Donnerstag, 7. November 2024

Voreingenommene Medien?

 

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Marcus Knill

06.11.2024

Voreingenommene Medien?

Die deutschen Medien berichteten voreingenommen und Trump-feindlich, während SRF neutral informierte.

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Voreingenommene Medien?

Aufschlussreich, wie die Medien nach der Wahl Trumps reagiert haben. Verständlich, wenn Harris-Fans nach Bekanntgabe des Resultates den Kopf hängen liessen und die Trump-Anhänger sich auf die Schultern klopften.

SRF informierte nach meinen Beobachtungen vorbildlich: Die Moderatoren führten die Diskussionsrunden neutral und versuchten nicht, als «Medienpriester» Kommentar und Information zu mischen. Auf deutschen Sendern stellte ich leider immer wieder fest, dass die Trump-feindliche Haltung zahlreicher Medienmacher zu deutlich durchschimmerte. Schon vor der Wahl wurde Harris als grosse Lichtgestalt gefeiert, welche die Demokratie retten werde.

Trump ist und bleibt zwar unberechenbar und sprunghaft. Er hat viele Mängel. Wenn jedoch die zahlreichen Defizite der Vizepräsidentin in den Medien unter den Teppich gekehrt werden, so gibt dies zu denken. In meiner Analyse des kommunikativen Verhaltens der Kontrahenten erwähnte ich bereits vor der Wahl die Schwachstellen von Harris. Zitat aus meinem Beitrag in den Schaffhauser Nachrichten vom 12. September 2024:

Harris fehlt immer noch eine aussagekräftige, klare, auf wenige Worte verdichtete Botschaft (Claim), welche die Vorteile ihrer Wahl hervorhebt. Claims sind kurz und prägnant. Sie werden verwendet, um die Aufmerksamkeit zu lenken. Bekannt sind: «America first!» (Trump), «Trump schlagen!» (Biden), «Steuern senken!» (G. W. Bush). Für Harris haben Wirtschafts- und Migrationsfragen keine Priorität. Das könnte ihr schaden. Bei ihr dominiert vielmehr die Abtreibungsthematik sowie der Kampf gegen die Waffengewalt. Sie müsste ein neues Narrativ entwickeln. Bei «Visionen haben und Träume verwirklichen» als Botschaft fehlt der politische Inhalt. Den Amerikanern brennt aktuell die Inflation und Migration unter den Nägeln. Dazu bräuchte Harris eine konkrete Antwort.

Ihre politische Herkunft aus dem linken Milieu könnte ihr ebenfalls zur Hypothek werden. Harris musste sich immer wieder rechtfertigen. In Sachfragen bleibt sie nach wie vor vage. Ihr Dilemma: Sie muss Biden gegenüber loyal sein und man spürt: Sie will keine Fehler machen. So mangelt es ihr an politischem Profil. Mit bewusst schwammigen Antworten will sie möglicherweise Trump keine zusätzliche Munition für seine Vorwürfe liefern. Harris hat seit dem Start als Präsidentschaftskandidatin die Komfortzone von orchestrierten Auftritten zu spät verlassen. Sie hat zu lange keine Interviews gegeben und mied kritische Fragen unabhängiger Journalisten. Das war für Trump eine Steilvorlage: «Ich traue mich, sie nicht!»

Was mich nach der Wahl in der deutschen Medienlandschaft störte: Die Wahl Trumps wurde als grosser Fehlentscheid interpretiert. «Die Bevölkerung wird nach der Wahl rasch auf die Welt kommen!» Wir würden bald erleben, wie Trump seine Macht ausbauen und gleichsam die Demokratie abschaffen wird. Dass die amerikanischen Wähler nur zwischen Pest und Cholera wählen konnten, blieb meist unerwähnt. Die Stimmberechtigten konnten nur das weniger schlimme Übel wählen.

In unseren Medien wurde immerhin bei vielen Expertenrunden auf Trumps Verdienste während seiner ersten Jahre der Präsidentschaft hingewiesen. Obschon er nicht alle Versprechen einhalten konnte, ging es damals den Menschen in den Vereinigten Staaten wirtschaftlich recht gut. Die Bevölkerung litt nicht unter der Inflation. Trump war zudem während vier Jahren in keine Kriege verwickelt und nahm die Migrationsprobleme ernst.

Fazit: Medien haben die Kernaufgabe, Sachverhalte unvoreingenommen aus verschiedenen Sichten zu beleuchten. Wenn jedoch Medienschaffende missliebige Meinungen bewusst ausklammern und an den Pranger stellen, missbrauchen sie ihre Stellung. In Deutschland wurde übrigens gegenüber der erfolgreichen AfD ebenfalls in den Medien eine «Brandmauer» errichtet. Wo bleibt so die Bereitschaft, auch unangenehme oder fragwürdige Meinungen anzuhören? Kommunikation lebt vom Austausch unterschiedlicher Sichten.



Marcus Knill ist Experte für Medienrhetorik, Berater und Autor von rhetorik.ch.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.