Stich ins Wespennest
Die Vorschläge der Schweiz
Die EU verlangt eine Lösung für die institutionellen Probleme mit der Schweiz. Darunter fallen folgende vier Punkte: eine Behörde, welche die Einhaltung der Verträge überwacht, eine übergeordnete Schlichtungsstelle, eine einheitliche Rechtsauslegung und eine zeitgleiche Weiterentwicklung des Rechts. Die Schweiz hat der EU im Juni ihre Vorschläge dazu eingereicht.Ähnlich wie in der EU soll die Schweiz die Überwachung auf zwei Pfeiler stellen: Ein unabhängiges, vom Parlament ernanntes nationales Gremium (dieses entspräche der EU-Kommission) soll die Abwendung der Verträge überwachen. Wird eine Vertragsverletzung festgestellt, könnte dieses Gremium an das Bundesgericht gelangen – in der EU ist es der Europäische Gerichtshof. Das Bundesgericht hätte die Kompetenz zur Feststellung einer Vertragsverletzung. Laut Vorschlag des Bundesrates sollen die neuen Formen der institutionellen Zusammenarbeit am Beispiel des Stromabkommens durchexerziert werden. Das Abkommen soll die Übernahme von EU-Recht und damit die institutionelle Anbindung regeln und als Muster gelten für künftige Verträge. (moo)
Mit Christophe Darbellay hat erstmals seit 1992 der Chef einer Bundesratspartei eine Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum thematisiert. Vorbedingung ist für Darbellay, dass die Schweiz das EU-Beitrittsgesuch sofort und definitiv zurückzieht. Der Walliser Politiker sieht im EWR eine Lösung (Tagesanzeiger.ch/Newsnet berichtete).
Mit diesem Vorschlag hat Darbellay in ein Wespennetz gestochen. Er habe persönlich sehr viele Mails erhalten, sagt der CVP-Parteichef.
Bundesrat fühlt sich vom Parlament im Stich gelassen
Gleichentags sickerte aber durch, dass diese Vorschläge aus Sicht der EU nicht genügen würden. Gleiches vernahm man von Vertretern des EU-Parlamentes in Strassburg. Bundesrat und Aussenminister Didier Burkhalter (FDP) habe bisher noch keine Antwort aus Brüssel erhalten. Verhandlungen über wichtige Dossiers wie das Stromabkommen hat man inzwischen auf Eis gelegt. Kein Wunder, holte Energieministerin Leuthard bei der CVP-Delegiertenversammlung in Luzern zum Rundumschlag aus: Der Bundesrat fühle sich in Sachen Europapolitik oft isoliert. Das Parlament kümmere sich wenig um die Europapolitik, und auch für die Kantone sei dies ein schwieriges Metier, sagte Leuthard.
Nun hat ihr Parteichef zum Befreiungsschlag ausgeholt. Darbellay ist überzeugt, dass der EWR für die Schweiz von Vorteil sei. Auch andere Efta-Staaten wie Norwegen hätten davon profitiert. Gegenüber der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens sagte der Walliser: Mit seiner Forderung, der Bundesrat müsse das EU-Beitrittsgesuch sofort zurückziehen, strecke er der SVP die Hand entgegen. Dies, weil die SVP 1992 den EWR als eine Art Trainingscamp für den EU-Beitritt betrachtete. Nur: Die SVP denkt vorerst nicht daran, nach Darbellays ausgestreckter Hand zu greifen.
Die Debatte hat nichts an Emotionalität eingebüsst
SVP-Parteichef Toni Brunner erklärte jedenfalls heute gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet: «Die Teilnahme am EWR ist der EU-Beitritt.» Die Schweiz werde mittels Salamitaktik so weit gebracht, dass sie am Ende der EU nur noch beitreten könne. Schon heute könne das Parlament bei den Schengen-Dublin-Abkommen eine Vielzahl von Gesetzesänderungen nur noch durchwinken. Wenn die Schweiz am EWR teilnehme, dann werde das Schweizer Parlament endgültig zu Statisten degradiert. Die Forderung Darbellays nach einer zweiten EWR-Abstimmung empfindet Brunner als Steilvorlage für die SVP. Die EU/EWR-Euphoriker würden dann eine weitere Niederlage kassieren.
Dass die Debatte über die Teilnahme am EWR bis heute nichts an Emotionalität eingebüsst hat, zeigen aber auch die über 400 Kommentare, die der Vorschlag Darbellays auf Tagesanzeiger.ch/Newsnet auslöste. Viele Leser stimmen dem CVP-Parteichef zu. Dass einer den Mut besitze, den EWR-Beitritt zu initiieren, sei eine gute Nachricht. Wenn dies gelinge, stärke man damit das produzierende Gewerbe wie den Maschinenbau und die Elektroindustrie, heisst es da etwa. Es gibt aber auch andere: «Wir wollen keine Vögte aus Brüssel, basta!» Und an die Adresse von Darbellay: «Wollen Sie wirklich einen Volksaufstand?» Der EWR bleibt weiterhin ein innenpolitisch heisses Eisen. (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
Kommentar: Die EWR/EU Frage spaltet nach wie vor die Bevölkerung. Derzeit dominieren die Europa Gegner.
Man kann davon ausgehen, dass auch bei einer EWR Frage die Initianten am VolksNEIN scheitern werden.
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