Samstag, 30. Juni 2012

Reden kann Gold sein


Philipp Hildebrand macht es jetzt wie Bill Clinton und Kofi Annan, er verkauft sich als Redner. Das freut Top-Firmen, die dafür gerne einmal 100'000 Franken locker machen – nicht ohne Hintergedanken.
1/3 Seine Reden werden heute mit Gold aufgewogen: Philipp Hildebrand bei einer Pressekonferenz in der Schweiz.
Bild: Keystone

   

Um ihre Mitarbeiter zu inspirieren, machen Top-Firmen für einen berühmten Redner auch mal 100'000 Franken locker.
Ein einstündiger Vortrag für 10'000 Franken. Nicht schlecht. Doch es liegt noch mehr drin. Wenn ehemalige Politiker oder abgesetzte Manager das Rednerpult betreten, sind Firmen und Verbände bereit, auch einmal 100'000 Franken auszugeben. Oder noch mehr. Nicht nur für Politiker und Ex-Manager, auch für Spitzensportler und Show-Stars sind Vorträge vor exklusivem Publikum zu einem lukrativen Geschäft geworden.
Auch der ehemalige Schweizer Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand gehört jetzt zu den bestbezahlten Rednern der Welt. Am Wochenende wurde bekannt, dass Hildebrand über die New Yorker Agentur Harry Walker für 30'000 Franken pro Vortrag gebucht werden kann.
Walker spielt in der Top-Liga der Promiagenturen und vermittelt neben Bill Clinton, Kofi Annan, Arnold Schwarzenegger oder dem ehemaligen US-Verteidigungsminister Dick Cheney auch Steve Forbes, Al Gore und den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Bill Clinton kassiert für einen Vortrag im Schnitt 160'000 Dollar, Gerhard Schröder soll laut Branchenkennern rund die Hälfte bekommen.


Frischer Wind und neue Ideen




Sucht man in der Schweiz nach einem Vortragspromi landet man schnell bei Premium Speakers in Horgen. Gebucht werden können Auftritte von Solarpionier Bertrand Piccard, Ex-Torwart Oliver Kahn, dem Nahostkorrespondenten Ulrich Tilgner oder dem Unternehmer Sir Richard Branson. Wie viel sie jeweils für ein Referat bekommen, will die Agentur nicht verraten. Auch wie Premium Speakers attraktive Promis an sich bindet, bleibt tabu. «Unser Erfolg beruht darauf, dass wir nicht reden», sagt Agentur-Inhaber Oliver Stoldt.
Warum ist eine Firma oder ein Verband überhaupt bereit, für einen einstündigen Vortrag zigtausend Franken auf den Tisch zu legen? «Banken oder andere Unternehmen suchen nach Inspiration für ihre Mitarbeiter», sagt der deutsche Promi-Vermittler Toge Schenck. «Ein Redner soll frischen Wind und neue Ideen bringen.» Für die Höhe des Honorars seien nicht nur die Position und der Bekanntheitsgrad eines Redners entscheidend, sondern auch, wie dieser eine Message verpacken könne.


Wissen, wie das Publikum reagiert




«Charisma und Humor spielen eine wichtige Rolle», so der Inhaber der Referenten-Agentur Schenck. Die Persönlichkeiten, die Schenck vermittelt, kennt er in der Regel persönlich und hat sie bereits bei Auftritten erlebt. «Ich weiss, wie sie wirken und wie das Publikum auf sie reagiert.» Unter einer Vielzahl von Show-Stars und ehemaligen Politikern kann bei Schenck auch der ehemalige Schweizer Botschafter Thomas Borer als Völkerrechtsspezialist und Krisenmanager gebucht werden. Will jemand unbedingt Bill Clinton haben, setzt Schenck sich mit dessen Agentur Walker in Verbindung.
Honorare sind Verhandlungssache. «Ein Redner sagt, wie viel er will, und die Agentur gibt diesen Preis an den Kunden weiter», so Schenck. «Doch die Marktpreise steigen und fallen.» Immer begehrt seien Redner, die motivieren, neue Blickwinkel bringen und neue Wege aufzeigen könnten. Mitunter treibt das Geschäft mit inspirierenden Figuren auch kuriose Blüten. So kann beim Premium-Partner Kruger & Crowne der Derivatehändler Nick Leeson gebucht werden, der 1995 mit spekulativen Geschäften den Kollaps der Barings-Bank verschuldete.
Für 7000 bis 15'000 Franken erzählt der ehemalige Händler seinem Publikum, wie er viereinhalb Jahre in einem von Banden kontrollierten Gefängnis in Singapur überlebte, seine Krebskrankheit überwand, eine neue Familie gründete und Präsident des Galway United Football Clubs wurde. (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)


Kommentar:
Reden kann tatsächlich Gold sein.