Ein Mann steht im Zentrum: SVP-Nationalrat Christoph Blocher bei seiner Rede gestern Nachmittag auf dem Bieler Strandboden.
Bild: Keystone
Christoph Blocher hält
sich die Ohren zu. Seine Entourage lacht. Und dann knallt es
markerschütternd. Männer in alten Militäruniformen feuern mit einer
Kanone Böllerschüsse in Richtung See. Rauchwolken hüllen die Leute ein,
die gestern Sonntag mit Blocher zum Strandboden in Biel gekommen sind.
Es riecht nach 1.August im Hayek-Park.
Die Böllerschüsse um 14 Uhr markieren den offiziellen Beginn einer Gedenkveranstaltung, zu der die
SVP und
andere Organisationen geladen haben. Der Hintergrund: Am 6.Dezember
1992 hatten die Schweizer Nein gesagt zum Europäischen Wirtschaftsraum
(EWR). Das Ereignis will die SVP nun 20 Jahre später feiern.
«Bewahren ist wichtig»
Eine
Stunde vor den Böllerschüssen: Auf dem Weg vom Bahnhof zum Hayek-Park
sind viele Polizisten in Montur zu sehen. Auf dem Strandboden haben die
Organisatoren ein Festzelt mit 2500 Plätzen aufgestellt. Daneben eine
Rednerbühne und Tribünen. Sicherheitsleute drehen Runden. Sie
kontrollieren zwei Jugendliche mit farbigen Jacken. Spaziergänger
schauen vorbei, einer sagt, die Bierflasche in der Hand: «Hier chlepfts
noch.»
Im Festzelt sitzen derweil Ruth (75) und Heinz Gräser (75)
auf einer Bank. Er ist seit einigen Jahren SVP-Mitglied, sie
unterrichtete früher mit Ueli Maurer an der Sonntagsschule. Die Gräsers
kommen wie der SVP-Bundesrat aus Hinwil ZH. Über ihre Heimat berichten
sie wenig Gutes: Der Ort sei schnell gewachsen, sagt Heinz Gräser. Läden
gebe es trotzdem kaum mehr. Biel sei da anders. «Hier gibt es noch
Läden.» Das müsse so bleiben. Darum geht es Heinz Gräser in der Politik:
«Bewahren ist wichtig.»
Das Kleingedruckte
Kurz nach
14.30 Uhr tritt Blocher auf die Bühne. Schon allein dafür erntet der
Alt-Bundesrat und Zürcher SVP-Nationalrat Applaus. Seine Fans sind
zahlreich: Die Organisatoren zählen 4000 Leute, die Nachrichtenagentur
kommt auf 1500. Blocher wirkt frisch. Wie vor 20 Jahren, als er die
arrivierten Politiker mit seiner Kampagne gegen den EWR in
den Senkel gestellt hatte. Das Feuer lodert noch. Er geisselt die
«intellektuelle Fehlkonstruktion EU», stellt die «Classe politique»
bloss. «Beim Lügen über die EU wird in Bern heute niemand mehr rot»,
sagt er süffisant und warnt: «Wir müssen wachsam bleiben.» Ein
EU-Beitritt sei immer noch ein Ziel des Bundesrats. Beim Energieabkommen
mit der EU werde es nicht nur um den Handel mit Strom gehen. «Im
Kleingedruckten steht dann, dass wir EU-Recht übernehmen.» Die Situation
sei nicht anders als 1992 vor der EWR-Abstimmung.
Zum Schluss
verrät Blocher, warum die SVP nach Biel gekommen ist. Der verstorbene
Swatch-Group-Gründer Nicolas Hayek habe von Biel aus der Uhrenindustrie
wieder Weltgeltung verschafft, sagt Blocher. Und Hayek habe sich auch
gegen EU und EWR gestellt. «Zumindest mir persönlich sagte er das so.»
Kommentar: Blocher profitiert von der Eurokrise. Die angekündigte Katastophe ist erstaunlicherweise für die Schweiz nicht eingetreten. Nach meinem Dafürhalten wird es sich künftig in der politischen Landschaft vor allem um die Frage gehen:
Mitmachen oder sich Isolieren?
Der Themenkreis EU, EWR, bilaterales VERHANDELN bleibt in der Schweiz aktueller denn je.
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