Kampagne kommt bei Experten gut an.
Am Montag stehen in den Bahnhöfen von Zürich und
Genf Kamerateams der SBB. Sie drehen aber nicht etwa einen neuen
Werbespot, sondern laden alle Kunden ein, ihnen ihre Kritik ins Gesicht –
also in die Kamera – zu sagen. Diese Clips werden danach auf den
Social-Media-Kanälen der SBB verbreitet.
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Kritiker sollen den SBB jetzt ihre Meinung geigen
Neue Plattform
Auf der neuen Plattform sbb.ch/zufriedenheit können die Kunden ab sofort ihre Befindlichkeit über das Angebot der SBB ausdrücken und bewerten. Mittels Sterne-Rating in acht verschiedenen Bereichen – zum Beispiel Freundlichkeit, Sauberkeit oder Pünktlichkeit – sehen die SBB so in Echtzeit, was den Kunden derzeit auf dem Herzen liegt. Die Ergebnisse sind auch für die Öffentlichkeit sichtbar. Jeden Tag wird das Rating wieder zurückgesetzt, in der Monatsübersicht wird aber ersichtlich, wie die Bahn abgeschnitten hat. Zusätzlich stellen die SBB an den Bahnhöfen Basel, Bern, Genf und Zürich sogenannte Buzzer auf und lanciert die neue digitale Plattform www.sbb.ch/zufriedenheit (siehe Box).
Für «Ungeduldige» und «Pünktlichkeits-Fanatiker»
Gleichzeitig schalten die SBB neue TV-Werbespots auf, die sich explizit an die «Ungeduldigen, Rastlosen, Pünktlichkeits-Fanatiker, Saubermänner und Gastrokritiker» richten. Die SBB lädt also die ärgsten Kritiker ein, sich öffentlich zu äussern, gibt ihnen eine Stimme und – so die Idee – schenkt ihnen Gehör. Kann das wirklich gutgehen?
Kommunikationsexperte Marcus Knill findet die Kampagne mutig und gelungen: «Den Dialog mit den Kunden zu suchen ist lobenswert und gut und wird von vielen Unternehmen viel zu wenig gemacht.» Dennoch hat er einige Vorbehalte. Denn der TV-Spot berge eine gewisse Gefahr: So könnten die unangenehmen Erlebnisse bei den Kunden wieder hoch kommen – was bedeute, dass die negativen Erlebnisse trotz den zum Teil recht lustigen Sequenzen geankert und verstärkt würden. Er selbst sei das beste Beispiel: «Ich musste jüngst mit einem 1.-Klasse-Billett von Bern nach Zürich auf der Treppe im Gang Platz nehmen.»
Geteilter Ärger ist halber Ärger
Knill hält das Einbinden der Kunden und der ärgsten Kritiker für psychologisch «geschickt aufgegleist»: «Durch die Möglichkeit, den Frust los zu werden und den Ärger gleichsam abzuladen, kommt es zwangsläufig zu einer Entlastung bei den Kunden.» Das sei ähnlich wie bei der Beichte. «Ganz im Sinne von: Geteilter Ärger ist halber Ärger.»
Doch nehmen die SBB die Kritik überhaupt ernst? Jan-Hendrik Völker-Albert, Marketing-Verantwortlicher SBB, sagt: «Natürlich. Wir wollen speziell von unseren unzufriedenen Kunden wissen, wo sie der Schuh drückt.» Da sowohl positive als auch negative Erlebnisse unmittelbar bewertet werden, könnten die SBB so Schwachstellen schneller identifizieren.
Die SBB suchen dabei laut Völker-Albert auch nach Hinweisen, die ihnen bisher noch nicht bekannt waren. Er betont aber, dass keine Wunder erwartet werden dürften. «Komplexe Themen wie eine Fahrplan-Optimierung müssen langfristig angegangen werden.»
Kurt Schreiber vom Verein Pro Bahn glaubt den SBB, dass diese sich die Kritik der Kunden zu Herzen nehmen werden. «Sie setzen alles daran, die Qualitätsstandards zu erfüllen.» Und die Kunden müssten zum Teil vor der eigenen Türe kehren – zum Beispiel in Sachen Sauberkeit: «Man kann selbst etwas dafür tun und seinen Abfall nicht einfach liegenlassen.»
«Mit einem Lächeln quittieren»
Die Kampagne findet Schreiber gelungen – auch die Bezeichnungen im TV-Spot wie «Pünktlichkeitsfanatiker» könne man so belassen, wie sie sind. «Für mich ist einfach wichtig, dass die Betroffenen diesen Beitrag mit einem Lächeln quittieren.»
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Kulturschaffende lassen von sich hören:
Nach der Empörung um die Anti-Köppel-Aktion am Neumarkt-Theater melden sich verschiedene Kulturschaffende zu Wort. Die Veranstaltung des Aktionskünstlers Philipp Ruch betreibe «Verleumdung, Beschimpfung und Aufhetzung», sagt etwa Andreas Thiel im Interview mit der «Sonntagszeitung». Der Berner Satiriker fordert, dass dem Theater die Subventionen gestrichen werden sollen. «Wenn solche Volksverhetzungen mit Steuergeldern finanziert werden, dann finanziert der Staat eine Straftat.»
Gemäss Thiel hätten Ruch und seine Truppe «Mittel der Diffamierung» eingesetzt, «die man von den Nazis kennt». Jeder, der schon mal einer solchen Hetzkampagne ausgesetzt gewesen sei, kenne deren Wirkung. Er wisse aus eigener Erfahrung wie es sei, «wenn man öffentlich fertig gemacht wird». Thiel wurde nach einem Koran-Artikel und einem Auftritt in der Talkshow von Roger Schawinski im Dezember 2014 heftig angefeindet und bedroht. «Das löste in meinem Umfeld Ängste aus, bis in meine engste Familie hinein.»
Franz Hohler spricht von «Wildwestmethode»
Auch andere Schweizer Kulturschaffende distanzieren sich von der Veranstaltung am Neumarkt-Theater, mit der Roger Köppel mit einem Exorzismus der «Nazi» ausgetrieben werden sollte. «Jemanden pauschal als Nazi oder Bösewicht abzustempeln und zum Abschuss freizugeben, ist eine Wildwestmethode», sagt etwa Franz Hohler in der «Sonntagszeitung».
Als «selbstdarstellerischen Unfug» bezeichnet Drehbuchautor und Schriftsteller Charles Lewinsky die Aktion. Man solle seine politischen Gegner, zu denen er Köppel zähle, mit Argumenten bekämpfen «und nicht mit kindischen Beleidigungen».
Für Adolf Muschg geht es nicht dümmer
Kritik kommt auch von Autor Adolf Muschg: «Ich dachte, Donald Trump sei nicht zu unterbieten – aber es geht offenbar noch dümmer.» Der Denunziationsstil der Veranstaltung am Neumarkt-Theater sei «schlimm und gefährlich».
Auch Verwaltungsrat kritisiert die Theaterleitung
Die Chefs des Theaters Neumarkt haben sich auch vor dem Verwaltungsrat zu rechtfertigen. Andreas Spillmann, Neumarkt-Verwaltungsrat und Direktor des Landesmuseums sagt in der «Schweiz am Sonntag»: «Die Art des Theaters von Philipp Ruch finde ich lächerlich, bemühend und selbstgefällig. Es ärgert mich, dass ausgerechnet eine solche Attitude dem Neumarkt Publizität verschafft.» Der Verwaltungsrat werde mit den verantwortlichen Co-Direktoren Peter Kastenmüller und Ralf Fiedler sicher das Gespräch suchen, doch müssten Fehler nicht immer abgestraft werden.
Spillmann tut sich seit längerem schwer mit dem umstrittenen Zürcher Theater. «Der Neumarkt entspricht nicht meinen Vorstellungen von Theater», sagt er. Namentlich mit dem postdramatischen Theater, das die Autorenschaft in Frage stellt, kann er nicht viel anfangen. «Theater ohne Autoren funktioniert nicht», sagt Spillmann. Nach sieben Jahren im Verwaltungsrat hat er sich deshalb entschlossen, den Verwaltungsrat per Ende Jahr zu verlassen. (Quelle. 20 Min)
KOMMENTAR: Der Denunziationsstil entspricht genau dem, das bei den Sozialen Medien strafbar
ist-nämlich: Eine Person öffentlich an den PRANGER zu stellen.
Wer eine Person "fertig macht" - statt Argumente mit Worten zu begegnen, disqualifiziert sich.
Die Parteizugehörigkeit spielt dabei keine Rolle.
Muss die Oeffentlichkeit die Verfluchung einer Person einfach tolerieren, nur weil sich der Macher Künstler nennt?
AUS BLICK:
Auf der neuen Plattform sbb.ch/zufriedenheit können die Kunden ab sofort ihre Befindlichkeit über das Angebot der SBB ausdrücken und bewerten. Mittels Sterne-Rating in acht verschiedenen Bereichen – zum Beispiel Freundlichkeit, Sauberkeit oder Pünktlichkeit – sehen die SBB so in Echtzeit, was den Kunden derzeit auf dem Herzen liegt. Die Ergebnisse sind auch für die Öffentlichkeit sichtbar. Jeden Tag wird das Rating wieder zurückgesetzt, in der Monatsübersicht wird aber ersichtlich, wie die Bahn abgeschnitten hat. Zusätzlich stellen die SBB an den Bahnhöfen Basel, Bern, Genf und Zürich sogenannte Buzzer auf und lanciert die neue digitale Plattform www.sbb.ch/zufriedenheit (siehe Box).
Für «Ungeduldige» und «Pünktlichkeits-Fanatiker»
Gleichzeitig schalten die SBB neue TV-Werbespots auf, die sich explizit an die «Ungeduldigen, Rastlosen, Pünktlichkeits-Fanatiker, Saubermänner und Gastrokritiker» richten. Die SBB lädt also die ärgsten Kritiker ein, sich öffentlich zu äussern, gibt ihnen eine Stimme und – so die Idee – schenkt ihnen Gehör. Kann das wirklich gutgehen?
Kommunikationsexperte Marcus Knill findet die Kampagne mutig und gelungen: «Den Dialog mit den Kunden zu suchen ist lobenswert und gut und wird von vielen Unternehmen viel zu wenig gemacht.» Dennoch hat er einige Vorbehalte. Denn der TV-Spot berge eine gewisse Gefahr: So könnten die unangenehmen Erlebnisse bei den Kunden wieder hoch kommen – was bedeute, dass die negativen Erlebnisse trotz den zum Teil recht lustigen Sequenzen geankert und verstärkt würden. Er selbst sei das beste Beispiel: «Ich musste jüngst mit einem 1.-Klasse-Billett von Bern nach Zürich auf der Treppe im Gang Platz nehmen.»
Geteilter Ärger ist halber Ärger
Knill hält das Einbinden der Kunden und der ärgsten Kritiker für psychologisch «geschickt aufgegleist»: «Durch die Möglichkeit, den Frust los zu werden und den Ärger gleichsam abzuladen, kommt es zwangsläufig zu einer Entlastung bei den Kunden.» Das sei ähnlich wie bei der Beichte. «Ganz im Sinne von: Geteilter Ärger ist halber Ärger.»
Doch nehmen die SBB die Kritik überhaupt ernst? Jan-Hendrik Völker-Albert, Marketing-Verantwortlicher SBB, sagt: «Natürlich. Wir wollen speziell von unseren unzufriedenen Kunden wissen, wo sie der Schuh drückt.» Da sowohl positive als auch negative Erlebnisse unmittelbar bewertet werden, könnten die SBB so Schwachstellen schneller identifizieren.
Die SBB suchen dabei laut Völker-Albert auch nach Hinweisen, die ihnen bisher noch nicht bekannt waren. Er betont aber, dass keine Wunder erwartet werden dürften. «Komplexe Themen wie eine Fahrplan-Optimierung müssen langfristig angegangen werden.»
Kurt Schreiber vom Verein Pro Bahn glaubt den SBB, dass diese sich die Kritik der Kunden zu Herzen nehmen werden. «Sie setzen alles daran, die Qualitätsstandards zu erfüllen.» Und die Kunden müssten zum Teil vor der eigenen Türe kehren – zum Beispiel in Sachen Sauberkeit: «Man kann selbst etwas dafür tun und seinen Abfall nicht einfach liegenlassen.»
«Mit einem Lächeln quittieren»
Die Kampagne findet Schreiber gelungen – auch die Bezeichnungen im TV-Spot wie «Pünktlichkeitsfanatiker» könne man so belassen, wie sie sind. «Für mich ist einfach wichtig, dass die Betroffenen diesen Beitrag mit einem Lächeln quittieren.»
Besserwisser gesucht
20 Minuten-vor 2 Stunden
Kommunikationsexperte Marcus Knill findet die Kampagne mutig und gelungen: «Den Dialog mit den Kunden zu suchen ist lobenswert und gut ...
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Kulturschaffende lassen von sich hören:
Diffamierung - ein Instrument, das uns an schlimme Zeiten erinnert (Ein Künstler stellt Köppel an den Pranger) |
Für Andreas Thiel ist die Aktion am Neumarkt subventionierte "Verleumdung und Verhetzung".
Nach der Empörung um die Anti-Köppel-Aktion am Neumarkt-Theater melden sich verschiedene Kulturschaffende zu Wort. Die Veranstaltung des Aktionskünstlers Philipp Ruch betreibe «Verleumdung, Beschimpfung und Aufhetzung», sagt etwa Andreas Thiel im Interview mit der «Sonntagszeitung». Der Berner Satiriker fordert, dass dem Theater die Subventionen gestrichen werden sollen. «Wenn solche Volksverhetzungen mit Steuergeldern finanziert werden, dann finanziert der Staat eine Straftat.»
Gemäss Thiel hätten Ruch und seine Truppe «Mittel der Diffamierung» eingesetzt, «die man von den Nazis kennt». Jeder, der schon mal einer solchen Hetzkampagne ausgesetzt gewesen sei, kenne deren Wirkung. Er wisse aus eigener Erfahrung wie es sei, «wenn man öffentlich fertig gemacht wird». Thiel wurde nach einem Koran-Artikel und einem Auftritt in der Talkshow von Roger Schawinski im Dezember 2014 heftig angefeindet und bedroht. «Das löste in meinem Umfeld Ängste aus, bis in meine engste Familie hinein.»
Franz Hohler spricht von «Wildwestmethode»
Auch andere Schweizer Kulturschaffende distanzieren sich von der Veranstaltung am Neumarkt-Theater, mit der Roger Köppel mit einem Exorzismus der «Nazi» ausgetrieben werden sollte. «Jemanden pauschal als Nazi oder Bösewicht abzustempeln und zum Abschuss freizugeben, ist eine Wildwestmethode», sagt etwa Franz Hohler in der «Sonntagszeitung».
Als «selbstdarstellerischen Unfug» bezeichnet Drehbuchautor und Schriftsteller Charles Lewinsky die Aktion. Man solle seine politischen Gegner, zu denen er Köppel zähle, mit Argumenten bekämpfen «und nicht mit kindischen Beleidigungen».
Für Adolf Muschg geht es nicht dümmer
Kritik kommt auch von Autor Adolf Muschg: «Ich dachte, Donald Trump sei nicht zu unterbieten – aber es geht offenbar noch dümmer.» Der Denunziationsstil der Veranstaltung am Neumarkt-Theater sei «schlimm und gefährlich».
Auch Verwaltungsrat kritisiert die Theaterleitung
Die Chefs des Theaters Neumarkt haben sich auch vor dem Verwaltungsrat zu rechtfertigen. Andreas Spillmann, Neumarkt-Verwaltungsrat und Direktor des Landesmuseums sagt in der «Schweiz am Sonntag»: «Die Art des Theaters von Philipp Ruch finde ich lächerlich, bemühend und selbstgefällig. Es ärgert mich, dass ausgerechnet eine solche Attitude dem Neumarkt Publizität verschafft.» Der Verwaltungsrat werde mit den verantwortlichen Co-Direktoren Peter Kastenmüller und Ralf Fiedler sicher das Gespräch suchen, doch müssten Fehler nicht immer abgestraft werden.
Spillmann tut sich seit längerem schwer mit dem umstrittenen Zürcher Theater. «Der Neumarkt entspricht nicht meinen Vorstellungen von Theater», sagt er. Namentlich mit dem postdramatischen Theater, das die Autorenschaft in Frage stellt, kann er nicht viel anfangen. «Theater ohne Autoren funktioniert nicht», sagt Spillmann. Nach sieben Jahren im Verwaltungsrat hat er sich deshalb entschlossen, den Verwaltungsrat per Ende Jahr zu verlassen. (Quelle. 20 Min)
KOMMENTAR: Der Denunziationsstil entspricht genau dem, das bei den Sozialen Medien strafbar
ist-nämlich: Eine Person öffentlich an den PRANGER zu stellen.
Wer eine Person "fertig macht" - statt Argumente mit Worten zu begegnen, disqualifiziert sich.
Die Parteizugehörigkeit spielt dabei keine Rolle.
Muss die Oeffentlichkeit die Verfluchung einer Person einfach tolerieren, nur weil sich der Macher Künstler nennt?
AUS BLICK:
Kirchen und Künstler empört über «Verfluchung»Betet für Roger Köppel!
Die Aktion eines «Künstlers» gegen Roger Köppel bringt dem
SVP-Nationalrat unerwartet eine riesige Welle von Sympathien. Sogar die
Kirchen schalten sich ein und rufen zum Gebet für Köppel auf!
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